Frage an Christine Scheel von Angelika F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Scheel,
Sie selbst bezeichnen sich gerne als Steuerexpertin und sind Scheins deshalb auch in der 14. Wahlperiode des deutschen Bundestages als vom Volk gewählte Abgeordnete im Finanzausschuss des deutschen Bundestages zum Ende hin sogar als Vorsitzende tätig gewesen. Unter Ihrer Leitung beriet denn auch dieser Ausschuss das so genannte Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz mit dessen Inkrafttreten insbesondere das Umsatzsteuergesetz 1999 eine gravierende Änderung erfuhr, erstmalig erhielt das UStG mit dem Einfügen des § 27b ( Umsatzsteuer-Nachschau ) die Ermächtigung zum Einschränken des Grundrechtes aus Art. 13 GG der Unverletzlichkeit der Wohnung. Grundrechte sind übrigens staatsgerichtete Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat.
Anstatt jedoch dem Art. 19 I Satz 2 Grundgesetz, der zwingenden Zitierpflicht im Gesetzestext durch das Einfügen eines zusätzlichen Paragraphen im geänderten Umsatzsteuergesetz mit dem Titel „Einschränkung von Grundrechten“ und folgendem Wortlaut „Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG, wird nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt“ zu genügen, hat sowohl der Finanzausschuss als auch dann der deutsche Bundestag als Gesetzgeber Scheins billigend die „automatische Nichtigkeit“ des UStG mit dessen Verkündung zum 01.01.2002 als zwingende Rechtsfolge des Verstoßes gegen das Zitiergebot gemäß Art. 19 I 2 Grundgesetz in Kauf genommen.
1. Mit welchen Argumenten rechtfertigen Sie diesen inzwischen 5 Jahre andauernden Zustand, dass nämlich sämtliche Umsatzsteuerbescheide der deutschen Finanzämter nichtig sind, da das nichtige Umsatzsteuergesetz keine Rechtskraft entfaltet hat?
2. Mit welchen Argumenten rechtfertigen Sie es, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle fortgesetzt gegen Art. 1.3 GG verstößt, weil der Gesetzgeber hier wissentlich es seit inzwischen 5 Jahren unterlässt, ein grundgesetzkonformes Umsatzsteuergesetz, dass dem zwingenden Zitiergebot des Art. 19 I 2 GG genügt, zu verabschieden?
Sehr geehrte Frau Friedl,
vielen Dank für Ihre e-mail und Frage zum Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz bzw. zur Umsatzsteuer-Nachschau. Sie kennen sicherlich das BMF-Schreiben vom 23.12.2002, IV B 2 - S 7420 - 415/02 zur Umsatzsteuer-Nachschau gemäß § 27 b UStG. Das Bundesministerium der Finanzen legt in diesem Schreiben fest, was für Amtsträger der Finanzbehörden, die mit der Umsatzbesteuerung betraut sind, im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau erlaubt ist und was nicht. Sie können das BMF-Schreiben, falls es Ihnen nicht vorliegen sollte in der Zeitschrift DStR 4/2003, S. 117 ff nachlesen. Darin heißt es u.a.: "Mit der Umsatzbesteuerung betraute Amsträger der Finanzbehörden können ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung Grundstücke und Räume von Personen, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausüben, während der Geschäfts- und Arbeitszeiten betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Festsetzung und Erhebung der Umsatzsteuer erheblich sein können (§ 27b Abs. 1 Satz 1 Satz 1 UStG). Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten werden (§27b Abs. 1 Satz 2 UStG). Die von der Umsatzsteuer-Nachschau betroffenen Personen haben im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten auf Verlangen Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden über die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Feststellung einer steuerlichen Erheblichkeit zweckdienlich ist (§ 27b Abs. 2 UStG). Soweit die bei der Umsatzsteuer-Nachschau getroffenen Feststellungen dazu Anlass geben, kann ohne vorherige Prüfungsanordnung (§ 196 AO) zu einer Außenprüfung nach § 193 AO übergegangen werden (§ 27b Abs. 3 Satz 2 UStG)." Unter Ziffer 4 des BMF Schreibens heißt es: "Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatzsteuer-Nachschau nicht. Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung." Die Umsatzsteuer-Nachschau wurde zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs eingeführt. Nach Schätzung des Ifo-Instituts beträgt das Volumen des Umsatzsteuerbetrugs immer noch rund 14 Mrd.Euro pro Jahr. Vor diesem Hintergrund halte ich es für angemessen, dass Steuerpflichtige bei der Umsatzsteuer-Nachschau mitwirken müssen. Die Umsatzsteuer-Nachschau gewährt kein Durchsuchungsrecht der privaten Wohnung. Deshalb geht ihre Kritik ins Leere.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Sellin, Büro Christine Scheel