Frage an Christine Lambrecht von Frank K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Lambrecht,
"Wir brauchen fairen Handel. Nur mit der Verankerung von ökologisch-sozialen Standards in weltweiten Lieferketten [...] schaffen wir langfristig Gerechtigkeit und Chancenausgleich. [...] Die weltweiten Märkte brauchen Regeln. Ein Markt ohne Regeln führt zu Ausbeutung von Mensch und Natur."
So der deutsche Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller in einer Rede im Mai vor dem Bundestag. Teilen Sie diese Einschätzungen im Grundsatz und wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie / Ihre Partei in dieser Hinsicht?
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr K.,
generell will die SPD faire und nicht nur freie Handelsabkommen. Dazu wollen wir international anerkannte Standards in Handelsverträgen der EU sanktionierbar festschreiben. Insoweit hat die SPD-Bundestagsfraktion im Mai 2015 bereits im Vorfeld der Verhandlungen zur 2030-Agenda der UN folgenden Beschluss gefasst: „In allen Handels-, Investitions- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und im Allgemeinen Präferenzsystem der EU sind deshalb Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren.“ Und „Um die Einhaltung menschenrechtlicher, ökologischer und sozialer Mindeststandards kontrollieren und Verstöße sanktionieren zu können, wollen wir die Transparenz in der gesamten Produktions- und Lieferkette verbessern.“ An der Durchsetzung unserer Forderungen arbeiten wir intensiv und halten daran, trotz zum Teil gewaltigen Widerstandes der Industrie und konservativer Politik, weiterhin fest. Weiter wollen wir mit Investitionen in die Infrastruktur den ländlichen Raum in Entwicklungsländern strukturell stärken und lokale Märkte vor Dumpingimporten schützen. Der Aufbau von lokalen Wertschöpfungsketten muss ein Schwerpunkt der ländlichen Entwicklung sein. Zudem wollen wir gegen landgrabbing und die zunehmende Monopolisierung des Saatguthandels durch wenige Agro-Business-Konzerne vorgehen. Die von uns von Anfang an sehr kritisch gesehenen „Grünen Zentren“ des CSU-Ministers Müllers in Afrika haben Kleinbauern und Kleinbäuerinnen nicht gestärkt, haben indigenes Wissen verdrängt und neue Abhängigkeiten zu Saatgut- und Düngerlieferanten geschaffen. Dies werden wir ändern. Wir wollen keine neuen Abhängigkeiten schaffen, sondern aufbauend auf vorhandenem lokalem Wissen Erträge sichern und ausbauen. Die lokale Wirtschaft könnte in vielen Ländern des globalen Südens bereits heute durch Ein- und Ausfuhrzölle besser geschützt werden. Doch wird von diesen Mitteln von den nationalen Regierungen bisher aus unterschiedlichsten, auch egoistischen Gründen, nicht Gebrauch gemacht. Dies entbindet aber nicht davon, in Zukunft zu verhindern, dass subventioniert hergestellte Agrarprodukte der EU z.B. den Markt afrikanischer Länder erreichen und günstiger angeboten werden können als das gleiche Produkt aus lokaler Herstellung. Angesichts der Tatsache, dass rund 40 Prozent des EU-Haushalts für Agrarsubventionen verwendet werden, wird schnell deutlich, dass hier dicke Bretter zu bohren sind. Dies hält uns aber nicht von unserem Ziel ab, die Märkte Afrikas vor unfairem Wettbewerb zu schützen. Dies wollen wir aber in Zusammenarbeit mit den Marktteilnehmern vor Ort durchführen, denn nur so hat es Aussicht auf eine nachhaltige Wirksamkeit.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Lambrecht, MdB