Frage an Christine Lambrecht von Sebastian W. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Lambrecht,
ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine Anfrage beantworten würden, obwohl ich nicht in Ihrem Wahlkreis wohne (immerhin stamme ich von der Bergstraße). Deutschland hat die UN-Konvention gegen Korruption im Jahr 2003 unterzeichnet, aber noch immer nicht ratifiziert, trotz zahlreicher Absichtsbekundungen u.a. auf G8-Ebene. Auch das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarats ist seit fast 10 Jahren nicht ratifiziert. Hauptgrund ist die ausbleibende Reform des Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB). Wie setzen Sie sich persönlich und Ihre Fraktion für die baldige Reform des o.g. Strafrechtsbestands und die Ratifizierung der beiden genannten Abkommen ein? Für Ihre Antwort danke ich Ihnen im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sebastian Wolf
Vorstandsmitglied von Transparency International Deutschland e.V.
Sehr geehrter Herr Dr. Wolf,
zur Umsetzung internationaler Rechtsinstrumente zur Verhütung und Bekämpfung von Korruptionsstraftaten - unter anderem auch des VN-Übereinkommens gegen Korruption- liegt dem Deutschen Bundestag ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beratung vor. Zur vollständigen Umsetzung der Vorgaben müssen allerdings auch die Regelungen zur Abgeordnetenbestechung geändert werden. Die entsprechenden Änderungen sind in dem Entwurf nicht enthalten, weil sich die gesetzgeberische
Aktivität hierzu aus der Mitte des Parlaments entfalten soll.
Für die SPD-Bundestagsfraktion steht die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Erweiterung des Straftatbestandes der Abgeordnetenbestechung außer Zweifel. Wir wollen den Tatbestand der Abgeordnetenbestechung sowohl zur Umsetzung der internationalen Vorgaben als auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ausdehnen.
Nach dem geltenden Recht sind die Bestechlichkeit und Bestechung von Volksvertretern nur in den Formen des Stimmenkaufs und -verkaufs bei Abstimmungen als Abgeordnetenbestechung nach § 108e Strafgesetzbuch (StGB) und der Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem geschäftlichen Verkehr nach Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung strafbar. Die auf der Ebene des Europarats und der Vereinten Nationen entstanden Konventionen (Strafrechtsübereinkommen des Europarats über Korruption vom 27.1.1999 und das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption vom 31.10.2003) enthalten Vorgaben zu einer weiteren Erfassung von Korruptionstaten von und gegenüber Abgeordneten und führen daher zu einem Umsetzungsbedarf im deutschen Strafrecht.
Umsetzungsbedarf besteht außerdem aufgrund der BGH-Rechtsprechung (Wuppertaler Korruptionsskandal und Kölner Müllskandal), da bei Korruptionshandlungen von und gegenüber kommunalen Mandatsträgern eine erhebliche Lücke besteht. Der BGH entschied im sog. "Wuppertaler Korruptionsskandal", dass kommunale Mandatsträger keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs.1 Nr.2 StGB sind, soweit sie nicht mit konkreten Verwaltungsaufgaben betraut sind.
In der letzten Wahlperiode hatte die rot--grüne Koalition bereits einen ersten Anlauf unternommen, das bislang straflose Annehmen, Sichversprechenlassen oder Fordern von Vorteilen für Mandatshandlungen unter Strafe zu stellen. Durch die vorgezogene Neuwahl kam es jedoch nicht zum Abschluss. Die Fortsetzung der Beratungen mit der auf diesem Gebiet eher zögerlichen CDU/CSU sind jedoch sehr schwierig. Bislang
konnten wir leider noch keine Einigung mit unserem Koalitionspartner erzielen.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Lambrecht
MdB