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Christine Scheel
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Frage von Marco G. •

Frage an Christine Scheel von Marco G. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Scheel,

durch die momentane Finanzkrise wächst die Staatsverschuldung ja wieder ein gutes Stück. Sie werden mir sicher zustimmen, dass nicht die Schulden selbst und ihre Tilgung das Problem sind, sondern die über Jahre und Jahrzehnte zu zahlenden Zinsen und Zinseszinsen. Wie man in der Fachliteratur liest, ist dieses Geld aber nicht von den Banken weiter verliehenes Geld vom Sparkonto von Lieschen Müller sondern größtenteils (>90%) neugeschöpftes Geld (in den Computer eingetippt).

Meine Frage:
Warum bezahlt der Staat Zinsen für Geld, das bei der Schuldenaufnahme erfunden wurde (multiple Geldschöpfung) und an wen? Sicher können sie mir die drei größten privaten Geschäftsbanken nennen, die diese Seigniorage kassieren?

Das dadurch verschenkte Geld beträgt laut Wirtschaftsprofessor Huber (Uni Halle an der Saale) für Deutschland immerhin 20-40 Milliarden Euro pro Jahr. In Wahrheit ist es mehr als das Doppelte, da wir für diese Schulden bei angenommenen 3% Zinsen in den nächsten 25 Jahren ja nochmal das gleiche an Zinsen draufzahlen pro Jahr.
Warum werden diese 40-80 Milliarden Euro pro Jahr nicht zur Steuersenkung oder Schuldentilgung oder für Bedürftige oder für Bildung ... verwendet? Da Prof. Huber´s Zahlen von vor der Finanzkrise stammen, fürchte ich das meine Zahlen zu niedrig sind und noch mehr Geld verschwendet wird.

Danke im Voraus für ihre Antwort.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Gauer,

vielen Dank für Ihre Frage zur Finanzierung der Staatsverschuldung. Im Rahmen der wirtschaftlichen Rezession muss die Bundesrepublik Deutschland erheblich neue Schulden durch Bund und Länder aufnehmen und erhöht damit den gesamten Schuldenstand der Republik. Das Ziel der großen Koaliton im Jahr 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorzulegen ist durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise gescheitert. Addiert man alle geplanten neuen Schulden für 2009 von Bund, Ländern, Investitionsprogramme zur Stützung der Konjunktur zusammen kommt es zur größten Neuverschuldung seit Gründung der Repubik mit rd. 90 Mrd. Euro. Für alle aufgenommenen Schulden haben die öffentlichen Haushalte Zinsen zu bezahlen. Der Staat lässt Staatsanleihen auflegen und verkauft sie auf dem Kapitalmarkt. Geldvermögensbesitzer können diese Anleihen gegen einen garantierten Zinssatz kaufen und erhalten am Ende der Laufzeit ihrer Anleihe das eingesetzte Geldvermögen plus Zinsen zurück. Der Bundeshaushalt hat in 2008 rd. 41 Mrd. Euro für Zinsen aufwenden müssen, um seine Staatsschulden am Kapitalmarkt zu finanzieren. Mit steigendem Schuldenstand werden auch die Zinsausgaben in den nächsten Jahren kräftig zunehmen. Im Rahmen der konjunkturellen Erholung muss die Nettoneuverschuldung zurückgeführt werden. Ehrgeiziges Ziel muss dabei eine Nettoneuverschuldung von Null bleiben. Allein mit einer konsequenten Politik der Konsolidierung der Staatsfinanzen handelt man gegenüber zukünftigen Generationen gerecht. Sie müssen den vorgefundenen Schuldenstand finanzieren und abtragen. An Zinszahlungen für Staatsschulden führt kein Weg vorbei, weil private Vermögensbesitzer ihr Geld alternativ in Kapitalgesellschaften gegen Dividendenzahlung oder Unternehmensanleihen gegen Zinszahlung anlegen können. Die öffentlichen Haushalte müssen auf dem freien Kapitalmarkt mit alternativen Kapitalanlageformen konkurrieren. Da führt kein Weg vorbei. Kostenfreie Staatschulden gibt es nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Scheel