Frage an Christian Ruck von Rene L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Ruck,
das BMZ betreibt ein Programm mit dem Namen "weltwärts". Obwohl hier öffentliche Gelder vergeben werden, wird dieses jedoch nicht im BMZ, sondern durch die privatrechtliche Organisation DED verwaltet.
Meine Fragen hierzu
1) Halten Sie es nicht für eine Bankrotterklärung, wenn öffentliche Mittel nicht mehr durch die öffentliche Hand verwaltet werden können? Ist Ihnen bekannt, warum das BMZ dieses nicht selbst durchführt?
2) Welche Funktion nimmt der DED wahr und auf welcher Grundlage wird der DED aktiv?
3) Sind Ihnen die Kosten bekannt? Was sind die Gesamtkosten des Programms, also die Sach- und Personalkosten, und welche Sach- und Personalkosten fallen hiervon beim DED und welche in Ihrem Ressort an?
4) Wie verhält sich das Programm zum Programm "kulturweit" des Auswärtigen Amtes und warum können diese inhaltlich gleichorientierten Programme nicht synergiesparend zusammen durchgeführt werden?
5) Wie steht Ihre Partei dazu, dass unerfahrene Jugendliche mit einem sozialpädagogisch-romantizierenden Vorstellungen ins Ausland geschickt werden sollen und dort quasi die deutsche Lebensweise vermitteln sollen?
Mit freundlichen Grüßen
Rene Lima
1) Halten Sie es nicht für eine Bankrotterklärung, wenn öffentliche Mittel nicht mehr durch die öffentliche Hand verwaltet werden können? Ist Ihnen bekannt, warum das BMZ dieses nicht selbst durchführt?
Sehr geehrter Herr Rima, ich denke, von einer Bankrott-Erklärung kann keine Rede sein, denn das BMZ verwaltet das weltwärts-Programm als das federführende Ressort innerhalb der Bundesregierung und trifft dabei alle inhaltlich-konzeptionellen und zuwendungsrechtlichen Entscheidungen. Auch die Anerkennung der weltwärts-Träger und der einzelnen Einsatzplätze wird vom BMZ geprüft und mit Bescheid des BMZ beschieden. Das BMZ trifft auch die Entscheidung über die Vergabe der Fördermittel. Das im DED eingerichtete weltwärts-Sekretariat hat lediglich beratende und unterstützende Funktion, z.B. bei der formalen Vorprüfung der Anträge und der Beratung der Träger bei der Antragstellung.
2) Welche Funktion nimmt der DED wahr und auf welcher Grundlage wird der DED aktiv?
Auf der Grundlage der vom BMZ gemeinsam mit der Zivilgesellschaft erarbeiteten weltwärts-Richtlinie ist der DED als Entsendeorganisation tätig und formaler Träger des weltwärts-Sekretariats. Beide Bereiche sind inhaltlich und organisatorisch voneinander getrennt.
3) Sind Ihnen die Kosten bekannt? Was sind die Gesamtkosten des Programms, also die Sach- und Personalkosten, und welche Sach- und Personalkosten fallen hiervon beim DED und welche in Ihrem Ressort an?
Wie ich bei meinen Erkundungen erfuhr, sind die Sach- und Personalkosten des Gesamtprogramms nur schwer zu ermitteln, da weltwärts dezentral über derzeit 213 Entsendeorganisationen als eigenverantwortliche Zuwendungsempfänger umgesetzt wird. Die Personal- und Sachkosten des weltwärts-Sekretariats betragen im Jahre 2009 rund 500.000 €. Bei einem Fördervolumen von 30 Mio. Euro (Baransatz 2009) sind das nur 1,6 % der Gesamtausgaben.
4) Wie verhält sich das Programm zum Programm "kulturweit" des Auswärtigen Amtes und warum können diese inhaltlich gleichorientierten Programme nicht synergiesparend zusammen durchgeführt werden?
Auch ich bin sehr für die Gewinnung von Synergie-Effekten und klarer Arbeitsteilung in der Entwicklungszusammenarbeit, damit es keine Doppelstrukturen gibt. Die Freiwilligendienste kulturweit und weltwärts verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele. Kulturweit hat den kulturellen Austausch zum Inhalt und findet an Auslandsvertretungen von entsprechenden deutschen Einrichtungen wie dem Goethe-Institut statt, während weltwärts entwicklungspolitische Ziele verfolgt und in einheimischen Entwicklungsprojekten unserer Partnerorganisationen absolviert wird. Den verschiedenen Zielen folgend, unterscheidet sich auch die Gestaltung der beiden Freiwilligendienste grundlegend. Mir wurde jedoch versichert, dass zwischen den beteiligten Ressorts eine enge Abstimmung stattfinde, um Synergieeffekte zwischen den Freiwilligendiensten zu nutzen – zum Beispiel bei der Vorbereitung und Vernetzung der Freiwilligen.
5) Wie steht Ihre Partei dazu, dass unerfahrene Jugendliche mit einem sozialpädagogisch-romantizierenden Vorstellungen ins Ausland geschickt werden sollen und dort quasi die deutsche Lebensweise vermitteln sollen?
„Weltwärts“ ist ein Lerndienst, bei dem es nicht darum geht, dass die jungen Menschen die deutsche Lebensweise in die Welt hinaustragen sollen. Vielmehr geht es genau umgekehrt darum, dass sie von den Partnern vor Ort lernen und ihre Erfahrungen nach der Rückkehr in Deutschland einbringen, um in unserem Land zu mehr Verständnis für andere Kulturen und für globale Zusammenhänge beizutragen. In den Vorbereitungsseminaren werden die Freiwilligen schon vor der Ausreise sorgfältig auf die Ziele, Aufgaben, Partnerorganisationen und Rahmenbedingungen der jeweiligen Freiwilligendienste vorbereitet.
Gerade in der Entwicklungszusammenarbeit, die wir weiter professionalisieren müssen, kommt es darauf an, dass wir unsererseits besser verstehen, wie die Lebensumstände und kulturellen Besonderheiten, die Arbeits- und Denkweise der Partner aussehen. Ich finde daher, dass wir mit dem Dialog nicht früh genug anfangen können und ein solches Nachwuchsprogramm wie „weltwärts“ bei richtiger Anlage zur Professionalisierung der Entwicklungshelfer beitragen kann.