Frage an Christian Petry von Fred G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Petry,
haben Grenzschließungen innerhalb der EU aus Ihrer Sicht einen Sinn in der aktuellen Phase der Coronapandemie, in der viele Regionen grenzübergreifend ähnlich betroffen sind? Müsste es nicht eine Ihrer obersten Prioritäten sein, die Bundesregierung dazu zu bringen, sich auf europäischer Ebene für offene Grenzen einzusetzen, um Schengen und die europäischen Werte zu retten? Und warum ist das noch nicht geschehen? Und verstehen Sie, dass Sie vor Lega-Wählern, die einen möglichen Italexit und den Zusammenbruch der EU befördern könnten, wenn Deutschland sich nicht solidarisch zeigt, mehr Angst haben müssen, als vor AfD-Wählern? Ich schreibe Ihnen am Tag vor dem 70-jährigen Jubiläum der Schuman-Deklaration als sehr enttäuschter EU-Bürger, der nicht versteht, wie es sein kann, dass die Ideen dieser angeblichen Werteunion einfach so kampflos aufgegeben werden in einer weltweiten Pandemie - anstatt sich jetzt mehr denn je darauf zu besinnen.
Mit freundlichen Grüßen
F.
Sehr geehrter Herr G.,
wie Sie der Presse entnehmen können, fordere ich eindrücklich die schnellstmögliche und umfassende Abkehr der aktuellen Grenzkontrollen und Grenzschließungen innerhalb der Europäischen Union. Diese Forderung habe ich in der vergangenen Woche mit einem Schreiben an Bundesinnenminister Horst Seehofer nochmals verdeutlicht. Den Europatag am 09. Mai habe ich genutzt, um mit Vertreterinnen und Vertretern der SPD, der organisierten Zivilgesellschaft sowie Politikerinnen und Politikern aus Frankreich an der deutsch-französischen Grenzen gegen die Grenzschließungen in Europa zu demonstrieren.
Die umfangreichen Schutzmaßnahmen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie getroffen wurden, wirken. Sowohl auf französischer und luxemburgischer Seite, wie auch in meiner Heimat, dem Saarland, sind hohe Schutzstandards eingerichtet worden. Grenzschließungen sind vor diesem Hintergrund meines Erachtens nicht sachgerecht und die nationalen Innenminister sowie die der betroffenen Bundesländer, die auf Grenzschließungen beharren, sind aufgefordert, möglichst schnell die Grenzschließungen aufzuheben.
Grenzkontrollen und Grenzschließungen zu den europäischen Nachbarländern widersprechen grundlegend dem Wertefundament der Europäischen Union. Wenn jetzt über Lockerungsmaßnahmen gesprochen wird, dürfen die europäischen Binnengrenzen nicht außen vor gelassen werden. Die Eindämmung der Corona-Krise in der EU wird besser durch Zusammenarbeit als durch Abschottung erfolgen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen aus den chaotischen letzten Wochen sehr schnell die überfällige Lehre aus der Pandemiebekämpfung ziehen: Nicht zu Lasten der europäischen Nachbarinnen und Nachbarn können Krisen gelöst werden. Dies gelingt in Europa nur, wenn man gemeinsame Lösungen erarbeitet – denn das ist der Kern des europäischen Einigungsprozesses. Offene Grenzen sind dabei eine der größten Errungenschaften Europas. Die Binnengrenzen in Europa müssen daher unverzüglich wieder geöffnet werden.
Ich werde mich daher in Berlin mit Nachdruck für eine schnellstmögliche Grenzöffnung und Wiederherstellung des Schengener Abkommens stark machen und als Mitglied des Deutschen Bundestages die Bundesregierung sowie die zuständigen Landesregierungen an diese Verantwortung eindringlich erinnern.
Bei Rückfragen stehe ich gerne unter christian.petry@bundestag.de zu Ihrer Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Petry