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Christine Lambrecht
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Frage von Petra S. •

Frage an Christine Lambrecht von Petra S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Lambrecht,
endlich sind die Verträge unterschrieben, die Tinte noch nicht trocken, da bitte ich Sie als unsere Vertreterin sich um die Themen der Bürgerrechte - gerade der Bürgerrechte europaweit einzusetzen.
Worum geht es?

Heute am Montag verhandeln EU-Vertreter mit der US-Regierung über das TTIP-Freihandels-Abkommen. Durchgesickerte Papiere zeigen, dass die Unterhändler die größten Wünsche der Konzerne erfüllen wollen: gechlorte Hühner, Hormonfleisch, Fracking, Gentechnik, laxer Datenschutz und eine privatisierte Wasserversorgung sollen in Europa einziehen.

Auf demokratischem Weg wäre das nie möglich. Nun soll es ein Vertrag richten, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt wird. Ich habe gerade einen Appell unterschrieben, um die Verhandlungen zu stoppen, doch dies ist nicht das einzige was ich tun kann.

Ich möchte Sie bitten, mir auf diese Behauptungen zu antworten, was, bis wann die jetzige Regierung dagegen etwas unternimmt und wie es sein kann, dass innerhalb der EU nicht mal EU-Parlamentarier zu den Verhandlungen einsehbare Papiere bekommen. (Na ja, nicht nur die vorbereiteten der Lobbiisten). Zum Thema digitalte Bürgerrechte werde ich demnächst ein neues Thema anschneiden, doch nur soviel: Was passiert, wenn in einer Klausel steht, dass europäisches Recht dann ausgehebelt werden kann, wenn es zum Schaden der Handelsbeziehungen ist. Da könnte doch flux eine Türe für Google, Fb geöffnet werden, die sich so nicht mehr schließen lässt.

Mit freundlichem Gruß
Petra Schaberger

Viele Fragen und ich erhoffe mir

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schaberger,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie Sich kritisch zu den Verhandlungen für ein Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP-Abkommen) äußern.

Internationale Handelsabkommen haben für uns als SPD immer eine hohe Priorität gehabt. Die Globalisierung braucht international anerkannte und durch internationales Recht durchsetzbare Regeln. Das ist nicht zuletzt auch eine Lehre der Finanz- und Wirtschaftskrise. Gerade auch in früherer Regierungsverantwortung haben wir vielfältige Anstrengungen unternommen, neue internationale Standards zu entwickeln und mit unseren Partnern zu mehr Rechtssicherheit zu kommen. Daher ist das TTIP-Abkommen wichtig: Es ist eine sehr gute Chance, gemeinsam globale Standards zu definieren, die sich an europäischen Werten und Normen orientieren.

Die TTIP-Verhandlungen werden auf der Grundlage des Endberichtes der beim EU-US-Gipfeltreffen im November 2011 gegründeten hochrangigen Arbeitsgruppe für Arbeitsplätze und Wachstum und nach Maßgabe des vom EU-Handelsministerrat erteilten Verhandlungsmandates durch die Kommission geführt. Die Bundesregierung ist über den handelspolitischen Ausschuss beteiligt, in dem die Kommission vor und nach jeder Verhandlungsrunde detailliert Bericht erstattet. Seit Erteilung des Verhandlungsmandates im Juni 2013 wurden in sechs Verhandlungsrunden sowohl in Washington als auch in Brüssel alle Verhandlungsthemen besprochen.

Als SPD-Bundestagsfraktion sind wir grundsätzlich für die Verhandlungen. Das Abkommen bietet angesichts der gerade erst überstandenen Wirtschafts- und Finanzkrise und der hohen Arbeitslosigkeit in einigen EU-Mitgliedsstaaten Chancen für die europäische und US-amerikanische Wirtschaft. Ein einfacher Marktzugang, der Abbau von Zöllen und die Harmonisierung industrieller Normen würden nicht nur den Unternehmen helfen, Kosten einzusparen, sondern sie könnten auch zu Preisvorteilen für Verbraucher führen. Viele deutsche Unternehmen erhoffen sich zudem ganz konkrete Verbesserungen und Vereinfachungen zum Absatz ihrer Produkte im weltgrößten Absatzmarkt, den USA. Qualitativ hochwertige Arbeitsplätze können so gesichert und auf beiden Seiten des Atlantiks neu geschaffen werden.

Doch sprechen wir uns selbstverständlich dafür aus, das geplante transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (TTIP) konsequent an bestehenden Standards auszurichten. Die Verhandlungen dürfen die Errungenschaften der EU im Bereich der Sozial-, Arbeits-, Umwelt-, Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsstandards nicht in Frage stellen. Im Gegenteil: Das hohe Schutzniveau für Verbraucher, Umwelt und Arbeit muss erhalten bleiben. Dasselbe gilt für das europäische Niveau von Verbraucherrechten und Datenschutzstandards. In dem „acquis communautaire“ der EU sind alle Rechte und Pflichten, die für alle Mitgliedstaaten der EU verbindlich sind, geregelt. Darin enthalten sind ebenso hohe Bestimmungen zur Produktsicherheit wie auch die des Arbeitsschutzes und die Standards der „International Labor Organisation“ (ILO). Gerade auch die Berücksichtigung der ILO-Kernarbeitsnormen bei europäischen Handelsabkommen haben wir im Koalitionsvertrag verankert, denn Freihandel darf nicht zum Einfallstor für Lohn- und Sozialdumping werden. Die ILO stellt soziale Gerechtigkeit sowie Menschen- und Arbeitsrechte sicher. Die Beibehaltung dieser Standards ist im Verhandlungsmandat ausdrücklich vorgesehen. Uns ist wichtig, dass das auch während der ganzen Verhandlungen – und im Ergebnis – so bleibt.

Zudem treten wir konsequent für die Einbeziehung der Anliegen von Gewerkschaften, Zivilgesellschaft, Wirtschaftsverbänden und Forschungseinrichtungen! Ihre Einbeziehung ist für einen erfolgreichen Abschluss der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft außerordentlich wichtig. Denn TTIP ist ein Projekt, welches der breiten Bevölkerung und den Unternehmen auf beiden Seiten des Atlantiks zugute kommen soll. Sowohl die EU-Kommission als auch die EU-Mitgliedstaaten stehen daher in engem Kontakt mit den unterschiedlichen Interessensvertretern und informieren regelmäßig über den Fortgang der Verhandlungen. Wir setzen uns dafür ein, dass auch die amerikanische Seite der Veröffentlichung ihrer Dokumente für die EU-Mitgliedsstaaten zustimmt.

TTIP ist längst in der öffentlichen Debatte angekommen. In der jetzigen Phase sind vor allem kritische Stimmen zu vernehmen. Die Sozialdemokratie setzt sich für größtmögliche Transparenz auch über sensible Verhandlungspunkte wie dem Investorenschutz ein. Klar ist, dass noch offener auf die insbesondere von den Gewerkschaften geäußerten Anliegen eingegangen werden muss. Denn gerade Arbeitnehmerrechte müssen gesichert bleiben. Wir wollen neue Diskussionsforen mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft schaffen, die unvoreingenommen jeden Kritikpunkt prüfen, falsche Behauptungen über TTIP aufklären, tatsächlich strittige Fragen identifizieren und die Verhandlungen konstruktiv begleiten.

Zudem begrüßen wir die öffentliche Konsultation zum Thema Investitionsschutz – wir hatten vor den Gefahren in einem Brief an EU-Handelskommissar de Gucht im September 2013 gewarnt.

Die EU-Kommission hat zum Bereich des Investitionsschutzes eine 3-monatige öffentliche Konsultation zur Klärung des Vorgehens zum Thema Investitionsschutz in den Verhandlungen mit den USA über ein transatlantisches Freihandelsabkommens (TTIP) abgehalten. Diese Konsultation ist inzwischen beendet. Derzeit werten die EU-Kommission die eingegangenen Stellungnahmen aus. Es ist damit zu rechnen, dass sie im November auf die EU-Mitgliedstaaten zugeht, um gemeinsam mit ihnen die EU-Verhandlungsposition zu diesem Thema festzulegen. Dieser Prozess sollte genutzt werden, um ein Modell zu entwickeln, damit künftige EU-Abkommen zum Investitionsschutz transparenter sind und klarer definieren, wie weit der Investitionsschutz reichen darf, ohne die politische Gestaltung demokratisch gewählter Regierungen einzuschränken.

Wir werden als Sozialdemokraten innerhalb der Bundesregierung Zielkriterien für ein gelungenes Transatlantisches Freihandelsabkommen entwickeln. Das wir für unser weiteres Vorgehen gelten. Wir begleiten die Verhandlungen aktiv, um Arbeitnehmerrechte, Verbraucherschutz, ökologische Nachhaltigkeit und öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern und zugleich unnötige Handelsbarrieren sowie kostspielige bürokratische Verfahren abzubauen. Sachfremden Zeitdruck akzeptieren wir dabei nicht. Ein erfolgreiches Abkommen kann wichtige Standards für die beiden weltweit größten Handelsräume sichern und damit weltweit Maßstäbe setzen. Das ist unser politisches Ziel.

Mit freundlichen Grüßen
Christine Lambrecht, MdB