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Christine Lambrecht
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Frage von Carlo W. •

Frage an Christine Lambrecht von Carlo W. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Lambrecht,

da zur Zeit viel über die Vorratsdatenspeicherung geredet wird, würde ich gerne von Ihnen wissen wie Sie dazu stehen und weshalb? Und vor allem wie stehen Sie zu Ihrem SPD Kollegen Heiko Maas? Ich meine seine eigene Meinung innerhalb von vier Wochen zu ändern klingt sehr nach dem Fähnchen Im Winde.

Ich persönlich kann aus meiner Sicht nur sagen, das ich als junger Aktiver Wähler mich sehr veräppelt vorkomme. Und die neuesten Nachrichten zeigen ja dass, Informationen vom BND oder anderen Öffentlichen Einrichtungen, oftmals nicht an die Öffentlichkeit bzw. betreffende Wirtschaftliche Zweige gehen. Dies verärgert mich wirklich sehr und ich muss mich selbst und Sie fragen warum ich weiterhin Wählen gehen soll? Die Abgeordneten drehen sich wirklich wie Sie es gerne hätten. Davon abgesehen dass jede nicht abgegebene Stimme eine Stimme für die Rechte seit in diesem Volk ist.

Mit freundlichen Grüßen

Carlo Waldmann

Portrait von Christine Lambrecht
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Waldmann,

vielen Dank für Ihre E-Mail vom 28.04.2015.

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass ich mich selber schon beim SPD-Bundesparteitag vom 06.12.2011, wo die Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung damals sehr knapp ausging, für die Vorratsdatenspeicherung in sehr engen Grenzen ausgesprochen habe.

Nachdem der EuGH die damals zugrundeliegende EU-Richtlinie für nichtig erklärt hatte, hat Bundesjustizminister Heiko Maas am 27. Mai 2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten beschlossen.

Eine Speicherung von Verbindungsdaten (keine Inhalte!) erfolgt allerdings schon heute durch private Telekommunikationsanbieter. Daher brauchen wir jetzt Regeln, wie lange solche Daten gespeichert werden und wann der Staat hierauf Zugriff hat. Nach dem von Bundesjustizminister Maas vorgelegtem Gesetz ist dies u.a. nur unter Richtervorbehalt und zur konkreten Strafverfolgung von schwersten Straftaten möglich.

Oberste Richtschnur aller Regelungen sind für uns die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Der Gesetzentwurf ist viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie. So werden weniger Daten gespeichert und E-Mail-Daten sind ausgenommen. Es wird sehr viel kürzer gespeichert; die alte EU-Richtlinie sah eine Speicherung bis zu zwei Jahren vor. Die Voraussetzungen für den Zugriff auf die Daten sind strenger; der Kreis der Taten, für deren Aufklärung die Daten genutzt werden dürfen, ist enger.

Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.

Nicht gespeichert wird der Inhalt von Telefongesprächen, welche Internetseiten aufgerufen
wurden oder der Versand und Inhalt von E-Mails. Die Daten werden grundsätzlich zehn Wochen gespeichert; die besonders sensiblen Standortdaten lediglich vier Wochen. Nach Ablauf der Fristen müssen die Daten binnen einer Woche gelöscht werden. Für die Speicherung gelten hohe Sicherheitsanforderungen. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Geldbußen von 100.000 bis 500.000 Euro.

Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.

Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.

Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert wer-den. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.

Der Gesetzentwurf enthält zudem eine datenschutzrechtliche Verbesserung zur geltenden Rechtslage: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein TK-Anbieter die Daten über den verpflichtend vor-gegebenen Zeitraum auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 bzw. 4 Wochen untersagt.

Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei. Wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt wurde, fallen journalistische Tätigkeiten nicht unter den Tatbestand.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Lambrecht, MdB