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Christine Lambrecht
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Frage von Gabriele H. •

Frage an Christine Lambrecht von Gabriele H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Lambrecht,

ich bin langzeitarbeitslos und beziehe ALGII. Da im Kreis Bergstraße die
Mietobergrenzen offenbar völlig willkürlich festgesetzt sind und für
diese Beträge keine Wohnungen zu finden sind, ist man gezwungen, auf
irgendeine Weise Geld zu verdienen, um ein halbwegs menschenwürdiges Leben führen zu können. Ich bin fast 60 Jahre alt und finde trotz intensiver Suche nicht mal einen 450-Euro-Job. Daher habe ich vor ein paar Monaten an einer Inventur (kurzzeitige Beschäftigung) teilgenommen und mußte dann feststellen, dass zwar Schüler, Stundenten, Rentner und Hausfrauen den vereinbarten Lohn netto ausgezahlt bekamen, mir aber Steuer und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen wurden, ich also für ungefähr 4 Euro netto die Stunde Knochenarbeit geleistet habe und die Fahrtkosten auch noch selbst tragen musste.

Meine Frage an Sie ist: Können Sie mir bitte erklären, warum Arbeitslose
in solchen Fällen von ihrem Lohn Abzüge haben und ob Sie vorhaben, diese
Ungerechtigkeit zu beseitigen?

Ich danke schon im voraus für eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hieber

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Hieber,

vielen Dank für ihre Anfrage. Grundsätzlich fallen für eine kurzfristige Beschäftigung keine Sozialabgaben an. Eine Ausnahme sieht das Gesetz für den Fall vor, dass diese Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird. Berufsmäßig wird eine Beschäftigung unter anderem dann ausgeübt, wenn sie nicht von sogenannter „untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung“ ist. Das heißt, sie darf nicht allein für die Sicherung des Lebensunterhalts bzw. -standards bestimmend sein. Unter anderem sind Personen, die beschäftigungslos und bei der Arbeitsagentur für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als Arbeitsuchende gemeldet sind, als berufsmäßig beschäftigt anzusehen. Sie sind unabhängig von der Dauer der Beschäftigung versicherungspflichtig, es sei denn, die Arbeitsentgeltgrenze von 450 Euro im Monat (anteilig je nach Dauer der Beschäftigung = 15€/Tag) wird nicht überschritten. Bei Schülern, Studenten, Rentnern und Hausfrauen wird eine berufsmäßige Beschäftigung nicht angenommen, weswegen hier keine Sozialversicherungspflicht besteht.

Das Einkommen aus einer kurzfristigen Beschäftigung ist grundsätzlich zu besteuern, es sei denn, das Einkommen ist so gering, das es unter dem Betrag liegt, ab dem Einkommensteuer zu entrichten ist. Einkünfte müssen im Jahr 2013 erst versteuern werden, wenn sie höher als 8.130 Euro sind. Wer nur Arbeitslosengeld II bezieht, ist im Normalfall von der Einkommenssteuer befreit. Viele ALG-II-Empfänger nehmen jedoch einen Nebenjob auf, um ihre monatlichen Leistungen aufzustocken. Der Arbeitgeber muss dann in bestimmten Fällen, wie wohl auch in Ihrem, die Lohnsteuer zunächst einbehalten. Nichts desto trotz können Sie sich die einbehaltenen Steuern im Lohnsteuerjahresausgleich vom Finanzamt zurückholen, solange Sie – wovon ich Ihren Schilderungen nach ausgehe – den Steuerfreibetrag nicht überschreiten.

In Ihren Augen stellt die unterschiedliche Behandlung von Schülern, Studenten, Rentnern, Hausfrauen auf der einen Seite und ALG-II-Beziehern auf der anderen Seite eine „Ungerechtigkeit“ dar. Das kann ich soweit nachvollziehen. Ich möchte allerdings zu bedenken geben, dass auch die Lebenssachverhalte zwischen beispielsweise einem Schüler/Studenten und einem ALG-II-Bezieher ganz unterschiedlich sind. Daher auch die unterschiedlichen sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Behandlungen. Ich erlaube mir jedoch, Ihr Anliegen an die dafür zuständigen Arbeitsgruppen in der Fraktion weiterzuleiten, damit dies in die Überlegungen zur Arbeit in der nächsten Wahlperiode einfließen kann. Die SPD und auch ich persönlich möchten allerdings vielmehr das Ihrem Fall zu Grunde liegende Problem lösen: Die Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung stellen besondere Herausforderungen an alters- und alternsgerechtes Arbeiten in der Zukunft. Wir brauchen die Kreativität älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit einer Kombination aus ihren Erfahrungen und aktuellem Wissen ein wertvolles Potenzial darstellen. Unser Ziel ist es, die Erwerbsbeteiligung zu erhöhen. Wir werden dazu die Möglichkeiten zur Berufstätigkeit beispielsweise für Ältere und Langzeitarbeitslose erweitern durch die Fortführung des Eingliederungszuschusses für Ältere und die Rücknahme der Kürzungen bei den Qualifizierungskosten für Arbeitssuchende.

Mit freundlichen Grüßen,

Christine Lambrecht