Frage an Christine Scheel von Florian K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Frau Scheel,
es gibt die Idee, dass eine zu hohe Staatsquote zu weniger Wirtschaftsleistung fuehrt, da der Staat bei Leistungen, die auch sinnvoll privatwirtschaftlich erbracht werden koennten, grundsaetzlich ineffizienter wirtschaftet.
1. Inwieweit teilen Sie und/oder Ihre Partei diese Auffassung ?
Je nachdem in welchen Bereichen der Staat selbst aktiv wird, ist die Staatsquote entsprechend hoeher oder niedriger. Die Extreme dabei sind der Minimalstaat (Staatsquote 10-20%, nicht zulaessig in D wegen Sozialstaatsgebot) und der Kommunismus (Staatsquote 100% da alle Produktionsmittel in Staatshand, nicht zulaessig in D unter anderem wegen Eigentumsrecht). Zwischen diesen unzulaessigen Extremen gibt es einen grossen Spielraum den der Staat in die eine oder andere Richtung ausschoepfen kann.
Die Staatsquote in D schwankte in den letzten 35 Jahren immer zwischen 42 und 50%, davor war sie dauerhaft unter 40%.
2. Halten Sie und/oder Ihre Partei die langfristige Hoehe der Staatsquote fuer relevant?
3. Wenn ja, welche Staatsquote streben Sie oder Ihre Partei langfristig an?
4. Welche praktischen Erfolgsaussichten sehen Sie dabei fuer dieses Ziel in Anbetracht der politisch oder auch rechnerisch moeglichen Mehrheiten nach der Wahl?
Meine persoenliche Ansicht:
Jede Steuer ist eine Verletzung des Eigentumsrechtes. Verletzungen des Eigentumsrechtes - genauso wie aller anderen Grundrechte - sind nur zulaessig soweit sie zum Schutz der Rechte anderer unabdingbar notwendig und angemessen sind.
Da jede Staatsausgabe letzlich durch Steuern finanziert werden muss, handelt es sich bei jedem Ausgabenposten, bei dem sicher ist, dass er diesem Kriterium nicht gerecht wird um ein Eigentumsdelikt.
Vereinfacht gesagt:
Steuern fuer nutzlose Ausgaben erheben und eintreiben ist Diebstahl.
Was halten Sie oder Ihre Partei von dieser Ansicht?
Mit freundlichen Gruessen,
Florian Kren
(Mit meiner Ansicht will ich nicht ausdruecken, dass es tatsaechlich nachweislich nutzlose Posten im Bundeshaushalt gibt.)
Sehr geehrter Herr Kren,
vielen Dank für Ihre Fragen nach der Höhe der Staatsquote. Eine Aussage über eine angemessene Höhe der Staatsquot lässt sich unabhängig von der wirtschaftlichten Lage nicht treffen. Die wirtschaftliche Entwicklung ist gegenwärtig von der tiefsten Rezession seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland gekennzeichnet. Eine Abnahme des realen Bruttoinlandsprodukts von rd. 6 Prozent hat es in der Höhe noch nicht gegeben. Die Bundesrepublik Deutschland wird nicht, wie ursprünglich von der großen Koalition aus Union und SPD angestrebt, eine Nettokreditaufnahme von Null im Jahr 2011 erreichen, sondern wird wegen der weltweiten Rezession eine Rekordverschuldung aufnehmen müssen. In 2010 wird eine Nettokreditaufnahme von fast 90 Mrd. Euro geplant, über die mittelfristige Fianzplanung bis 2013 ergibt sich die riesige Summe von 310 Mrd. Euro neuen Schulden allein durch den Bund. Am Ende des Finanzplanungszeitraums im Jahre 2013 beläuft sich der Schuldenstand Deutschlands auf rd. 2 Billionen Euro. Es ist deshalb völlig unglaubwürdig, wenn Union und FDP mit Steuersenkungsversprechungen in den Wahlkampf ziehen und implizit eine Politik der sinkenden Staatsquote versprechen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise wird zur Finanzierung der riesigen Staatsdefizite von Bund und Ländern keine Poltik für eine sinkende Staatsquote erlauben. Der Schuldendienst für Zins und Tilgung wird seinen Tribut von allen Steuerzahlern fordern. So gut wie alle Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in der nächsten Legislaturperiode Steuererhöhungen anstatt Steuersenkungen. Wer die jetzt im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse einhalten will, der muss den Bürgerinnen Beiträge zur Absenkung der Nettokreditaufnahme in den nächsten Jahren abverlangen. Allein durch Selbtsfinanzierungseffekte im Rahmen des nächsten Konjunkturaufschwungs sind die riesigen Lasten nicht finanzierbar.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel