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Christian Schreider
SPD
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Frage von Sabrina K. •

Wie stehen Sie zum Antrag auf ein AfD-Verbotsverfahren? Unterstützen Sie dieses?

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Sehr geehrte Frau K.,

als einer der Vertreter der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag teile ich gemeinsam mit allen meinen Kolleginnen und Kollegen Ihre Sorgen und beobachte ebenfalls eine sich immer schneller drehende Radikalisierungsspirale bei der AfD, gerade nach den Erkenntnissen der Correctiv-Recherche vom 17. Januar 24 „Geheimplan gegen Deutschland“ sowie den erschreckend starken Ergebnissen bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen. Wir erkennen deutlich, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Dies wurde bereits und wird weiterhin an einer Vielzahl von Äußerungen, auch von höchsten Vertreterinnen und Vertretern der Partei deutlich.

Die Hürden für ein Parteinverbot durch das Bundesversassungsgericht sind allerdings sehr hoch. Der Verfassungsschutz hat die AfD bislang erst in drei Bundesländern als erwiesen rechtsextrem eingestuft. Die Gesamtpartei wird seit langem „lediglich“ als Verdachtsfall geführt. Auch Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler äußern sich zu den Erfolgschancen eines Verbotsverfahrens vor dem Verfassungsgericht bislang zurückhaltend bis pessimistisch. Wir können derzeit also noch nicht siegesgewiss vor das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ziehen. Ein erfolgloses Verfahren wäre jedoch eine politische Katastrophe. Eine solche Entscheidung könnte der AfD eine Art politischen „Märtyrerstatus“ verleihen und ihren Anhängern die Möglichkeit bieten, sich als Opfer einer vermeintlich undemokratischen Vorgehensweise zu inszenieren. Eine Ablehnung eines Parteiverbots könnte dadurch potenziell zu einer weiteren Radikalisierung in Teilen der Bevölkerung führen, da die AfD das erfolglose Verfahren als Bestätigung für die vermeintliche Verfassungstreue ihrer Positionen nutzen könnte.

Aus diesen Gründen kann ich mich einer Verbotsinitiative im Parlament aktuell nicht mit Überzeugung anschließen. Entscheidend ist aus meiner Sicht nicht zuletzt auch, dass rechtsextremes Gedankengut, das die AfD als Partei kanalisiert, nicht an erster Stelle durch ein Parteiverbot zu bekämpfen ist. Ich glaube fest daran, dass wir –um unsere Demokratie zu schützen – eine offene und ehrliche Diskussion führen müssen und die AfD letztlich politisch stellen, sodass sie nicht mehr in unsere Parlamente gewählt wird. Ein Verbot allein könnte langfristig nicht die tiefgreifenden Probleme lösen, die zu einem solchen politischen Klima geführt haben.

Selbstverständlich werden wir die Entwicklung der Situation aber weiterhin kritisch verfolgen, insbesondere mit Blick auf neuerliche Erkenntnisse des Verfassungsschutzes und vor diesem Hintergrund die Option eines Verfahrens ständig neu bewerten.

Mit freundlichen Grüßen
Christian Schreider

 

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