Frage an Christine Scheel von Mario W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Scheel,
im Rahmen der leider abgelegten Diskussion um die Befugniserweiterung möchte ich mal in eine ganz andere Richtung denken und ganz provokativ fragen:
Wäre es nicht ratsam, das der Berufsstand der gewerblichen Buchhalter eine eigene Berufskammer bekommt?
Gerade in der letzten Diskussion wurde seitens der Steuerberater ja auch (für mich durchaus nachvollziehbar) vorgebracht, dass es für die
gewerblichen Buchhalter keinQualitätsmanegement interner Art gibt. Und in der Tat, es prüft eigentlich niemand so richtig bei Aufnahme des Gewerbes, ob man überhaupt die Voraussetzungen nach § 6 StBerG erfüllt. Somit sind auch viele auf dem Markt, die dieses Gewerbe gar nicht ausüben dürften...
Hier wäre es doch nicht schlecht, wenn man eine Berufskammer (oder auch Zulassungskammer) für die Buchhalter einrichten würde, ähnlich wie es ja bei den Versicherungsvermittlern seit dem 22.05.2007 der Fall ist. So würde zumindest sicher gestellt, dass nur noch diejenigen selbständig tätig werden, die auch zumindest die oben genannten Voraussetzungen erfüllen, und es sollte auch dann gesetzlich fixiert sein, dass eine ausreichende Abdeckung für den Schadensfall Zulassungsvoraussetzung ist.
Ist eine solche Idee einmal angedacht worden, oder wäre eine solche Idee in der jetzigen Phase noch einzubringen?
Mein Ansatz ist eben, dass zunächst die Qualität intern stimmen muss, und dann werden wir auch als Gesprächspartner ernst(er) genommen, denn ich weiß nicht, ob die derzeit auf dem Markt befindlichen Berufsverbände wirklich noch eine Interessenvertretung sind. Bei einer Kammer wäre auch diese Frage sehr schnell geklärt, da diese ja die gesetzliche Aufgabe der Vertretung des Berufsstandes hätte.
Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Anregung einmal durchdenken würden und ich hierzu Ihre Meinung erfahren dürfte.
Grüße aus Sinzig (bei Bonn)
Mario Wettlaufer
Sehr geehrter Herr Wettlaufer,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Thema Befugniserweiterung für die gewerblichen Buchhalter wird in den nächsten Wochen wieder das Parlament beschäftigen. Am 15. November ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes im Bundestag. Leider ist der Gesetzentwurf ein Schritt rückwärts auf dem Weg zu einem modernen Berufsrecht. Sogar die ursprünglich geplante halbherzige Befugniserweiterung für die geprüften Bilanzbuchhalter ist von Union und SPD wieder aus dem Gesetzentwurf herausgenommen worden.
Das ist keine praxisgerechte Gesetzesreform. Sie hilft weder die Existenz der vielen selbständigen Buchhalter, Bilanzbuchhalter und Steuerfachwirte zu sichern, noch bringt die die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen in diesem Bereich voran. Die jahrelange Verhinderung der Abschaffung des Meisterzwangs durch Union und FDP findet hier eine Neuauflage! Hier siegt Klientelpolitik über die wirtschaftspolitische Vernunft! Denn fairer Wettbewerb ist auch volkswirtschaftlich sinnvoller als hohe Marktzugangsbarrieren aufzubauen, die die Pfründe bestimmter Berufsgruppen schützen sollen. So würde ein wirklicher Wettbewerb zum Beispiel zu einem preisgünstigen und transparenten Angebot für die Nutzer von Buchhaltungs- und Steuerberatungsleistungen beitragen. Es ist wirklich an der Zeit, eine Reform vorzulegen, die diesen Namen auch verdient! Die Grünen haben deshalb schon vor über einem Jahr einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der eine wirkliche Modernisierung des Berufsrechts der Steuerberater einfordert. Unser Antrag ist noch im parlamentarischen Verfahren und wir werden den Regierungsentwurf daran messen.
Die bündnisgrüne Fraktion schlägt in ihrem Antrag vor, dass selbstständige Buchhalter, Buchführungshelfer, Bilanzbuchhalter sowie Steuerfachwirte endlich die gesetzliche Befugnis erhalten, die Buchhaltung einzurichten, vorbereitende Abschlussarbeiten in der Finanzbuchhaltung zu erledigen, die Lohnbuchhaltung abzuschließen und die Umsatzsteuervoranmeldung zu erstellen. Diese berechtigten Forderungen diskutiert die Politik seit Jahren, leider größtenteils erfolglos, denn entscheidende Bereiche der Buchhaltung sind immer noch den Steuerberatern vorbehalten. Diese starke Einschränkung des Verfassungsrechts auf freie Berufswahl ist nicht gerechtfertigt, denn die Qualifikation für die Befugniserweiterung ist vorhanden und gesetzlich festgeschrieben. Eine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung und dreijährige einschlägige Berufserfahrung sind ausreichend, um die Buchhaltung einzurichten, vorbereitende Abschlussarbeiten in der Finanzbuchhaltung zu erledigen, die Lohnbuchhaltung abzuschließen und die Umsatzsteuervoranmeldung zu erstellen. Die Befugniserweiterung ist notwendig und längst überfällig. Wir Grünen werden sie deshalb bei den parlamentarischen Beratungen zum Gesetzentwurf aktiv einfordern.
Klar ist natürlich: Der Verbraucherschutz muss weiterhin gewährleistet sein. Das stimmen wir mit Ihren Überlegungen voll überein. Mit der Ausweitung der Beratungsbefugnisse sollte deshalb nach grünen Vorstellungen der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung verbindlich werden, damit der Verbraucher gegen einen Vermögensschaden aus einer Falschberatung abgesichert ist. Darüber hinaus soll es eine Berufsaufsicht geben. Wir werden diese Vorschläge aktiv in die parlamentarischen Beratungen zum Gesetzentwurf einbringen.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Ilka Wege