Frage an Christine Scheel von Ingo L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Scheel,
daß der Bundesfinanzminister, Herr Steinbrück, angesichts der zur Zeit fließenden Staatseinnahmen an seinem Ziel, im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, festhalten möchte, ist durchaus verständlich. Andererseits wird aber zur Zeit auch diskutiert, ob und wie der Staat auf die Belastungen reagieren sollte, die seinen Bürgern durch die höheren Energie- und Lebensmittelpreise drohen - an denen er selbstverständlich nichts ändern kann. Da weder auf Energie noch auf Lebensmittel verzichtet werden kann und Einsparungen nur eingeschränkt möglich sind, müssen die Mehraufwendungen von den meisten Bürgern an anderer Stelle kompensiert werden, was den Konsum noch weiter drosseln wird.
In diesem Zusammenhang finde ich zur allgemeinen Entlastung, die nicht nur bestimmten Teilen der Bevölkerung zugute käme, eine Mehrwertsteuersenkung nachdenkenswert, wie sie laut SPIEGEL auch Herr Dr. Rainer Kambeck vom RWI Essen vorschlägt. Die letzte Erhöhung, die meiner Erinnerung nach laut den Versprechen vor der Bundestagswahl eigentlich gar nicht hätte geschehen dürfen, ist ja nun keine Entscheidung, die auf immer und ewig festgemauert bleiben muß.
Nur Herr Steinbrück müßte sich mit dem Gedanken anfreunden, daß im Falle einer leichten Mehrwertsteuersenkung sein ehrgeiziges Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erst ein paar Jahre später erreicht werden wird. Aber sollte zur Entlastung der Bürger, zur Erhöhung des Konsums, und damit auch zur Wiederbelebung der Konjunktur, im Parlament nicht eine Senkung der Mehrwertsteuer gefordert werden? Vielleicht gibt es ja auch schon entsprechende Anträge? Ich bin auf jeden Fall auf Ihre Meinung dazu sehr gespannt.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Leschnewsky
Frankfurt am Main
Sehr geehrter Herr Leschensky,
vielen Dank für Ihre e-mail zu möglichen Reaktionen auf gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise. Ein Kaufkraftverlust von mehr als drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr macht sich in jedem Haushalt bemerkbar. Die höheren Lohnabschlüsse werden durch die Inflation aufgefressen, so dass im Ergebnis häufig eher ein Kaufkraftverlust festzustellen ist. Ihr Vorschlag, die Mehrwertsteuer wieder zu senken, halte ich nicht für zielführend. Ein großer Teil der Mehrwertsteuererhöhung ist seitens der Bundesregierung zu Finanzierung der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung (insb. für die Versicherung von Kindern) eingesetzt bzw. verplant worden. Ich halte es für erforderlich, dass in der nächsten Legislaturperiode die kleinen und mittleren Einkommen bei den Sozialabgaben und durch eine Einkommensteuerreform entlastet werden. Bei den Sozialabgaben setzen wir uns für unser Progressivmodell ein. Es entlastet Arbeitnehmer bis zu einem Bruttoeinkommen von 2000 Euro, in dem die Beiträge an die Sozialversicherunge sukzessive ansteigen bis sie dann ab 2.000 Euro/Monat die volle Beitragslast von heute rund 40 Prozent für Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge tragen müssen. Gerade kleine Bruttoeinkommen werden von den Sozialversicherungsabgaben ab dem ersten Euro stark getroffen, so dass hier eine starke Entlastung kräftig das verfügbare Einkommen erhöhen kann. Im Rahmen einer Einkommensteuerreform muss der Grundfreibetrag von 7.664 € im Jahr auf 8.500 € im Jahr angehoben werden, um das sozialhilferechtliche Existenzminimum auch im Steuerrecht auf eine angemessene Höhe im Verhältnis zu den existenzsichernden Lebenshaltungskosten zu beringen.
In der Anlage maile ich Ihnen die Vorstellungen von Bündnis 90/Die Grünen zur Steuerpolitik für die nächste Legislasturperiode. Sie sind Ergebnis einer Arbeitsgruppe der Partei und müssen noch im Rahmen des Willensbildungsprozesses der Grünen in das nächste Bundestagwahlprogramm für 2009 eingebracht werden. -siehe Anlage-
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel