Frage an Christine Scheel von Bodo L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Scheel!
Gerade wurde ich durch die Meldung aufgeschreckt, dass im Entwurf des neuen Rundfunkstaatsvertrages beabsichtigt ist, den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten das Einstellen von Textbeiträgen auf ihren Internetseiten weitestgehend zu untersagen.
Da ARD und ZDF zu den wenigen Medien gehören, die eine einigermaßen niveauvolle, neutrale und ungeschminkte Information gewährleisten (und somit für die Meinungsbildung in diesem unserem Lande von äußerster Wichitgkeit sind), halte ich eine solche Vorgehensweise für einen weiteren Schritt hin zu gezielter Volksverdummung und lehne ihn deswegen entschieden ab.
Das Internet per Gesetz den Geschäftemachern zu überlassen kann eigentlich nur ein schlechter Scherz sein - in Deutschland jedoch scheinen wir mittlerweile soweit zu sein, dass man um den Eintritt solcher Szenarien fürchten muss ("Denk ich an Deutschland in der Nacht...").
Mich würde interessieren, wie Sie bzw. Ihre Partei diese Entwicklungen sehen und was dagegen zu tun Sie beabsichtigen.
Mit Dank für Ihre Antwort und Ihr Engagement
grüßt Sie freundlich
B.Lappat
Sehr geehrter Herr Lappat,
vielen Dank für Ihre Stellungnahme zu den politischen Folgen des Entwurf für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag.
Wenn es nach den großen Verlegern geht, dann dürfen ARD und ZDF im Internet möglichst wenig mitmischen. Sie sehen darin eine Wettbewerbsverzerrung durch gebührenfinanzierte Inhalte. Dabei ist eine Kontrolle bereits festgelegt. Neue Online-Angebote von ARD und ZDF werden zukünftig durch den von Brüssel geforderten "Drei-Stufen-Test" geprüft. Die Marktauswirkungen sind zentraler Teil dieses Tests. Aber "Sicher ist sicher" scheinen sich die Verlage gedacht zu haben – und haben erfolgreich Lobbyarbeit bei den Ministerpräsidenten betrieben.
Herausgekommen ist der Entwurf eines neuen Rundfunkstaatsvertrages, der die Öffentlich-Rechtlichen im Internet massiv einschränkt. Darin wird ARD und ZDF verboten, Textbeiträge länger als sieben Tage online zu stellen. Das bedeutet, dass sowohl Online-Archive als auch Hintergrunddossiers im Netz unmöglich wären.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss aber für alle da sein, die dafür Gebühren zahlen. Und viele Jugendliche verbringen heute mehr Zeit im Internet als vor dem Fernseher. Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Zuschaurinnen und Zuschauer also auch in Zukunft erreichen wollen, darf ihnen die mediale Zukunft nicht einfach verschlossen bleiben.
Dass sich private Anbieter erfolgreich neben ARD und ZDF im Internet aufstellen können, beweist das Beispiel "Spiegel Online". Anstatt Schreckensszenarien zu verbreiten, wäre es sinnvoller, die Verlage würden gut gemachte Online-Auftritte vorantreiben. Das stärkt die Vielfalt an qualitativem Angebot im Online-Bereich und ist letztendlich das Beste für ZuschauerInnen und LeserInnen. Das Internet ist keine Erfindung der Zeitungsverleger! Wir werden uns in den Bundesländern gegen die beabsichtigte Einschränktung des Online-Angebots von ARD uznd ZDF einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel