Frage an Christine Stahl von Horst W. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Stahl,
durch den Fall Mollath ist in weiten Teilen der Bevölkerung der Eindruck entstanden, dass Psychiatrie und Justiz sich gegenseitig zuarbeiten.
Als Zielsetzung erscheint das Wegsperren missliebiger Menschen.
Die statistischen Zahlen untermauern diese Befürchtung.
In Bayern werden 134 Personen je 100000 Einwohner zwangspsychiatrisiert, während es im Bundesdurchschnitt nur 70 Personen sind.
Da Bayern ein bevölkerungsreiches Bundesland ist, wird hier der Bundesdurchschnitt nach oben gedrückt, also dürfte es Bundesländer geben, in welchen weniger als 50 Personen in Psychiatrien inhaftiert werden.
In der Annahme, dass die Menschen in Bayern durchschnittlich die gleiche Psyche haben, wie in anderen Bundesländern, stellt sich hier meine Frage:
Muss der Bayerische Bürger vor seinem Staat besonders auf der Hut sein?
Wird in Bayern besonders gerne, bzw. voreilig weggesperrt?
Was können die Grünen tun, um dem Bürger Rechtssicherheit zu vermitteln?
Die Polizei ist wiederholt widerrechtlich gewaltsam gegen Bürger vorgegangen, anschließend wurden die Bürger auch noch wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.
In Rosenheim gab es mehrere Fälle, der Polizeidirektor wurde symbolisch nur zu 11 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.
In Wasserburg scheint sich vor zwei Wochen ein ähnlicher Fall ereignet zu haben. Ein zivilcouragierter Bürger, welcher eine polizeiliche Maßnahme hinterfragte, wurde zusammengeschlagen und natürlich wieder von der Polizei angezeigt.
Hier stellt sich die Frage, ist es Stil der Polizei vorschnell zuzuschlagen und dann auch noch zu behaupten, sie sei tätlich angegriffen worden?
Was können die Grünen tun, um solche Fälle aufzuklären bzw. zu verhindern?
Mit freundlichen Grüssen
Horst Wirth
Sehr geehrter Herr Wirth,
Ihre Frage und das von Ihnen in diesem Zusammenhang als Beleg verwendete Zahlenmaterial entspricht unserer grünen Initiative Anfrage zum Plenum - Zwangseinweisungen in die Psychiatrie mit von uns recherchierten Fallzahlen pro Einwohner:
Anfrage zum Plenum der Abgeordneten Christine Stahl für die Sitzung am 29.01.2013
Zwangseinweisungen in die Psychiatrie
Ich frage die Bayerische Staatsregierung: Wie erklärt sich die Staatsregierung die von 2003 bis 2011 ansteigende Zahl von Zwangseinweisungen in die Psychatrie in Bayern (Vgl. Kleine Anfrage auf Bundesebene Drucksache 17/10576), sowie die im Bundesvergleich hohe Gesamtzahl an Unterbringungsanordnungen in Bayern (nach § 1906 Absatz 1 BGB 2011: in Bayern 134 Fälle pro 100.000 Einwohner, bundesweit im Durchschnitt ca. 70, Nordrhein-Westfalen knapp 74, Baden-Württemberg 48. Aufgrund strafrichterlicher Anordnung 2011: in Bayern 9,44 Fälle pro 100.000 Einwohner, früheres Bundesgebiet im Durchschnitt 8,08) und sieht die Staatsregierung angesichts dieser steigenden und im Bundesvergleich hohen Zahlen Handlungsbedarf?
Diese Anfrage haben wir am 17. Januar 2013 bei der Staatsregierung eingereicht, weshalb Sie davon ausgehen können, daß uns das von Ihnen geschilderte Problem nur allzugut bekannt ist. Mit der Antwort auf unsere Anfrage ist am 31. Januar 2013 zu rechnen. Auch in der Öffentlichkeit fand die Problematik in diesem Zusammenhang schon Niederschlag: http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/gruene-psychiatrie-forderung-100.html .
Die Frage des Umgangs mit Übergriffen durch PolizeibeamtInnen sollte allerdings davon, ob in Bayern überproportional schnell eingewiesen wird, getrennt betrachtet werden. Hier erlaube ich mir, Sie auf die vielfältigen Initiativen (z.B. Kennzeichnungspflicht von BeamtInnen, Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle) meiner Kollegin Susanna Tausendfreund zu verweisen.
Mit freundlichen Grüßen,
Christine Stahl