Frage an Christine Stahl von Stefan B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Fr. Christine Stahl ,
ich habe diese Woche im Internet lesen müssen das in den Bayerischen Parteien SPD, FDP, Grüne und CSU Bestrebungen im Gange sind ein Enteignungsprogramm der Grundstücks und Hausbesitzer, im Zuge der Einführung eines Bayerischen Schatzregales durchzuwinken ohne das die Bevölkerung ,Bauern und Waldverbände etc. richtig und eingehend hier informiert worden sind. Ich sehe hier ein großes Problem mit der demokratischen Meinungsfindung. Ich würde gerne von Ihnen wissen wie dieses Bestreben zustande kommt und wie Sie zu diesem Enteignungsprogramm stehen im Bezug auf unsere Bürgerrechte und dem Schutz unseres Grund und Bodens. Ich bin ein sehr Demokratie bewusster Bürger der eigentlich schon im Vorfeld solcher Staatlichen Reglementierungen , die ja auch im Einzelfall mit extrem hohen Kosten verbunden sind, informiert werden möchte so das eine demokratische Meinungsfindung möglich ist. Wenn die Gesetzesvorlage verabschiedet ist, sind die Bürger auf Ihrem eigenen Grund faktisch enteignet und haben keine Möglichkeit mehr hier etwas dagegen zu unternehmen. Diese Vorgehensweise muss unbedingt unterbunden werden da wir sonst auf dem weg zur Parteien Diktatur sind. Wehret den Anfängen!!!!!!!!
Sehr geehrter Herr Bögner,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Die Bayerische Staatsregierung plant, die Eigentumsregelungen bei archäologischen Funden aus unterschiedlichen Gründen zu reformieren.
Neben Nordrhein-Westfalen wird nur noch in Bayern die Regelung auf Grundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches angewendet, nach welcher jeweils der Finder sowie der Grundeigentümer hälftig Anspruch auf den Fund haben. In den restlichen Bundesländern sowie in vielen anderen europäischen Staaten gibt es hingegen andere Regelungen, welche als unterschiedliche Varianten eines Schatzregals verstanden werden können. Hier gehen archäologische Funde - vor allem dann, wenn sie von großem wissenschaftlichen Wert sind - in den Besitz des Staates über. Die bestehende Regelung in Bayern, so einige Kritiker, motiviere "Schatzsucher" zu nicht genehmigten Grabungen ("Raubgrabungen") und führe dazu, dass staatliche Museen und Sammlungen solche Funde von Hehlern abkaufen müssen, um zu verhindern, dass wertvolle archäologische Stücke ins Ausland verbracht oder illegal weiterverkauft werden. Es ist für uns daher unstrittig, dass wir zu einer Neuregelung finden müssen.
Es freut mich persönlich sehr, dass Sie den Wert der demokratischen Meinungsfindung so hoch einschätzen und sich für eine solche stark machen, da auch wir Grünen großen Wert auf Beteiligungsrechte der BürgerInnen und Transparenz politischer Entscheidungsprozesse legen.
Ihre Befürchtungen mangelnder demokratischer Meinungsfindung im vorliegenden Fall kann ich jedoch entkräften: Der Prozess, die Eigentumsregelungen bei archäologischen Funden zu reformieren, steht erst ganz am Anfang - der Weg der demokratischen Meinungsfindung liegt ganz offen vor uns. Die Staatsregierung hat bisher Gespräche mit verschiedenen Betroffenen bzw. den Verbänden geführt und dadurch einen ersten Konsens als Basis für eine zukünftige Neuregelung herbeigeführt. Das Wissenschaftsministerium hat, wie es in einem Bericht vom November 2011 darstellt, Gespräche geführt mit: dem Bayerischen Waldbesitzerverband e.V., dem Verband der Bayerischen Grundbesitzer e.V., dem Bayerischen Bauernverband, der Deutschen Burgenvereinigung Landesgruppe Bayern, dem Bayerischen Städtetag, dem Bayerischen Gemeindetag, dem Bayerischen Landkreistag, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., dem Bayerischen Industrieverband Steine und Erden e. V., dem Katholischen Büro Bayern, der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, der Gesellschaft für Archäologie in Bayern e.V., dem Bayerischen Landesverein für Heimatpflege sowie dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Archäologischen Staatssammlung geführt. Die von ihnen angesprochenen Bevölkerungsgruppen Bauern, Wald- und Grundbesitzer sind somit bereits von Anfang an in die Beratungen zu einer anstehenden Reform informiert und miteingeschlossen und deren Einwände haben sich bereits in dem Bericht der Staatsregierung niedergeschlagen.
Die Staatsregierung wird nun auf Grundlage dieses Konsenses mit den beteiligten Verbänden einen Entwurf für eine gesetzliche Novellierung erarbeiten, die dann dem Landtag vorgelegt wird. Hier werden auch wir und die anderen demokratisch gewählten Parteien uns mit unseren Ideen zu einer Neuregelung einbringen. Der Entwurf wird dann im Ausschuss - im übrigen öffentlich für die Bevölkerung - von den Volksvertretern debattiert werden.
Betroffene Bürger können sich jederzeit an die Staatsregierung sowie an die Mitglieder des Landtags wenden, um ihre Meinung in den Gesetzgebungsprozess einfließen zu lassen - wer sich in die Meinungsfindung einbringen möchte, dem stehen alle Wege offen.
Nun zu Ihrer Befürchtung, Bayern werde ein "Enteignungspogramm"
verabschieden: Der Konsens mit allen Beteiligten - auch den Wald- und Grundstückseigentümern sowie den Bauern - geht dahin, dass archäologische Funde in Bayern wie in den anderen Ländern ebenfalls in den Besitz des Staates übergehen werden. Allerdings ist geplant, die Grundstückseigentümer geregelt zu entschädigen, sprich den Marktwert des Fundes (abzüglich etwaiger Restaurierungskosten, ohne die der Marktwert ohnehin nicht erzielt werden könnte) aus einem Fonds auszubezahlen. Die Eigentümer werden damit, sollte eine solche Regelung in Kraft treten, von einem Fund auf ihrem Grundstück profitieren.
Ob diese Regelung so in Kraft treten kann, wird der demokratische Meinungsfindungsprozess zeigen, in den Sie sich jederzeit gerne einbringen können.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Stahl, MdL