Werden Sie sich für das Naturwiederherstellungsgesetz einsetzen??
Sehr geehrte Frau P.,
vielen Dank für Ihre Nachricht zum Nature Restoration Law („Gesetz zur Wiederherstellung der Natur“), die ich hiermit gerne beantworte.
Ich möchte ausdrücklich betonen, dass die gesamte EVP-Fraktion die Ziele des Green Deals unterstützt. Wir als EVP-Fraktion haben durchgesetzt, dass mit dem EU-Emissionshandelssystem und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie die Grundpfeiler des Green Deals verabschiedet wurden. Bei dem Nature Restoration Law vertreten wir allerdings die Position, dass der von der Europäischen Position gewählte Ansatz der falsche Weg ist. Der Vorschlag ist impraktikabel, rückwärtsgewandt und ideologisch programmiert. Stattdessen brauchen wir einen praktikablen und vorausschauenden, zukunftsorientierten Ansatz, der die wachsende Weltbevölkerung, seltene Erden, den Klimawandel und die Ernährungssicherheit sowie -bezahlbarkeit berücksichtigt. Wir dürfen auch die Abstimmung des Landwirtschaftsausschusses und des Fischereiausschusses nicht ignorieren, die beide bereits mehrheitlich den Vorschlag zurückgewiesen haben.
Der Vorschlag der Kommission würde zu einem Rückgang der land- und forstwirtschaftlichen Flächen führen. Es liegen Studien und Analysen vor, die sehr wohl belegen, dass es durch den Vorschlag der Kommission zu Rückgängen in der Nahrungsmittelproduktion kommen wird. Aus einer Studie der Europäischen Kommission vom Januar 2023 geht zudem hervor, dass sich schon heute einkommensschwache Haushalte teilweise keine ausgewogene und gesunde Ernährung mehr leisten können. Der Vorschlag lässt zudem die Problematik der wachsenden Weltbevölkerung und des Klimawandels außer Acht.
Fragwürdig ist auch das Verhältnis zum bestehenden Rechtsrahmen und zu zukünftigen Zielen der EU z.B. bei erneuerbaren Energien und kritischen Rohstoffen. In der Folgenabschätzung der Kommission heißt es, dass sich bereits 23 bestehende EU-Verordnungen mit der Wiederherstellung der Natur befassen. Das Verhältnis zu diesen anderen geltenden Gesetzen und zukünftigen Zielen ist völlig unklar. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Förderung und der Schutz der biologischen Vielfalt nur mit der Land- und Forstwirtschaft und den Bürgern Hand in Hand gehen und mit anderen bestehenden Rechtsvorschriften vereinbar sein muss.
Die Kommission setzt, anders als oft behauptet wird, nicht die Ziele aus der Biodiversitätskonferenz in Montreal um: statt bis 2030 mindestens 30 Prozent der Flächen degradierter Ökosysteme wiederherzustellen, fordert die Kommission Wiederherstellungsmaßnahmen auf mindestens 20 % aller Ökosysteme abzudecken. Das ist ein riesiger Unterschied! Auch wenn die Prozentzahl kleiner ist, ist die Formulierung „die der Wiederherstellung bedürfen“ viel offener und es ist nicht absehbar, wie viel Fläche davon betroffen ist, da die Kommission diese Information nicht liefern will oder nicht liefern kann. Die Kommission schreibt Maßnahmen vor, ohne deren Auswirkungen zu kennen - das ist unverantwortlich.
Zu den inhaltlichen Schwächen kommt die politische Dimension: Vize-Präsident Timmermans hat Druck auf Abgeordnete ausgeübt. Außerdem wurden über die "Plattform für Wirtschaft und Biodiversität", die von der Kommission organisiert und finanziert wird, gezielt Kampagnen im Sinne eines sehr ambitionierten Gesetzes organisiert (inkl. Analysen über einzelne Angeordnete im Stimmverhalten sowie eine Zusammenstellung der Kontaktdaten). So hat er das Parlament gespalten und das Verhältnis zwischen Kommission und Parlament langfristig Schaden zugefügt. Dieses Vorgehen muss unbedingt aufgearbeitet werden. Das betrifft nicht den Umweltausschuss, sondern generell die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem Parlament.
Wir als EVP-Fraktion möchten den Verlust der biologischen Vielfalt stoppen. Das können wir jedoch nur gemeinsam mit allen Beteiligten, mit den Land- und Forstwirten, der Fischerei, dem Naturschutz und mit allen Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb haben wir die Europäische Kommission erneut aufgefordert einen neuen, in die Zukunft gerichteten Vorschlag vorzulegen, der eine breite Unterstützung im Parlament und von allen Betroffenen erfährt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christian Ehler, Mitglied des Europäischen Parlaments