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Christine Scheel
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Frage von Marc S. •

Frage an Christine Scheel von Marc S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Fr. Scheel,

Vielen Dank, dass Sie sich die Mühe machen unsere Fragen zu beantworten.
Ich beziehe mich auf meine erste Frage und die der anderen besorgten Bürger zum Thema Geldschöpfung.

Aus den bereits gestellten Fragen auf abgeordnetenwatch.de kann man erkennen, dass sich in der Bevölkerung ein Bewußtsein dafür entwickelt, wie Geld funktioniert. Es wird uns (den Bürgern) klar, dass alles Geld nur geliehen ist und wir für das Ausleihen permanent Zinsen zahlen. Wir begreifen aber dass wir 1. weder die Zinsen bezahlen können noch 2. jemals die Kredite (auch nicht die Staatschulden) abbauen können. Weil das Rückzahlen der Kredite bedeuten würde, dass kein Geld mehr im System wäre. (Es ist ja alles nur geliehen.) Diese System des geliehenen Geldes, des Schuldengeldes wird uns irgendwann in den Ruin treiben. Der Staat muss immer mehr verkaufen. Die Arm-Reich-Kluft, die aus diesem Geldsystem resultiert, wird immer größer. Die einzigen, die wirklich gewinnen, sind die Banken. Alle anderen werden irgendwann unter den Zinsen zusammenbrechen. Auch der Staat!

Dieses Wissen und das Bedürfnis, für dieses Problem eine Lösung zu finden, können Sie nicht mit Pauschalantworten totschweigen. (Wie sie es leider schon versucht haben.) Deshalb eine ganz einfache und konkrete Frage, deren Beantwortung mir (und wie ich glaube auch vielen anderen Bürgern) sehr wichtig ist:

Was werden Sie tun, um dieser Schuldengeld-Falle zu entkommen?

In meinen Augen kann unser heutiges Geldsystem, dass nur mit Wirtschaftswachstum funktioniert - und das auch nur eine endliche Zeit - nicht Ziel einer "grünen Politik" sein. War es nicht einmal, ganz am Anfang, als die Grünen noch "junge, enthusiastische Weltverbesserer" waren, ihr Ziel, genau diesen Wachstumszwang, der immer von der Politik gepredigt wurde, zu hinterfragen und dafür eine Alternative zu finden?

Vielen Dank und Gruß,
Marc Sierszen.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Sierszen,

vielen Dank für Ihre Frage nach unseren Antworten, um "der Schuldenfalle zu entkommen". Es ist ja richtig, dass die Finanzmarktkrise vielfältige Kritik an unserem Geldsystem ausgelöst hat. Wir Grünen streben eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung an und keine durch eine expansive Geldmengen getriebene. Wirtschaftliches Wachstum muss sich von einem vermehrten Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppeln um nachhaltig zu sein. Deswegen halten wir auch die Geldmengensteuerung durch die EZB und andere wichtige Notenbanken für verbesserungsbedürftig. Wir haben Vorschläge zur besseren Regulierung der Finanzmärkte erarbeitet (vgl. Bundestagsantrag in der Anlage).

Im ersten Halbjahr 2009 stiegen die Schulden der öffentlichen Haushalte auf den Rekordstand von 1,6 Billionen Euro wie das Statistische Bundesamt am 21.09.09 veröffentlichte. Weil die Schulden in der Rezession und durch die Konjunkturprogramme der Bundesregierung besonders stark steigen, steigen in Folge dessen auch die Zinsausgaben des Bundes und der Länder rasant an. Aus diesem Grunde machen die Grünen auch keine Steuersenkungsversprechen in ihrem Wahlprogramm im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP. Das Wahlprogramm enthält eine ganze Reihe von Vorschlägen um die Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte zu verbessern (Spitzensteuersatz 45 Prozent, Finanzmarktumsatzsteuer, Erbschaftsteuer, einmalige zweckgebundene Vermögensabgabe, Kürzung von ökologisch schädlichen Subventionen, Einführung einer Bürgerversicherung, vgl. Wahlprogramm). Wir sind der Überzeugung, dass nach der Wahl Finanzentscheidungen zum Abbau der riesigen Nettoneuverschuldung und damit auch der rasant ansteigenden Zinsausgaben anstehen. Die beschlossene Schuldenbremse in der Verfassung zwingen auch Union und FDP die "Hosen runterzulassen", wem sie das Geld aus der Tasche ziehen wollen, um die Kosten der öffentlichen Verschuldung zu bezahlen. Steigende Sozialversicherungsabgaben in Folge steigender Arbeitslosigkeit werden Arbeitnehmer belasten.

Dies ist sozial ungerecht und unverantwortlich, weil nach meiner Auffassung die Lasten der Finanzmarkt- und Konjunkurkrise von allen Steuerzahlern nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip zu schultern sind. Verteilungsfragen sind hoch politisch und gehören in die öffentliche Auseinandersetzung vor der Wahl und nicht nach der Wahl.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel