Frage an Christian Ruck von Joachim M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Ruck,
einige Fragen zur angedachten Kinderpornosperre im internet:
Soweit ich verstanden habe, macht man sich bereits schuldig, wenn man bis zu diesem "Stoppschild" vordringt. Ist das so richtig?
In Anlehnung an diese Verkehrsschildanalogie wundere ich mich darüber: Wenn ich auf der Strasse vor dem Stoppschild anhalte, verhalte ich mich regelkonform, aber im internet soll ich bereits andieser Stelle straffällig werden..? Nota bene: Bis dorthin hat man noch kein nacktes Kind gesehen! Sehen Sie es nicht auch so, dass ein Bürger, der es sich nochmal überlegt und umkehrt, straffrei bleiben sollte?
Auch dass Zugriffe auf diese Stoppschildseite beobachtet werden, halte ich für unangemessen. Es entsteht eine Schere im Kopf der internet Benutzer: Was wenn ich Unterwäsche für mein Kind suche und zufällig auf eine solche Seite stolpere? Bin ich dann ein perverser Kinderquäler? Oder sollte ich mir besser wie früher den Quellekatalog schicken lassen?
Freundliche Grüsse aus der Heimat und danke für Ihre schnelle Antwort,
Joachim Mayer M.A.
Sehr geehrter Herr Mayer,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur „Kinderpornosperre“, in der Sie vor allem wissen wollen, ob der Besuch der Stoppseite bereits strafbar ist. Ich habe Ihre Frage gleich aufgegriffen und beim zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend um Auskunft gebeten. Darauf aufbauend kann ich Ihnen mitteilen, dass die Antwort auf Ihre Frage zu verneinen ist.
Der Gesetzesentwurf sieht lediglich vor, dass die Dienstanbieter personenbezogene Daten für Zwecke der Verfolgung von Straftaten nach § 184 b StGB den zuständigen Stellen auf deren Anordnung übermitteln können. Daten zum Besuch der Seite können also nicht Auslöser einer Strafverfolgung sein, sondern können nur bei einer Strafverfolgung aus anderem Anlass verwendet werden.
Die Stoppseite hat vor allem präventiven Charakter. In erster Linie stehen der Schutz der Opfer vor erneuter Misshandlung und das deutliche gesellschaftliche Signal der Ächtung kinderpornografischer Inhalte im Internet im Vordergrund.
Ob und inwieweit die Strafverfolgungsbehörden tätig werden, ist von den dafür zuständigen Behörden selbst zu entscheiden. Zumindest eröffnet der Gesetzesentwurf die Möglichkeit dazu.
Nach § 100g StPO dürfen zur Aufklärung von erheblichen oder wie dies bei der Verbreitung, dem Erwerb und dem Besitz kinderpornographischer Schriften oftmals der Fall ist – mittels Telekommunikation begangenen Straftaten ohne Wissen des Betroffenen sogenannte Verkehrsdaten erhoben werden. Das ermöglicht, aufgrund richterlicher Anordnung die auf den Stoppserver zulaufenden Anfragen als Kopie in Echtzeit (also „live“) an die Strafverfolgungsbehörde auszuleiten und dort zu Zwecken der Strafverfolgung zu verarbeiten.
Die Provider dürfen nach dem Gesetzentwurf Daten nur erheben und verwenden (also auch speichern), soweit dies für die Durchführung der Zugangsblockierung erforderlich ist. Diese Daten dürfen nur auf Grund eines richterlichen Beschlusses nach § 100 g StPO in Echtzeit an die Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet werden.
Durch die strafrechtliche Ermittlungen kann geklärt werden, ob und wer sich strafbar gemacht hat, wenn eine gesperrte Webadresse angesurft wird. Wie bei jeder Straftat genügt zwar für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens der Verdacht, dass eine Straftat begangen wurde. Dieser Verdacht ist dann jedoch weiter abzuklären, insbesondere dahingehend, von wem die Straftat begangen worden ist und ob diese Person vorsätzlich gehandelt hat.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Christian Ruck, MdB