Frage an Christian Doleschal von Anna S. bezüglich Naturschutz
Sehr geehrter Herr Doleschal,
Zurzeit wird auf EU-Ebene über das Verbot der Verwendung bleihaltiger Munition an Gewässern diskutiert.
Bleivergiftungen sind die Todesursache für ein Drittel (Quelle: Leibniz Institut für Zoo- und Wildtierforschung) aller tot aufgefundenen Seeadler: Die Adler fressen die von Jägern an Ort und Stelle ausgeweideten Organe oder auch angeschossenes, verendetes Wild und nehmen dadurch das Blei der Geschossrückstände auf. Nicht nur die Adler sind betroffen: An Bleivergiftung sterben jährlich europaweit mehr als eine Millionen Wasservögel. (Quelle: WWF)
Ich nehme besorgt wahr, dass sich Deutschland und insbesondere Frau Klöckner beim Anliegen, Blei aus Munition zu verbannen, enthalten wird.
Was ist Ihre Haltung zu dieser Gesetzesinitiative? Unterstützen Sie das Anliegen oder lehnen Sie es ab? Vor allem interessiert mich die Begründung Ihrer Haltung.
Vielen Dank!
Mit freundlichen Grüßen,
Anna Schmitt
Sehr geehrte Frau Schmitt,
zunächst einmal vielen herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Bleimunition, welche für die Jagd in Gewässern und Feuchtgebieten verwendet wird, ist immer wieder Bestandteil europäischer Entscheidungsprozesse. Bereits im Jahr 2015 hat die Kommission die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) aufgefordert die Auswirkungen von bleihaltiger Munition in Feuchtgebieten („lead shot in wetlands“) zu untersuchen.
Grundsätzlich unterstütze ich die schrittweise Abschaffung von Bleimunition, jedoch muss dies in einer für Jäger und Behörden verständlichen und realistischen Weise geschehen. In Deutschland ist die Verwendung von Bleischrotmunition „an und über Gewässern“ bereits über die Landesjagdgesetze verboten. In anderen Europäischen Mitgliedstaaten gibt es jedoch noch keine derartigen Beschränkungen.
Gegenstand des aktuell vorliegenden Kommissionsvorschlags ist es, die Verwendung und das Mitführen von Bleischrot, der mehr als 1% Blei beinhaltet zu beschränken. Diese Beschränkung erstreckt sich auf Feuchtgebiete gemäß der völkerrechtlich verankerten RAMSAR-Definition. Am 23. Juni 2020 haben die Mitglieder des REACH-Regelungsausschuss der Mitgliedstaaten über den Kommissionsentwurf diskutiert und haben nun bis zum 13. Juli 2020 Zeit sich zu dem Vorschlag zu positionieren. Als CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament sind wir der Meinung, dass der aktuell diskutierte Vorschlag in einigen Punkten zu weit gefasst ist. Das größte Problem des Vorschlags der Kommission ist die extrem weite Definition von Feuchtgebieten in Kombination mit sogenannten Pufferzonen. Diese Pufferzonen sind 400m lange Verbotszonen, in denen Bleischrot nicht verwendet werden darf. Zu demselben Urteil kam auch die Europäische Chemikalienagentur (ECHA). Die Kommission geht also hier in nachvollziehbarer Weise gegen die Empfehlungen ihrer eigenen Agentur vor. Wichtig wäre es zudem eine entsprechend lange Übergangsfrist für die Umstellung auf bleifreie Munition festzulegen. Wie bereits erwähnt, gibt es in einigen Europäischen Mitgliedstaaten – anders als in Deutschland - wie Irland oder Polen keine entsprechenden Einschränkungen für die Verwendung von Bleimunition. In diesen Ländern müssten schätzungsweise mehr als 70 Prozent der Jagdwaffen entsprechend umgerüstet werden. Die von der Kommission vorgeschlagene Übergangsfrist von 18 Monaten erscheint uns als CDU/CSU-Gruppe zu kurz.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne unter u.g. Adresse meines Abgeordnetenbüros in Brüssel zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Doleschal