Frage an Christine Scheel von Hauke F. bezüglich Finanzen
Sehr geehrte Frau Scheel,
ich danke Ihnen für Ihre Antwort, mit der Sie aber leider den
Kern meiner Frage vermeiden. Dem Beitrag im Guardian
http://business.guardian.co.uk/page/0,,2054487,00.html
können Sie entnehmen, dass der Spitzenverdiener unter den Fonds Managern mit 1.5 Milliarden Euro in 2006 allein soviel „verdient“ hat wie alle Vorstände der Stoxx 50 zusammen. Der Spitzenverdiener der Vorstandschefs in Europa - Vasella von Novartis - bekommt mit 22,3 Mio Euro gerade mal ein Drittel dessen, was der letzte in der Liste der Top 100 der Fondsmanager erhält.
Dank Ihrer Initiative sind seit 2004 die Einkünfte von Fondsmangern in Deutschland zu 50% steuerfrei. Zur Förderung der Wagniskapitalbranche hat das Wirtschaftsministerium noch unter Clement einen eigenen Fonds aufgelegt, den ERP-EIF Dachfonds in Höhe von 500 Mio Euro, welcher in VC-Fonds investiert. Von diesen 500 Mio werden mehr als 150 Mio für die Honorierung der Geldverwalter eingesetzt. Der Stellungnahme der Grünen entnehme ich, dass Sie sich weiterhin für Steuerprivilegien dieser Spitzenverdiener einsetzen. So beziehen die Manager eines in München ansässigen Wagniskapitalfonds aus der Verwaltung von sechs laufenden Fonds mit einem Gesamtanlagevolumen von etwas über einer Milliarde Euro pro Jahr eine Managementgebühr von ca. 25 Millionen Euro.
Warum setzen Sie sich dafür ein, dass die Gewinnbeteiligung, welche diese Manager zusätzlich bekommen, nur zur Hälfte versteuert werden muss?
Was haben die jungen Unternehmen davon, wenn Sie den Geldvermittlern Steuervorteile verschaffen?
Warum wollen Sie die von den Geldverwaltern in Dienstleistung betreuten Fonds steuerfrei stellen? Die Investoren der Fonds sitzen gemäß verfügbarer Statistiken zu über 80% auf Steueroasen und zahlen somit auch keine Steuern.
Warum ist der Einfluss der Finanzlobby auf die Grünen – und hier offenbar nicht nur auf Herrn Metzger - so ausgeprägt?
Mit freundlichen Grüßen
Hauke Fürstenwerth
Sehr geehrter Herr Fürstenwerth,
vielen Dank für Ihre Nachfragen. Es war allerdings für mich nicht ersichtlich, dass es sich im Kern Ihrer Frage um die Besteuerung ausländischer Fondsmanager handelt, denn diese Besteuerung können wir hier ja gar nicht beeinflussen. Wir können hier als deutscher Gesetzgeber nur die Besteuerung von in Deutschland ansässigen Personen regeln und soweit ich die von Ihnen angesprochene Liste aus dem Guardian überflogen habe, sind das eher ausländische Fondsmanager, die ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben und deshalb auch nicht hier besteuert werden. Ein Grund, dass diese Fondsmanager ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben könnte z.B. sein, dass Deutschland die Einkünfte der Fondsmanager mit bis zu 45% Spitzensteuersatz plus Solidaritätszuschlag besteuert, während es in Großbritannien mit 10 Prozent und USA mit 15 Prozent auf Veräußerungsgewinne extrem niedrige Steuersätze für diese Einkünfte gibt. Um diese sehr niedrigen Steuern ist in den letzten Wochen in den USA und UK eine hitzige öffentliche Debatte entbrannt und das zu recht. Es ist nicht einzusehen, warum die Bezieher hoher Einkommen weniger Steuern zahlen sollen, als andere Bürgerinnen und Bürger. Zumal die Private Equity Branche derzeit boomt und hohe Gewinne erzielt.
Aber zurück zur Steuerdebatte in Deutschland: Das von Ihnen angesprochene Halbeinkünfteverfahren für den sogenannten "Carried Interest" der Fondsinitiatoren, gemeint ist die Beteiligung an den Gewinnen des Fonds, halte ich weiterhin für richtig. Damit wird diese Gewinnbeteiligung steuerlich genauso behandelt, wie andere Gewinnbeteiligungen auch. Es erfolgt erst eine Besteuerung beim Unternehmen mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer von derzeit nominal rund 39 Prozent und zukünftig nominal rund 30 Prozent. Der dann an den Anteilseigner ausgeschüttete Gewinn wird dann derzeit nach dem Halbeinkünfteverfahren besteuert um die Vorbelastung des Gewinns im Unternehmen zu berücksichtigen. Mit der Unternehmensteuerreform 2008 wird es das Halbeinkünfteverfahren so nicht mehr geben, es wird durch eine Abgeltungssteuer ersetzt. Dies gilt aber nicht für die Fondsmanager, diese bekommen nicht den niedrigen Steuersatz der Abgeltungssteuer sondern bleiben im Grundsatz beim Halbeinkünfteverfahren, allerdings werden zukünftig 60 Prozent des Carried Interest besteuert werden und nicht nur 50 Prozent. Mit dieser Erhöhung des zu versteuernden Anteils wird verhindert, dass die Senkung der Unternehmenssteuern den Fondsinitiatoren zugute kommt, denn die Gesamtsteuerbelastung bleibt etwa gleich. Das ist meines Erachtens sinnvoll gelöst.
Zu Ihrer Frage, was die jungen Unternehmen eigentlich von den grünen Vorschlägen haben: Die Vorschläge der Grünen knüpfen eben gerade nicht an den Wagniskapitalfonds an, sondern an den jungen innovativen Unternehmen selbst, die wir fördern wollen. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied des grünen Antrags zur Wagniskapitalförderung zu den Vorschlägen aus dem Bundesfinanzministerium. So fordern die Grünen z.B. dass junge innovative Unternehmen ihre Verlustvorträge behalten dürfen, wenn die Anteilseigner wechseln (keine Beschränkung des Mantelkaufs) und das sie diese zeitlich und in der Höhe unbeschränkt vortragen dürfen (keine Mindestbesteuerung). Diese günstige steuerliche Behandlung soll nicht daran gebunden sein, dass hier ein Wagniskapitalfonds investiert ist, sondern kommt dem Unternehmen selbst zugute, solange es bestimmte eng umrissene Förderkriterien erfüllt.
Zu Ihrer Frage zur Steuerfreistellung der Fonds: In der Regel werden die Private Equity - und Wagniskapital-Fonds schon heute transparent besteuert, wie es z.B. auch bei Investmentfonds üblich ist. Das bedeutet, das Unternehmen an dem der Fonds beteiligt ist wird besteuert mit Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer und die Ausschüttung des Fonds an den Anteilseigner wird mit Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag besteuert. Der dazwischen geschaltete Fonds wird nicht besteuert, er ist sozusagen "transparent". Im Endeffekt wird so eine Gesamtsteuerbelastung erreicht, als wäre der Anteilseigner selbst in dem Unternehmen investiert. Das gilt auch für Investoren aus dem Ausland. Diese Besteuerung ist derzeit nur durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2003 gesichert. Wir wollen mit der gesetzlichen Fixierung hier mehr Rechtssicherheit schaffen.
Zu Ihrer letzten Frage nach dem Einfluss der Finanzlobby: Ich halte diesen Einfluss für nicht größer als den anderer Bereiche. Für uns Grüne ist es unerlässlich, dass wir uns im Vorfeld von parlamentarischen Initiativen eine unabhängige Meinung bilden. Deshalb diskutieren wir unsere Vorschläge selbstverständlich mit Praktikern aus der Branche, denn wir wollen ja erreichen, dass mehr Wagniskapital in junge innovative Unternehmen fließt. Aber das ist nur die eine Seite: Wissenschaft, Förderinstitutionen und Vertreter der Unternehmensseite haben wir natürlich genauso in unseren Diskussionsprozess einbezogen.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel