Frage an Christine Lambrecht von Dr. Arndt B. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Lambrecht,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben vom Dezember letzten Jahres und Ihr Angebot, mich über die politische Diskussion zum Unterhalts- und Sorgerecht auf dem Laufenden zu halten.
Nach der heutigen Pressemeldung über die Koalitionseinigung zum Unterhaltsrecht kann ich nicht mehr erkennen, was genau die Reform an der Reform ist, ich hab’ mehr Fragen als je zuvor.
Kinder sollen besser gestellt werden durch die Vorrangstellung, faktisch werden sie schlechter gestellt aufgrund steuerlicher Effekte. Ihre Kollegin Granold ist der Meinung (nachzulesen auf der Homepage der CDU/CSU-Fraktion), man solle die vom Verfassungsgericht eingeforderte Harmonisierung von Unterhalts-, Sozial- und Steuerrecht dennoch verschieben. Sind Sie derselben Meinung?
Warum wird nicht flankierend das Steuerrecht so geändert, dass Kindesunterhalt mit im Realsplitting berücksichtigt wird, wodurch nicht nur dieser steuerliche Effekt beseitigt wäre, sondern insgesamt mehr Gerechtigkeit in der Familienbesteuerung hergestellt würde?
Im Gesetzentwurf steht, diese Harmonisierung werde bereits dadurch erreicht, dass Kindesunterhalt an den Kinderfreibetrag gekoppelt werde, was zu Normenklarheit führe. Welche Norm genau liegt der Formel KU = 2*Kinderfreibetrag*Altersfaktor zugrunde?
Zweitfamilien bekommen durch den Sieg der konservativen Kräfte jetzt doch keine Chance. Wo soll Ihrer Meinung nach die angestrebte Erhöhung der Geburtenzahlen herkommen?
Durch die Unterhaltsreform bekommen nichtverheiratete Väter mehr Pflichten. Rechte bekommen sie weiterhin keine. Warten Sie immer noch auf die vom BMJ angekündigten Auswertungen zum Thema §1626a? Wie lange werden Sie warten? Reichen die Auswertungen, die ich Ihnen vorgelegt hatte, nicht aus, um den Handlungsbedarf bezüglich §1626a aus dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes abzuleiten?
Vielen Dank im voraus für Antworten auf einige meiner Fragen!
Sehr geehrter Herr Brenschede,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Unterhalts- und Sorgerecht vom 22. März 2007.
Auch ich stehe dem zur Unterhaltsreform von der Regierungskoalition und der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries getroffenen Kompromiss sehr kritisch gegenüber. Danach stehen zwar alle Kinder im ersten Rang, unverheiratete Mütter, die ihre Kinder allein erziehen, gehen aber in der Regel leer aus. Entgegen dem ursprünglichen Gesetzesentwurf (BT-Drs. 16/1830) stehen sie nicht wie die verheirateten Mütter im zweiten Rang, sondern es wurde für sie ein dritter Rang neu geschaffen. Die Gleichstellung aller Mütter, die Kinder erziehen, war aber das Kernstück der Unterhaltsreform, die bereits im April letzten Jahres vom Kabinett beschlossen wurde. Dies halte ich auch nach wie vor für richtig, da die Kinder keinen Einfluss auf den Familienstand ihrer Eltern haben. Besonders kritisch sehe ich auch, dass selbst kinderlose Ehefrauen nach dem Kompromiss allein auf Grund des Trauscheins besser gestellt werden als allein erziehende Mütter.
Außerdem soll durch die Reform der Mindestbedarf eines Kindes gesetzlich festgeschrieben werden. Nach der geplanten Neuerung im Unterhaltsrecht tritt an die Stelle des Regelbetrags für den Unterhalt, der bislang noch nach der Regelbetrags-Verordnung berechnet wird, der Mindestunterhalt. Der Mindestunterhalt für ein Kind soll sich nach dem im Steuerrecht geregelten existenznotwendigen Bedarf von Kindern richten, der steuerlich verschont bleibt. Dieses Existenzminimum wird von der Bundesregierung alle zwei Jahre ermittelt und dadurch aktualisiert. Auf dieser Grundlage gewährt das Steuerrecht den Eltern den Kinderfreibetrag zur Sicherung des sächlichen Existenzminimums. Da der Kinderfreibetrag beiden Elternteilen zukommt, wird der Mindestunterhalt als doppelter Freibetrag festgesetzt. Beide Kinderfreibeträge bilden das sächliche Existenzminimum eines Kindes. Monatlich handelt es sich um den zwölften Teil, da der Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht als Jahresfreibetrag ausgewiesen ist. Dabei sind nach der geplanten Regelung drei verschiedenen Alterstufen vorgesehen, wonach der genaue Mindestunterhalt zu berechnen ist (0-6 Jahre, 7-11 Jahre und ab 13 Jahre). Ich weise aber darauf hin, dass es sich bei dem Mindestunterhalt um das reine Existenzminimum für ein Kind handelt. Dieser soll anstatt der komplizierten Berechnung des Unterhalts nach der Regelbetrags-Verordnung gesetzlich festgesetzt werden.
Die von Ihnen vorgeschlagene Berücksichtigung des Kindesunterhalts im Realsplitting ist leider unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung problematisch. Dies würde zu einer Besserstellung von Barunterhaltspflichtigen gegenüber Familien, die Naturalunterhalt leisten, führen. Bei der verfassungsgerichtlich eingeforderten Harmonisierung des Unterhalts- Steuer- und Sozialrechts sind die Auswirkungen sorgfältig zu prüfen.
Zum Thema Sorgerechtsregelung (§ 1626a BGB) für nicht verheiratete Eltern habe ich mich an das BMJ gewandt und um eine Stellungnahme zum aktuellen Stand gebeten.
Gern halte ich Sie auch weiterhin über die politische Diskussion zu den Themen Unterhalts- und Sorgerecht auf dem Laufenden.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Lambrecht, MdB