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Christine Scheel
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Frage von Bernd E. •

Frage an Christine Scheel von Bernd E. bezüglich Familie

Hallo Fr.Scheel,

ich war 18Jahre verheiratet und bin am 16.11.2006 geschieden worden. Habe 2 Kinder 12 und 18, die bei der Mutter wohnen.
Mich interessiert der Standpunkt der Grünen zum Thema der Unterhaltsrechtsreform.
Ex-Ehefrauen haben nach jetzigem Recht Anspruch auf lebenslangen Unterhalt ihrer Ex-Partner. Ich bin jetzt 42Jahre alt - habe also noch 25 Jahre zu zahlen - was meine Ex auch gerne in Anspruch nehmen möchte - wie sie sagt. Die CSU hat nun Bedenken (H.Geis), dass die unehelichen Mütter den geschiedenen in der Behandlung/Versorgung zu gleichgestellt werden. Sie wollen die geschiedene Mutter auch nach der Ehe noch unter den besonderen Schutz der Ex-Männer stellen.
Meine Frage - gibt es nicht eine Möglichkeit auch ohne Zustimmung der CSU dieses Gesetz zu verabschieden? Vielleicht durch die Unterstützung der Grünen?

MfG
B.Emge

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Emge,

künftig soll der Kindesunterhalt Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen haben. Die Grünen begrüßen diese Kindeswohlorientierung!

Im 2. Rang sollten nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf alle Kinder betreuenden Elternteile zum Zuge kommen, unabhängig davon, ob sie verheiratet sind oder waren bzw. gemeinsam oder allein ein Kind erziehen, sowie Ehegatten - auch nach der Scheidung - bei langer Ehedauer, da hier über Jahre hinweg Vertrauen in die eheliche Solidarität gewachsen ist. Diesen Vorschlag haben wir unterstützt, auch die Besserstellung der zweiten Ehefrau gegenüber heute. Der Vorrang der ersten Ehe war insb. dann nicht gerechtfertigt, wenn die erste Ehe kinderlos geblieben ist.

Ebenso richtig wäre gewesen, die nicht verheiratete Mutter (bzw. Vater) mit ihrem Unterhaltsanspruch wegen der Kinderbetreuung besser zu stellen. Im Parlament hat die CDU/CSU Fraktion aber vorerst durchgesetzt, dass im zweiten Rang neben den langjährig verheirateten nur noch verheiratete und geschiedene kinderbetreuende Partnerinnen und Partner stehen, nicht auch unverheiratete kinderbetreuende Mütter. Sie werden z.Z. nach dem Entwurf der großen Koalition im Rang nach hinten geschoben. Damit gilt der Vorrang des Trauscheins statt des Grundsatzes "Familie ist da, wo Kinder sind." Im Beratungsverfahren des Parlaments haben wir im Rechtsausschuss dazu einen Änderungsantrag eingebracht, der die Rangfolge wie im ursprünglichen Regierungsentwurf vorsieht.

Jetzt hat am 23.05.2007 das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss die unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche für die Betreuung ehelicher und nichtehelicher Kinder für verfassungswidrig erklärt (vgl. Pressemitteilung Nr. 56/2007 www.Bundesverfassungsgericht.de). Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde deshalb im Parlament vor seiner Verabschiedung gestoppt und für die nächsten Wochen eine Beratungspause seitens der Koalitonsfraktionen vereinbart. Nach unserer Ansicht muss auch für den kinderbetreuenden Unterhalt von Eltern eine Gleichbehandlung in das Gesetz aufgenommen werden wie dies im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war.

Für Sie ist sicherlich die Frage relevant, wie lange Unterhalt an den Ehegatten wegen der Kindesbetreuung gewährt werden soll, ohne dass Erwerbstätigkeit erwartet wird. Mit der Reform geschieht eine Gleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern in Bezug auf den Betreuungsunterhalt. Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gab es den Unterschied, dass unverheirateten Müttern der Betreuungsunterhalt nur drei Jahre lang nach der Geburt eines Kinder zugestanden wurde und verheirateten Müttern 8 Jahre Betreuungsunterhalt bis zum 16 . Lebensjahr eines Kindes zugebilligt wurde. Dieser unhaltbare Zustand der Ungleichbehandlung war und ist bereits im Gesetzentwurf der Bundesregierung aufgehoben.

Sie können sich im Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 16/1830) den § 1.574 (1) und (2) BGB ansehen, der regelt, wann der geschiedene Ehegatten eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben hat. "Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter, und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen" §1.574 (2) BGB.

Letztlich läuft die zeitliche Begrenzung und Herabsetzung von Unterhalt an den Ehegatten auf den Einzelfall hinaus. Um das Ziel "Stärkung der Eigenverantwortung nach der Ehe" zu erreichen, wird der schon nach bisheriger Rechtslage geltende Grundsatz der Eigenverantwortung im Gesetzentwurf ausdrücklich verankert. Die Gerichte sollen dazu bewegt werden Unterhaltsansprüche geschiedener Ehepartner eher und stärker als bislang zu befristen oder in der Höhe zu begrenzen und auf diese Weise "Zweitfamilien" zu entlasten.

Im Grundsatz begrüße ich dieses Prinzip der Stärkung der Eigenverantwortung.

Mit freundichen Grüßen
Christine Scheel