Frage an Christine Scheel von Rainer R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Werte Frau Scheel
Ein Bürgerrecht ist das Wahlrecht. Von diesem wird aber leider immer weniger Gebrauch gemacht.Diese Politikverdrossenheit kommt aber nicht von ungefähr.Die Herren und Damen im Bundestag haben sich eine Arbeitszeitverkürzung von 10 % bescheert und sind nur noch 20 Wochen in Ihrer Eigenschaft als Volksvertreter im Bundestag anzutreffen.Darüber hinaus sieht man wenn man die Debatten im Bundestag verfolgt nur leere Ränge.Die anwesenden Herren und auch Damen sind dann zeitweise damit beschäftigt Zeitung zu lesen ,dem Handy die neuesten Tricks und Nachrichten zu entlocken und andere zeitvertreibende Tätigkeiten auszuüben.Solch eine Disziplin in den Schulen und wir wären in der Pisa Studie noch weiter nach hinten gereicht worden.Wie kann man der Politikverdrossen- heit unter diesen etwas zugespitzten Vorraussetzungen entgegentreten ?
Sehr geehrter Radig,
vielen Dank für Ihre E-mail. Die große Koaliton aus CDU/CSU und SPD hat die Anzahl der Sitzungswochen des Deutschen Bundestages pro Jahr auf nur noch 20 Wochen gekürzt. Dies war nicht der Wille der Oppositionsparteien. Bündnis 90/Die Grünen werden durch die verringerte Anzahl an Parlamentstagen wichtige Möglichkeiten zur Formulierung von Gegenvorschlägen zur Poltik der großen Koalition und auch zur Ausübung des Fragerechts an die Regierung genommen. Die Parlamentarische Demokratie lebt von der Debatte und Auseinanderseetzung um die besten Lösungsmöglichkeiten für politische Konflikte. Es ist meines Erachtens für die Demokratie schädlich, wenn die beiden größten Fraktionen im Bundestag den drei kleinen Oppositionsfraktionen ihre parlamentarischen Rechte einseitig beschneiden.
Anders verhält es sich mit ihrer Kritik an der Präsenz im Plenum des Parlaments selbst. Während der parlamentarischen Woche gibt es eine Vielzahl von Gesprächen und Abstimmungsrunden am Rande des Parlaments, die notwendig sind zur Klärung der poltischen Positionen zu Einzelfragen unter den Parlamentarieren der eigenen Fraktion, aber auch in Auseinandersetzung mit Parlamentariern der anderen Fraktionen. Deswegen gehen in einem arbeitsteiligen Verfahren zu den Fachdebatten im Plenarsaal des Parlaments die jeweils zuständigen Abgeordneten der Fraktionen. Ich gehe deshalb regelmäßig zu den Finanz- und Wirtschaftspoltischen Debatten und nehme an den wichtigen Gesamtpoltischen Debatten der jeweilen Parlamentswoche im Plenum teil. Viele Abgeordnete nutzen heutzutage Communicator. Damit können Sie alle aktuellen Presseagenturnachrichten abrufen und ggf. mit eigenen Statements oder Pressemitteilungen reagieren. E-mail-Verkehr erlaubt es mit dem eigenen Parlamentsbüro wichtige Absprachen zu treffen, ohne den Parlamentsbetrieb zu stören. I. d. R. hat eine parlamentarische Sitzungswoche für mich ein Zeitvolumen von etwa 60 Stunden, da sich an die Zeit im Parlament vielfältige Veranstaltungen z.B. mit Medien oder Verbänden anschließen.
Die sitzungsfreien Wochen bedeuten praktisch keine freie Zeit, sondern vielfältige Arbeit in meinem Wahlkreis. Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften, Umweltverbände, Bürgerinitiativen, Vereine und Schulen insbesondere aus Unterfranken laden zu vielfältigen Veranstaltungen ein, so dass während der sitzungsfreien Wochen auch über die Wochenenden für mich häufig wenig frei disponible Zeit bleibt. Während des bevorstehenden Landtagswahlkampfes geht meine Veranstaltungsreise durch ganz Bayern.
Gegen Politikverdrossenheit hilft nur persönliches Engagement in Bürgerinitiativen, Vereinen oder Parteien und die offene Debatte über Probleme und Konflilkte in unserem Land. Als Bundestagsabgeordnete stelle ich mich zu allen Fragen der Debatte und politischen Auseinandersetzung besonders aus meiner Region in Unterfranken.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel