Frage an Christine Böhm von D. W. bezüglich Verkehr
Hallo Fr. Böhme,
im Programm der Grünen ist die Rede davon, dass Ihre Partei den Fahrrad-Anteil am Verkehr im Land verdoppeln will. Dazu soll das Radwegenetz ausgebaut werden und eine einheitliche Beschilderung eingeführt werden. Ich persönlich nutze gerne die touristischen Überlandradwege zum Radwandern. Eine einheitliche Beschilderung im Sinne von Wegweisern würde ich sehr begrüßen, gerade bei der Durchfahrt von Städten wie Mosbach kommt man leicht vom Weg ab.
Jedoch bin ich auch Alltagsradler und habe die Erfahrung gemacht, dass Radwege in geschlossenen Ortschaften, insbesondere in Städten alles andere als ein Vergnügen sind. Zahlreiche Hindernisse und die Tatsache, dass diese von Autofahrern als Parkplätze und von Fußgängern als Fußwege missbraucht werden, machen das Fahren dort wesentlich riskanter als das Fahren auf der Fahrbahn, was auch durch Unfallstatisken bestätigt wird. (Insofern bin ich ganz froh darüber, dass die Anzahl der Radwege innerhalb der Ortschaften des ländlichen Neckar-Odenwald-Kreises in einem überschaubaren Rahmen liegt.)
Hinzu kommt, dass rechtliche Vorschriften beim Bau von Radwegen (bzw. deren Benutzungspflicht) häufig von den kommunalen Behörden vor Ort ignoriert werden. Autofahrer, Fußgänger und leider auch die Radfahrer selbst, kennen oftmals nicht einmal genau die Rechte und Pflichten beim Radfahren. Aufklärung und Maßnahmen zum gegenseitigen Verständnis der Verkehrsteilnehmer tun hier Not.
Ich würde daher gerne konkretes zu Ihrem Radverkehrsplan hören, z. B. inwiefern Sie beim Thema Radwege differenzieren. Ebenso interessiert mich, wie Sie für verbesserte Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im ÖPNV sorgen werden. Die Mitnahmemöglichkeit in der S-Bahn, sowie auf der Zugstrecke von Seckach nach Miltenberg ist bereits vorbildhaft. Problematisch wird es bei der Mitnahme in Bussen.
Das Ziel, den Radverkehr zu verdoppeln, kann meiner Meinung nach nicht ausschließlich durch blinde Bauwut von Radwegen erreicht werden.
Sehr geehrter Herr / Sehr geehrte Frau Weber,
vielen Dank für Ihr Interesse.
Fahrradfahren ist - im Alltag auf innerstädtischen Kurzstrecken und auch als "sanfter Tourismus" in der Freizeit - eine wichtige Alternative zum Autoverkehr. Wir entlasten damit nicht nur unsere Straßen und vermindern den schädlichen CO2-Ausstoß, sondern unterstützen mit der täglichen Bewegung auch unsere Gesundheit. Den Fahrradanteil im Verkehrsaufkommen erheblich zu vergrößern, liegt also im allgemeinen Interesse.
Unbestritten richtig ist Ihre Einschätzung, dass ein verstärkter Radwegebau nur ein Stein im Mosaik des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sein kann. Ich freue mich, dass wir uns in unserer Forderung nach einer einheitlichen Radwege-Beschilderung einig sind. Ebenso wie Sie bin auch ich nicht nur Freizeit-, sondern auch Alltagsradlerin. Allerdings nicht nur alleine, sondern sehr oft in Begleitung von Kindern. Diese haben zwar eigentlich das Recht, aus Sicherheitsgründen auf dem Bürgersteig zu fahren, doch die üblichen hohen Bordsteine und volle bzw. vollgestellte Gehwege führen diesen Anspruch großteils ad absurdum und sind eher Grundlage für kleinere Unfälle.
Radwege dagegen, insbesondere solche, die als separate, etwa durch Grünstreifen abgetrennte Spuren geführt werden, bieten hier alleine durch ihre abgeflachten Auf- und Abfahrten eine viel größere Sicherheit. Derartige Radwege zu bauen und auszubauen, muss unser Ziel sein. Auch wenn Radwege, wie Sie sehr richtig anmerken, leider des Öfteren von gedankenloseren MitbürgerInnen als Parkplatz oder Abstellfläche missbraucht werden, sollten wir dies nicht als Verhinderungsgrund akzeptieren. Niemand käme auf die Idee, Straßen deswegen nicht zu bauen, nur weil es dort Falschparker geben könnte!
Vorbildliche Radwegenetze wie in Erlangen oder Münster, aber auch in zahlreichen anderen Städten zeigen, dass ein intelligentes und umfassendes Radwegekonzept Fahrradverkehr nicht nur fördert, sondern auch regelt. Uns Grünen aber in diesem Zusammenhang "blinde Bauwut" bei Radwegen zu unterstellen, geht an der Realität vorbei.
Wir haben beide Augen weit offen mit dem Blick auf umfassende ökologische Verkehrskonzepte statt auf oberflächliches Flickwerk mit einem Radweg hier und einer Fahrbahnmarkierung dort. Verkehrspläne werden hauptsächlich von Kommunen erstellt und umgesetzt, dort setzen wir an und engagieren uns differenziert nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten.
Was die Mitnahme von Fahrrädern in Bahnen und Bussen angeht, so werden die Tarife und Regeln hier nicht von PolitikerInnen, sondern von Verkehrsverbünden gestaltet. Aber auch hier setzen wir Grünen uns vor Ort ein und sind immer wieder im Gespräch mit den Verantwortlichen, um die Rahmenbedingungen für den ÖPNV zu optimieren.
Ich hoffe, Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüssen
Christine Böhm