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Frage von Jan T. •

Frage an Christoph Bergner von Jan T. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Bergner,

als Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden soll dem Verbot von Paintball nun das von "Killerspielen" folgen. Zwar bin ich von keiner dieser Maßnahmen direkt betroffen, bin allerdings schockiert von dem plaktiven Aktionismus, mit dem Politik in diesem Zusammhang agiert. Daher meine Fragen:

1. Stimmten Sie der These zu, dass Amokläufe hochkomplexe Geschehen sind, in deren Vorlauf sich eine Unzahl von ungünstigen Bedingungen in der Lebenswelt des Täters gegenseitig verstärken müssen um letztlich zur Tat zu führen?

2. Das Verhältnis von Amokläufern und Spielern von Paintball und "Killerspielen" liegt in Anbtracht realer Tat- und Verkaufszahlen bei Eins zu mehreren hundert Millionen. Wie lässt sich daraus ein rationeller Zusammenhang herstellen, der ein Verbot legitimiert?

3. Aus den Verboten wird sich eine Situation ergeben, in der mündige, friedliebende Erwachsene wegen ihres Freizeitverhaltens kriminialisiert werden, während Minderjährige mit kleinkalibrigen, scharfen Waffen legal schießen dürfen. Halten Sie das für ein Ergebnis angemessener Politik?

4. Mir ist keine Studie bekannt, die eine Korrelation zwischen erhöhter Gewaltbereitschaft - oder gar Amokläufen, und etwa Computerspielen nachweist. Liegen Ihnen andere Daten vor und wenn ja welche? Falls nicht, halten Sie die Tatsache, dass die bisherigen deutschen Amokläufer diese Art von Computerspielen gespielt haben für hinreichend, um eine Politik zu begründen, die auf einer Ethik der Verantwortung statt der Gesinnung basiert - zumal die Täter deutlich mehr als dies gemeinsam hatten (zuallererst etwa die Mitgliedschaft in Schützenvereinen und Zugang zu Waffen)

Als studierter Historiker und Politologe bin ich mit den notwendigen Unzulänglichkeiten und Irrwegen unseres politischen Systems vertraut. Dennoch scheint mir die diesbezüglich Politik unwürdig für eine aufgeklärte Demokratie und erschüttert meinen Glauben an eine grundlegende intellektuelle Redlichkeit politischer Prozesse.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Trützschler,

für Ihre Anfrage zu einem möglichen Verbot von "Paintball" danke ich Ihnen.
ich stimme mit Ihnen darin überein dass eine Vielzahl von ungünstigen Bedingungen in der Lebenswelt eines Amokläufers zusammentreffen. Der Zugang zu Waffen, gewaltverherrlichende Medien und Spiele mit Tötungs- oder Verletzungssimulation können ein Baustein darin sein.

Deshalb wurden als Konsequenz aus dem Amoklauf in Winnenden von einer Bund-/Länder-Arbeitsgruppe mögliche Änderungen des Waffenrechts erörtert und einvernehmlich bzw. mehrheitlich beschlossen. Ziel der Arbeitsgruppe war es, bei den zu erarbeitenden Vorschlägen insbesondere Jugendlichen den Zugang zu großkalibrigen Waffen zu versagen, die Regelungen der Aufbewahrung zu evaluieren sowie eine bessere Kontrolle und verschärfte Sanktionen bei Verstößen gegen die Aufbewahrungsvorschriften zu erreichen.

Auf Empfehlung dieser Bund-/Länder-Arbeitsgruppe sollte auch eine Initiative des Freistaats Bayern im Bundesrat zu einem Verbot von Paintball-Spielen durch Änderung des Ordnungswidrigkeitenrechts aus dem Jahr 2007 wieder aufgegriffen werden. Die Diskussion ist im Übrigen nicht erst durch die schreckliche Tat von Winnenden ausgelöst worden, sondern bewegt die gesellschaftliche Diskussion um unsere Werteordnung schon seit Jahren. Schon im Jahr 2001 hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass derartige „Spiele“ wegen Verstoßes gegen die Menschenwürde regelmäßig zu verbieten sind.

Es gibt auch beachtliche Argumente für ein Verbot von gewaltverherrlichenden Spielen, insbesondere soweit diese gegen die Menschenwürde verstoßende Spielregeln enthalten. Kriminologen gehen davon aus, dass bei einer Beschäftigung von Heranwachsenden mit so genannten Laserdrome- oder Paintball-/Gotcha-Spielen, bei denen das Verletzen oder Töten von Menschen realitätsnah trainiert wird, die Hemmschwelle zur gewaltsamen Konfliktlösung herabgesenkt wird.

Die aktuelle politische Diskussion hat aber auch ergeben, dass bei Abwägung aller bisherigen Argumente für oder gegen ein Verbot bestimmter Spielformen wie z.B. Paintball, eine gesetzliche Regelung hierzu noch nicht entscheidungsreif ist. Ich sehe die Notwendigkeit, vor weiteren gesetzgeberischen Aktivitäten zunächst das Gefahrenpotential solcher Spiele auch unter Einbeziehung von kriminologischen, psychologischen oder soziologischen Sachverständigen zu untersuchen. In diesem Zusammenhang wird auch zu prüfen sein, inwieweit die Notwendigkeit besteht, reale Spiele mit Tötungs- oder Verletzungssimulation zu unterbinden oder zumindest – etwa durch Altersgrenzen oder Vorgaben zur Gestaltung des Spiels – sinnvoll einzuschränken.

Ich setze mich dafür ein, diese Fragen zunächst umfassend zu untersuchen, ohne den Zeitdruck der endenden Legislaturperiode.

Mit freundlichem Gruß

Dr. Christoph Bergner