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Christian Magerl
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Frage von Ramona G. •

Frage an Christian Magerl von Ramona G. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Magerl,

haben Sie bereits errechnet und veröffentlicht, wie eine Vollkostenrechnung bei der Atomenergie aussehen würde, in die man Entsorgungs-, Lager-, Endlager und Forschungskosten mit einbezieht, die vom Staat übernommen werden ?

Wird die Bevölkerung nicht über die wahren Kosten der Atomenergie getäuscht ?

Haben Sie bereits eine Untersuchung in Auftrag gegeben, ob das Risiko durch eine Laufzeitverlängerung steigt ?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Gruber,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne beantworte:

Eine Vollkostenrechnung über die Atomenergie habe ich nicht erstellt. Es gibt allerdings bereits einige Veröffentlichungen, die versteckte Kosten, unter anderem auch staatliche Subventionen für die Atomenergie, zum Inhalt haben.

Beispielsweise gibt es eine Aufstellung vom Bundesverband erneuerbarer Energien:

http://www.wind-energie.de/fileadmin/dokumente/Themen_A-Z/Subvention/BEE_Subventionen_Energie.pdf

Eine Studie dazu gibt es vom Förderverein ökologische Steuerreform. Sie finden eine Zusammenfassung im Internet unter:

http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/FSSubventionen_der_Atomkraft.pdf

Und hier gibt es die ganze Studie:

http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/atomkraft/Studie_Subventionen_Atomenergie.pdf

Ergänzend muss aber auch gesagt werden, dass die Entsorgungskosten letztlich nicht zuverlässig kalkuliert werden können. Das Beispiel Asse zeigt ja sehr deutlich, dass schon nach wenigen Jahrzehnten einer (für mehrere tausend Jahre geplanten) Endlagerung bereits unerwartete Kosten in Milliardenhöhe auftreten können.

Auch werden in vielen Rechnungen die nicht versicherungsfähigen vollen Kosten eines größeren Unfalls nicht einbezogen. Von daher kann ich Ihnen zustimmen, dass es nicht reicht, nur die betriebswirtschaftlichen Kosten der Atomenergie zu benennen. Für die politische Entscheidung müssen auch die Kosten, die nicht von den Konzernen, sondern vom Staat, der Gesellschaft und späteren Generationen und Menschen in anderen Ländern (Stichwort: Uranabbau) zu tragen sind, mit einbezogen werden.

Durch eine Laufzeitverlängerung steigt das Risiko auf alle Fälle und zwar sehr deutlich. Nach dem heutigen Stand würden alle deutschen Atomkraftwerke noch etwa 100 Jahre Gesamtbetriebszeit haben. Eine Laufzeitverlängerung für alle 17 Reaktoren um jeweils 10 Jahre würde diese Gesamtbetriebszeit um 170 Jahre auf insgesamt 270 Jahre erhöhen. Das wäre also fast eine Verdreifachung der Restlaufzeiten. Es ist unbestritten und lässt sich durch die Anzahl von meldepflichtigen Ereignissen auch nachweisen, dass mit zunehmendem Alter der Reaktoren die Anfälligkeit der Anlagen für unvorhergesehene Ereignisse größer wird. Eine Laufzeitverlängerung um 10 Jahre würde das Risiko daher sicher mehr als Verdreifachen. Dazu kämen die vergrößerten Atommüllmengen, deren Entsorgung bis heute für kein einziges Kilogramm gelöst ist.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Magerl