Frage an Christian Petry von Thomas B. bezüglich Umwelt
"Fracking" der umstrittene Vorgang der Gasgewinnung aus Schiefergestein ist inzwischen wieder in die politische Diskussion gerückt. Im Koalitionsvertrag wird es folgendermaßen berücksichtigt: "Über Anträge auf Genehmigung kann erst dann entschieden werden, wenn die nötige Datengrundlage zur Bewertung vorhanden ist und zweifelsfrei geklärt ist, dass eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit nicht zu befürchten ist."
Das ist natürlich sehr vage ausgedrückt. Es gibt sogar Medienberichte, wonach bereits in Deutschland Fracking betrieben wird und entgegen aller gesetzlichen Grundlagen auch weitere Genehmigungen in Aussicht gestellt werden. Jene Datengrundlage, auf welche sich die Koalitionspartner berufen, existiert nicht und kann nach derzeitiger Gesetzeslage im Inland gar nicht erbracht werden. Folglich müsste man Fracking in irgend einer Weise zumindest zu Testzwecken genehmigen oder sich auf Langzeitstudien aus dem Ausland stützen. Ersteres würde nur möglich werden, wenn quasi alle Parteien im deutschen Bundestags ihre Wahlversprechen über Bord werfen würden. Letzteres ergibt nur Sinn, wenn deutsche Wissenschaftler die ausländischen Frackingstudien intensiv begleiten und sich nicht auf Ergebnisse der Industrie verlassen. Für die Parlamentarier scheint dies ein Dilemma zu sein, jedoch war das Wählervotum gegen Fracking überaus deutlich. Werden Sie nun, wenn Fracking im Bundestag zur Disposition gestellt wird, sich dagen oder dafür entscheiden?
Mit freundlichem Gruß,
Thomas Brück
Sehr geehrter Herr Brück,
danke für Ihre Nachricht, die ich hiermit gerne beantworte. Die Thematik „Fracking“ wird im Koalitionsvertrag direkt angesprochen, wodurch bereits die besondere Bedeutung für SPD und CDU/CSU erkennbar ist. Es werden fünf zentrale Aussagen aufgenommen, die nun wissenschaftlich untersucht und in gesetzliche Lösungen gegossen werden müssen:
1. Die Fracking-Technologie bei der unkonventionellen Erdgasgewinnung beinhaltet ein erhebliches Risikopotential. Die Auswirkungen auf Mensch und Natur sind wissenschaftlich nicht hinreichend geklärt.
2. Der Einsatz von umwelttoxischen Substanzen wird abgelehnt.
3. Anträge auf Genehmigungen von Förderungen werden derzeit aufgrund der offenen Fragen und Risiken nicht entschieden.
4. Auch die Entsorgung der giftigen Abwässer (im Fachjargon Flowback) muss neu geregelt werden. Derzeit werden diese Abwässer teilweise in alte Bohrlöcher gepumpt. Das ist verantwortungslos und muss untersagt werden.
5. Es wird einen Dialog mit allen Beteiligten und ein transparentes Verfahren geben, um Anforderungen an die notwendigen Erkenntnisse zu entwickeln und um zu klären, unter welchen Voraussetzungen entsprechende Vorhaben genehmigungsfähig sein könnten. Nach der Einbringung des Moratoriums in die Koalition als gemeinsame Vorgehensweise folgt eine schrittweise Klärung offener Fragen, um Erkenntnisdefizite zu beseitigen. All dies steht allerdings unter der Bedingung eines breiten und transparenten Dialogs mit allen Beteiligten, so dass sich auch die Bürgerinitiativen aktiv beteiligen können. Solch ein schrittweises Vorgehen wird auch vom Sachverständigenrat der Bundesregierung für Umweltfragen (SRU) vorgeschlagen. Angesichts der enormen Auswirkungen in anderen Staaten wird deshalb auch der Dialog über den Sinn einer entsprechenden Technologie in Deutschland eröffnet. Noch ist offen, ob am Ende des Dialogs das endgültige Verbot der unkonventionellen Erdgasförderung steht oder ob Fracking ohne gefährliche Chemikalien möglich sein wird. Fraglich ist zudem auch, ob die Technologie insgesamt umweltverträglich und wirtschaftlich ist und in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland eingesetzt werden kann. Damit während des Dialogs keine endgültigen Fakten geschaffen werden, ist es wichtig, dass es zuerst zu einem Moratorium kommt und keine kommerziellen Fracking-Projekte genehmigt werden. Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Petry