Frage an Christine Böhm von Joseph W. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Böhm,
was verstehen Sie unter guter Familienpolitik?
Was muss sich ändern, damit wieder eine Lust auf Kinder entsteht?
Was konkret soll geschen, um die finanzielle Benachteligung von Familien mit Kindern zu reduzieren?
Halten Sie es für richtig, dass eine Familie mit mehreren Kindern in Ba-Wü nur existieren kann, wenn beide Elternteile arbeiten gehen?
Ist es aus Ihrer Sicht wirklich richtig, dass Tagesbetreuungsangebote für Kleinkinder die Geburtenrate ansteigen lassen? Wozu soll ich Kinder bekommen, wenn ich sie kaum sehen kann?
MfG Weltermann
Sehr geehrter Herr Weltermann,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu Familienpolitik.
Zunächst möchte ich gerne auf Ihre letzte Frage eingehen, die seltsamerweise meist nur im Bezug auf die Berufstätigkeit der Mütter gestellt wird. Millionen von vollzeit-beschäftigten Männern müssten Ihnen statt dessen beantworten können, warum sie sich trotz Berufstätigkeit für Familie und Kinder entschieden haben und ohne große gesellschaftliche Kritik auch dafür entscheiden konnten. Bei normaler Arbeitsbelastung und einem ausreichenden Angebot an qualitativ hochwertigen Teilzeit-Arbeitsplätzen für Frauen und Männer gleichermaßen sollte genügend Zeit für ein aktives Familienleben bleiben. Hier sind ganz klar die Arbeitgeber gefordert.
Wie diese Familien-Zeit dann aber genutzt wird, ob vor dem Fernseher/ Computer oder mit gemeinsamen Unternehmungen, kann allerdings nicht durch Politik geregelt werden, sondern bleibt eine private Entscheidung, die erfahrungsgemäß nicht immer zugunsten der Kinder ausfällt.
Zum Thema Kinderbetreuung darf ich kurz aus eigener Erfahrung sprechen, denn ich bin vor ca. 13 Jahren mit zwei kleinen Kindern und ohne babysittende Großeltern oder sonstige Verwandte im Gepäck hier in den NOK gezogen. Angesichts der fehlenden Kinderbetreuungsangebote war für mich - trotz guter Ausbildung und erfolgreicher beruflicher Vorgeschichte - ein Wiedereinstieg in den Beruf jahrelang nicht möglich. Gute Familienpolitik stellt Frauen wie Männer nicht vor die Entscheidung Familie oder Beruf, sondern bringt - wenn gewünscht - beides unter einen Hut!
Insbesondere für gut ausgebildete Frauen kann gute und verlässliche Kinderbetreuung ein entscheidendes Argument für die Familiengründung sein. Wichtig ist dabei selbstverständlich eine nachvollziehbar gute Qualität der angebotenen Betreuung durch entsprechend ausgebildete Fachkräfte.
Ihre Feststellung, dass Familien in Ba-Wü nur unter der Bedingung zweier Einkommen existieren können, halte ich so nicht für richtig. Sicherlich gibt es hier auch aufgrund der unterschiedlichen Lebenshaltungskosten ein Stadt-Land-Gefälle, das berücksichtigt werden muss. Berufstätigkeit beider Elternteile spielt jedoch nicht nur beim Familieneinkommen eine wichtige Rolle, sondern auch für die wirtschaftliche Gesamtsituation des Landes. Während auf der einen Seite die Wirtschaft z.T. händeringend nach gut ausgebildeten Fachkräften sucht, sitzen diese Frauen zu Hause und können damit weder ihrer Ausbildung noch der wirtschaftlichen Lage gerecht werden. Es ist erwiesen, dass Länder mit einem hohen Anteil an berufstätigen Frauen auch wirtschaftlich gut aufgestellt und erfolgreich sind.
Gute Familienpolitik erschöpft sich also nicht nur in der Auszahlung von Kinder- und Erziehungsgeld, sondern greift vielschichtig die Notwendigkeiten von Betreuung und Bildung nicht nur von Seiten der Kinder, sondern auch der Eltern auf. Und genau das macht gute Grüne Familienpolitik aus.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Böhm