Frage an Christine Lieberknecht von Ronny S.
Sehr geehrte Frau Lieberknecht,
ich würde sehr gern von Ihnen erfahren, was Sie zur Spaltung der Ukraine meinen, wie sehen Sie die Bombardierung ukrainischer Städte, den 2.Mai in Odessa? Wie sehen sie die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland mit Thüringen? Und wie ist Ihre Meinung zu den Flüchtlingen im Irak?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse. Gerne teile ich Ihnen meine Sichtweise zur Lage in der Ukraine und den schrecklichen Ereignissen im Irak mit.
Präsident Putin hat mit der Annexion der Krim den europäischen Werten zuwider gehandelt. Bundeskanzlerin Merkel hat jüngst betont, dass es dort keine mit der Regierung in Kiew vereinbarte Volksabstimmung wie demnächst beispielsweise in Schottland gab und auch kein jahrelanges Unrecht und viele UN-Resolutionen wie etwa im Kosovo. Deshalb hat das Vorgehen Russlands auf der Krim keine internationale Organisation anerkannt. Wenn eine solche Annexion, die gegen internationales Recht verstößt, in Europa wieder zu einem Mittel der Politik würde, das widerspruchslos hingenommen würde, wäre alles in Gefahr, was uns seit mehr als einem halben Jahrhundert in Frieden und Wohlstand leben lässt. Deshalb akzeptiert auch die Bundesregierung das russische Vorgehen nicht.
Die Menschen in der Ukraine solle wie wir Ostdeutschen 1989 selbst über ihre Zukunft entscheiden können. Hätten sie sich mehrheitlich entschieden, sich enger an Russland zu binden oder der Eurasischen Union beizutreten, hätte niemand in der EU das abgelehnt. Die Verfassung, die gesamte Ausrichtung der Politik, die Eigenständigkeit, die den Regionen wie der Ostukraine zugestanden wird – das alles soll die Ukraine frei und demokratisch selbst entscheiden können.
Mir ist wichtig, dass der Konflikt nicht mit militärischen Mitteln ausgetragen wird. Nur eine politische Lösung kann dauerhaft Stabilität bringen. Dabei setze ich mich wie die Bundeskanzlerin dafür ein, konstruktiv mit Russland zusammenzuarbeiten. Deshalb darf der Gesprächsfaden mit dem russischen Präsidenten trotz der Sanktionen nicht abreißen. Mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen für Thüringen verweise ich gerne auf die Aussagen der IHK Erfurt, die deutlich gemacht hat, dass die geplanten EU-Sanktionen gegen Russland zumindest kurzfristig kaum Auswirkungen auf die Thüringer Wirtschaft haben. Zwar gibt es rund 370 Unternehmen, die Waren nach Russland ausführen, aber der Anteil am Gesamtexport beträgt nur etwa 3,3 Prozent.
Zur Lage im Irak möchte ich deutlich sagen, dass ich das menschenverachtende Vorgehen und die Gewalttaten der ISIS verurteile. Das sind einfach unfassbare Grausamkeiten. Ich begrüße deshalb, dass die Bundesregierung weitere 20 Millionen Euro für die Flüchtlingshilfe im Nordirak zur Verfügung stellt. In diesem Zusammenhang prüft die Bundesregierung außerdem die Ausstattungshilfen für die Streitkräfte, die im Nordirak zum Schutz der Menschen im Einsatz sind. Dabei werden die Grundsätze unserer Rüstungsexportpolitik berücksichtigt. Darüber hinaus teile ich die Auffassung des Bundesaußenministers Steinmeier, der deutlich gemacht hat, dass ISIS ist zu einer existentiellen Bedrohung für den Irak und den gesamten Nahen und Mittleren Osten geworden ist und angesichts der dramatischen Lage bis an die Grenzen des politisch und rechtlich Machbaren gegangen werden muss. Der Schwerpunkt des deutschen Engagements im Irak sollte weiterhin die humanitäre Unterstützung sein. Für mich ist es selbstverständlich, dass wir mehr verfolgte Flüchtlinge aus dem Irak auch bei uns aufnehmen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Christine Lieberknecht