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Christian Ruck
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Frage von Annette K. •

Frage an Christian Ruck von Annette K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Herr Dr. RuckSehr geehrte Herr Paula,

wollten Sie mit Ihrer Zustimmung zum Eu-Vertrag der verpflichtenden Verbreitung von Gen-Technik dienen oder möchten Sie, dass deutsche Truppen ihren Marschbefehl in Zukunft von Sarkozy und Berlusconi erhalten ?
Lesen Sie hin und wieder auch mal in all diesen Papierkram hinein, der Ihnen beruflich so um die Ohren fliegt ?

Voll Ehrfurcht vor so viel Sachverstand & Einsatz für die Demokratie
Annette K.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Kupitz-Steinbacher,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 25. Mai 2008 in der Sie Ihre Bedenken gegen den Lissabonner Vertrag formuliert und unsere Zustimmung kritisiert haben. Viele Bürger Europas teilen Ihre kritische Auffassung, wie das „Nein“ der Iren zuletzt unterstrich. Ich halte dennoch an meiner Zustimmung fest.

Am 24. April 2008 hat der Deutsche Bundestag in namentlicher Abstimmung und mit großer parlamentarischer Mehrheit dem Ratifikationsgesetz zum Vertrag von Lissabon zugestimmt. Im Folgenden möchte ich Ihnen darlegen, warum dieses Vertragswerk unbedingt zustimmungswürdig war und inwiefern die von Ihnen gegen die Zustimmung vorgetragenen Argumente meines Erachtens einer anderen Bewertung bedürfen.

Einer besonderen Würdigung bedarf Ihr Vorwurf, der Vertrag von Lissabon bewirke eine Militarisierung der Europäischen Union und dass, hier zitiere ich Sie, „deutsche Truppen ihren Befehl in Zukunft von Sarkozy und Berlusconi erhalten“. Hierzu möchte ich gerne aus dem Vertrag selbst zitieren, Art. 28c. betont ausdrücklich, dass „der Rat die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen.“ Wünscht ein teilnehmender Mitgliedstaat, grundsätzlich von der ständigen Strukturierten Zusammenarbeit Abstand zu nehmen, so teilt er seine Entscheidung dem Rat mit, der zur Kenntnis nimmt, dass die Teilnahme des betreffenden Mitgliedstaats beendet ist.

Es ist vielmehr so, dass es einer so genannten „Koalition der Willigen“ bedarf, im Namen der EU militärische Einsätze durchzuführen. Die Entscheidung für eine Beteiligung an solchen Einsätzen, die immer nur im Einklang mit der Charta der Vereinten Nationen durchgeführt werden dürfen, liegt bei den Mitgliedstaaten, im Falle von Deutschland beim Deutschen Bundestag. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem AWACS-Urteil vom 7. Mai 2008 klargestellt, dass es ohne die vorherige Zustimmung des Deutschen Bundestages eine Beteiligung der Bundeswehr an Auslandseinsätzen nicht geben darf.
Meines Erachtens ist es eine wichtige Errungenschaft in der der Entwicklung der EU, dass diese heute in der Lage ist, sich an militärischen Einsätzen zu beteiligen. Nur so ist sichergestellt, dass die Europäische Union mit einer Stimme auch in der Außenpolitik spricht und insbesondere auch humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie robuste Mandate bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen zu übernehmen. Die Sicherheit und der Schutz der Bürger, nicht nur vor einer Aggression von außen, sondern auch vor den Gefahren terroristischer Bedrohungen im Innern, bleibt eine hohle Phrase, wenn die notwendigen Instrumente nicht zur Verfügung stehen.
Dieser Vertrag bestimmt nur die Entscheidungswege und Bedingungen für eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, aber nicht über Inhalt oder gar konkrete Einsätze.

Dies kann auch beim Thema Agrar- und Fischereiwirtschaft festgestellt werden. Das Europäische Parlament und der Rat legen gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte nach Artikel 34 Absatz 1 sowie die anderen Bestimmungen fest, die für die Verwirklichung der Ziele der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendig sind. Keine Rede ist hier jedoch von einer verpflichtenden Verbreitung von Gen-Technik.

Letztendlich gebe ich gerne zu, dass ich nicht jedes einzelne Detail der Vertragsverhandlungsergebnissen zur Kenntnis genommen habe. Immerhin hatte ich aber die Gelegenheit, die Aspekte, die mir kritisch erschienen, zu hinterfragen und die zuständigen Kollegen um Aufklärung bzw. Einsatz für Nachbesserungen zu bitten. Ingesamt bin ich allerdings der Auffassung, dass der Vertrag von Lissabon ein weiterer erfolgreicher Schritt zu einer tieferen Integration sein wird.

Sie werden verstehen, dass ich daher Ihre Skepsis über den Lissabonner Vertrag nicht zu teilen vermag. Ich hoffe gleichwohl, dass die von mir vorgetragenen Argumente helfen, den Vertrag von Lissabon insgesamt doch etwas positiver zu bewerten als dies in Ihrer Fragestellung geschehen ist.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr

Dr. Christian Ruck, MdB