Frage an Christine Scheel von Günter H. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Christine Scheel,
nachstehend meine zwei Fragen:
a.-- Treten Sie für den Rechtsanspruch behinderter Menschen auf individuell bedarfsdeckende Hilfe ein und in welcher Form?
b.--Wollen Sie verhindern, und auf welche Art und Weise, daß soziale Leistungen von der Finanzkraft der Kommunen abhängig gemacht und Leistungsberechtigte auf diese Weise zu Almosenempfängern degradiert werden?
Sehr geehrter Herr Hillmayr,
vielen Dank für Ihre e-mail. Ich möchte Ihre Fragen folgendermaßen beantworten:
Frage a) Der Rechtsanspruch von Menschen mit Behinderungen auf bedarfsdeckende Leistungen der Eingliederungshilfe steht für uns nicht zur Disposition. Im Gegenteil: Mit der Schaffung des SGB IX haben wir diesen Rechtsanspruch im Sozialgesetzbuch verankert. Gleichzeitig wollen wir die Leistungen für Menschen mit Behinderungen weiterentwickeln: Die bereits vollzogenen und weiter angekündigten Kürzungen der länderspezifischen Nachteilsausgleiche (z.B. Landesblindengelder) durch Unionsgeführte Landesregierungen machen deutlich, dass wir dringend eine bundeseinheitliche Regelung benötigen. Es kann nicht sein, dass die Höhe der behindertenbedingten Nachteilsausgleiche von dem Wohnort des Hilfeberechtigten abhängig ist. Aus diesem Grund treten wir für die Schaffung eines „Teilhabegeldes“ ein. Mit diesem Teilhabegeld werden die unterschiedlichen Geldleistungen für Menschen mit Behinderungen aus Landes- und Bundesmitteln zu einem am Grad und an den Merkmalen der Behinderung orientiert gestaffeltem Teilhabegeld zusammengefasst. Es geht uns dabei um die Schaffung eines unbürokratischen und gerechten Systems finanzieller Nachteilsausgleiche. Das Bedarfsdeckungsprinzip wird durch diese neue Leistung nicht in Frage gestellt.
Frage b) .Mit dem Entwurf eines „Kommunalen Entlastungsgesetzes“ hat die Union im Bundesrat deutlich gemacht, dass der Druck der CDU-geführten Länder und Kommunen auf die Eingliederungshilfe und die stationäre Unterbringung weiter zunehmen wird. Daher wollen wir die Eingliederungshilfe konzeptionell weiter entwickeln. Dabei ist die Durchsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“ unerlässlich. Zur Förderung und Weiterentwicklung ambulanter Wohnformen wollen wir die ambulanten Leistungen der Eingliederungshilfe künftig als *bedarfsgerechte, einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen *zur Verfügung stellen. Für diese Leistungen wird auf die Anrechnung von Vermögen und Einkommen der Antragsteller/innen ebenso verzichtet wie auf die Heranziehung unterhaltspflichtiger Angehöriger. Musterberechnungen des Landschaftsverband Rheinlands (LVR) haben gezeigt, dass die Kosten für die Sozialhilfeträger trotz dieses Verzichts auf Vermögens- und Einkommensanrechnung bei ambulanter Versorgung im Schnitt geringer sind, als die der stationären Unterbringung. Hier sind bereits die Fälle einbezogen, die aufgrund ihres hohen Pflege- und Assistenzbedarfs höhere Kosten bei ambulanter Versorgung bedeuten. Wir geben mit dieser Maßnahme also auch den Kostenträgern einen entscheidenden Anreiz zur Förderung ambulanter Versorgungsstrukturen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Sellin, Büro Christine Scheel