Frage an Christine Scheel von Thomas Dr. K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Scheel,
Sie werden heute von mehren Medien mit folgendem Satz zitiert:
„Es ist moralisch verwerflich, wenn der Post-Chef die Mindestlohn-Entscheidung in dieser Art und Weise in privaten Gewinn ummünzt. Anscheinend bekommt Herr Zumwinkel den Hals nicht voll.“
Mich interessiert, was genau Sie ihm vorwerfen und wie Sie in Zukunft solches Handeln verhindern wollen.
Herr Zumwinkel hat Aktienoptionen verkauft, die er gerade zu dem Zweck erhalten hat, an Kurssteigerungen zu partizipieren. Das kann man ihm nicht vorwerfen. Darüber hinaus würden sie ihn anders behandeln als jeden anderen, der als Reaktion auf den Kursanstieg Optionen oder Aktien verkauft hat. Wie rechtfertigen Sie eine solche Diskriminierung von Führungskräften eines Unternehmens gegenüber Außenseitern?
Sie werfen Herrn Zumwinkel vor, er habe die Mindeslohentscheidung in privaten Gewinn "umgemünzt". Wie erklären Sie dies vor dem Hintergrund, dass eine Allgemeinverbindlicherklärung ein Akt der Verwaltung ist und keine unternehmerische Entscheidung wie bspw. eine Entlassung großen Umfangs, bei der man tatsächlich moralische Bedenken haben könnte?
Und schließelich widerspricht Ihre Kritik geltendem Recht: Ein Blick in das WpHG zeigt, wie schwierig es für Führungskräfte ist, Optionen zu verkaufen, ohne in die Gefahr der in § 38 WpHG angedrohten Geld- oder Freiheitsstrafe zu gelangen. Die Insidervorschriften der §§ 12 ff. WpHG verbieten gerade den Handel aufgrund nichtöffentlicher kursbeeinflussender Informationen, weil der Insider einen unbilligen Vorteil hat. Der Handel nach Veröffentlichung einer Information ist immer erlaubt.
Hätte Herr Zumwinkel Ihrer Meinung nach nun den Verkauf nach Veröffentlichung der Entscheidung unterlassen sollen? Oder hätte er sogar den Verkauf schon vor ihrem Bekanntwerden vornehmen können, weil er wusste, dass sie sich positiv auf den Kurs auswirken würde? In diesem Fall müsste das Insiderrecht grundlegend geändert werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Koch
Sehr geehrter Herr Dr. Koch,
vielen Dank für Ihre Frage zu meiner Äußerung zur Wahrnehmung der Aktienoptionen durch Herrn Zumwinkel unmittelbar nach der politischen Entscheidung über das Inkrafttreten von Mindestlöhnen durch eine Allgemeinsverbindlichkeitserklärung im Postdienstleistungsdienst. Herr Zumwinkel ist als Arbeitgeber der Post wesentlich an dem Zustandekommen des Tarifvertrages, der jetzt für allgemeinverbindlich erklärt werden soll, beteiligt gewesen. Die Eckwerte dieses Tarifvertrages setzen wesentliche Marktkonditionen für die Konkurrenzunternehmen der Post. Der aktuelle Kursgewinn der Post ist darauf zurückzuführen. Herr Zumwinkel partizipiert vom Kursgewinn in Folge des abgeschlossenen Tarifvertrages, der Wettbewerbsnachteile für andere bedeutet. Er partizipiert gerade nicht vom gestiegenen Umsatz und daraus resultierenden Erfolg seines Unternehmens. Das Gedankenlose ist der Zeitpunkt. Es entstand der Eindruck, das Monopol ist durch die Verhandlungen gesichert, der Kurs ist gestiegen und dann wird eben Kasse gemacht. Natürlich ist das nicht verboten, aber ich finde es verwerflich, weil ein solches Verhalten die Debatte über die Arroganz einer kleinen Gruppe von Spitzenmanagern anreichert. Seit Wochen läuft die Diskussion über Gerechtigkeit und Managerverhalten. Da ist eine größere Sensibilität erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel