Christina Schwarzer
Christina Schwarzer
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Christina Schwarzer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Otto R. •

Frage an Christina Schwarzer von Otto R. bezüglich Finanzen

Der Deutschgrieche Jorgo Chatzimarkakis, ehemaliger FDP-Europapolitiker und dort Chefkontrolleur aller europäischer Ausgaben, beurteile am 11.07.2015 in einem Interview im Deutschlandfunk die griechische Politik u.a. wie folgt:

die europäischen Standards gelten nicht in der griechischen Politik , es gelten andere logische Regeln, die sich einem Nicht-Griechen nicht leicht erschließen.

Werden Sie am 19.08. trotzdem mit ja stimmen?

Christina Schwarzer
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Rosenbaum,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zu meinem Abstimmungsverhalten bezüglich des dritten Griechenland-Hilfspakets im Rahmen der Sondersitzung des Deutschen Bundestages. Ich habe in der Sitzung dem Antrag des Bundesfinanzministers zugestimmt. Mein Abstimmungsverhalten sowie das aller Kollegen können Sie auch unter http://www.bundestag.de/bundestag/plenum/abstimmung/grafik nachverfolgen.

Ich habe meine Entscheidung sehr genau und überlegt abgewogen. In unserer Gesellschaft ist dieses Thema in den vergangenen Wochen erneut kontrovers und emotional diskutiert worden. Einige Bürger sind auf mich zugekommen und haben mich aufgefordert, weitere Hilfen für Griechenland zu verhindern. "Aus dem Bauch heraus" wäre ich dieser Bitte lange Zeit gern nachgekommen, unter Abwägung aller Argumente und Fakten habe ich mich schlussendlich dennoch für eine Zustimmung entschieden und lege Ihnen meine Gründe hierfür sehr gern dar.

Mit der Volksabstimmung, in der die griechische Regierung ihr Volk dazu aufforderte, die von den europäischen Geldgebern verlangten Reformen abzulehnen, war klar, dass das zweite Griechenland-Hilfsprogramm nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden konnte. Beim Gipfeltreffen der Finanzminister in Brüssel im Juli hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble daher als Alternative einen zeitlich befristeten Austritt Griechenlands aus der Eurozone vorgeschlagen. Ich halte das auch heute noch für einen sehr guten Vorschlag. Von 4 Finanzministern (Frankreich, Italien, Zypern, Griechenland) wurde dies jedoch abgelehnt. Da es keinerlei rechtliche Möglichkeiten gibt, ein Land mit einer Mehrheitsentscheidung aus der Eurozone zu verbannen, ist ohnehin nur ein freiwilliger Austritt möglich. Allein Griechenland selbst hätte also zustimmen müssen.

Die griechische Regierung hat mit ihrem Verhalten der letzten Monate viel Vertrauen zerstört. Griechenland musste daher dringend in Vorleistung gehen und weitrechende Reformen beschließen. Nur so kann ein Teil des Vertrauens wieder aufgebaut werden. Für mich kam eine Zustimmung nur in Frage, wenn klar ist, dass das Land die Reformen auch umsetzt. Dies ist bei vielen Maßnahmen, die Parlament und Regierung in Griechenland beschlossen haben, bereits vorab passiert. Dies war eine notwendige Bedingung. Wichtige Beispiele sind:

- Umbau des Renten- und Gesundheitswesens, u.a. schrittweise Rückführung von Frühverrentungsmöglichkeiten und Ausnahmen zum gesetzlichen Renteneintritt mit 67 Jahren

- Schaffung eines unter Aufsicht von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) stehenden Privatisierungsfonds bis Ende 2015

- Modernisierung des Steuerrechts und der Steuererhebung

- veränderte Regulierung von Arbeits- und Produktmärken zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit

- Liberalisierung der staatlichen Regulierung der Sektoren Energie, Transport und Wasser

- Fortsetzung von Reformen im öffentlichen Finanz- und Beschaffungswesen

Für die bereits angegangenen wie auch alle als notwendig vereinbarten Reformen gilt ein wichtiger Grundsatz, der klar so vereinbart worden ist: erfolgen sie nicht, fließt auch kein Geld.

Ich habe nach intensiven Debatten und langer Abwägung keine überzeugende Antwort auf die Frage finden können, worin eine für Deutschland wirtschaftspolitische und auch europapolitische Alternative zu diesem Hilfsprogramm besteht. Es wäre naiv zu glauben, dass ein Nein des Deutschen Bundestags zu diesem Hilfsprogramm zu einem Grexit führen würde – unabhängig davon, ob man diesen wünscht oder nicht. Ein alleiniges und isoliertes Nein des Deutschen Bundestages bei Zustimmung aller anderen Länder würde dazu führen, dass es eine substanzielle Krise der Eurozone gäbe mit Deutschland auf der einen Seite und Frankreich auf der anderen Seite. Die griechische Regierung hätte dann ihr eigentliches Ziel erreicht: die Eurozone zu spalten.

Die Zustimmung zum Hilfspaket war für mich daher die im Vergleich beste, real existierende Möglichkeit.

Mit freundlichen Grüßen
Christina Schwarzer MdB