Frage an Christiane Ratjen-Damerau von Detlev B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Ratjen-Damerau,
ich kann nicht verstehen, wie Sie der Lieferung von modernen, städtekampftauglichen Kampfpanzern nach Saudi-Arabien zustimmen konnten.
Es handelt sich hier doch eindeutig um ein feudales, nicht demokratisches System, das sich auch nicht scheut Kampftruppen in andere Länder zu senden, um dort korrupte Regierungschefs an der Macht zu halten.
Andererseits halte ich die saudische Regierung auch keinesfalls für stabil und gesichert, auch dort könnte es zu Demonstrationen von demokratiefordernden Kräften kommen.
Was ist dann, wenn deutsche Panzer bei der Niederschlagung dieser Demokratiebewegeung eingesetzt werden?
Vielleicht können Sie mir ja meine Bedenken nehmen und Ihre Entscheidungsgründe pro Panzerverkauf erläutern.
Mit freundlichem Gruß
Detlev Bayer
Sehr geehrter Herr Bayer,
vielen Dank für Ihr Schreiben zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien vom 20.10.2011.
Die Presseberichte über eine angebliche rüstungsexportkontrollpolitische Entscheidung des Bundessicherheitsrats zur Ausfuhr von 200 Panzern Leopard nach Saudi-Arabien sind hier bekannt. Beim Bundessicherheitsrat handelt es sich um einen Kabinettsausschuss, der unter Vorsitz der Bundeskanzlerin tagt. Ihm gehören die Bundesminister des Auswärtigen, der Finanzen, des Inneren, der Justiz, der Verteidigung, für Wirtschaft und Technologie sowie für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an. Tagesordnung und Entscheidungen des Bundessicherheitsrats unterliegen der Geheimhaltung. Daher liegen hierzu auch keine näheren Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung hat bereits gegenüber dem Bundestag erklärt, dass ihr ein entsprechender Ausfuhrantrag nicht vorliegt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung in allgemeiner Form zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien Stellung genommen und dabei betont, dass sie über Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen entscheidet. Grundlage hierfür sind die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000 und der "Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern". Nach diesen Grundsätzen kommt der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland eine besondere Bedeutung zu.
Saudi-Arabien ist ein stabilisierender Faktor in der Region und wichtiger Partner der Bundesrepublik Deutschland.
Im Rahmen ihrer bilateralen Beziehungen mit Saudi-Arabien setzt sich die Bundesregierung für die Einhaltung von demokratischen Werten und Menschenrechten ein. Die Bundesregierung und die EU thematisieren Menschenrechtsfragen in Saudi-Arabien regelmäßig gegenüber der saudischen Regierung. Die EU hat mit Saudi-Arabien bereits im März 2009 den Menschenrechtsdialog aufgenommen.
Um bei Exportanträgen die Konsequenzen der beantragten Ausfuhren für die Achtung der Menschenrechte durch das Endbestimmungsland bewerten zu können, beobachtet die Bundesregierung die Menschenrechtslage - auch in Saudi-Arabien - sehr sorgfältig.
Ihre
Christiane Ratjen-Damerau