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Frage von Ulrich M. •

Frage an Christian Ahrendt von Ulrich M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ahrendt!

Ich hätte eine Frage zu unserem Wahlvorgang:

GG Artikel 38 Abs. 1 III Rn 121 Wahlgrundsätze

Im Bund und in den Ländern bestehen die Wahlgrundsätze der allgemeinen, unmittelbaren , freien, gleichen und geheimen Wahl ( Artikel 38 Abs. 1 , 28 Abs. 1 Satz 2 i.V. den entsprechenden Verfassungsvorschriften der Länder ).
Der Begriff der Wahl umfaßt Abstimmungen, durch die eine oder mehrere Personen aus einem größeren Kreis von Kandidaten ausgewählt werden. Die Wahlgrundsätze gelten für das gesamte Verfahren. Das verfassungsrechtlich geschützte Wahlrecht darf nicht durch zu weitgehende Verlagerung der Aufgaben und Befugnisse des Bundestages auf supranationale Einrichtungen entleert werden, so daß praktisch keine demokratische Legitimation mehr möglich ist . Die Grenze ist dabei aufgrund von Artikel 23 GG zu ziehen.

GG Artikel 38 Abs 1. 2. Rn 125 Unmittelbarkeit der Wahl

Unmittelbarkeit der Wahl schließt jedes Wahlverfahren aus , bei dem sich zwischen Wähler und Wahlbewerber eine weitere Instanz - insbesondere eine Versammlung gewählter Wahlmänner - einschiebt , die nach ihrem eigenen Ermessen die Abgeordneten auswählt und damit deren direkte Wahl ausschließt !

Nun denke ich, daß eine Partei schon vorher ihre Favoriten auf die Listenplätze setzt? Wählt die Partei nicht nur die Leute aus, die diese selbst bestimmt und auf Ränge in den Wahllisten setzt ?

Welche Möglichkeit habe ich, einen Abgeordneten zu wählen, der überhaupt nicht auf der Liste erscheint, weil die Partei es nicht für richtig hält ?

In diesem Sinne hat die Partei schon für mich gewählt und ich werde eigentlich nur aufgefordert, den genannten Kandidaten zu bestätigen.

Ist da nicht ein generelles Verbot, daß sich zwischen dem Wähler und Abgeordneten eine Institution egal welcher Art und Form schiebt ?

Über Ihre Stellungnahme würde ich mich sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Mertens

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mertens,

vielen Dank für Ihre Anfrage zum Wahlgrundsatz der Unmittelbarkeit gemäß Art. 38 Abs. 1 GG.

Wie Sie sicherlich wissen, besteht unser Wahlsystem aus einer Mischung zwischen Mehrheitswahl und Verhältniswahl. Die Mehrheitswahl ist eine Personenwahl. Die Verhältniswahl ist hingegen eine Parteienwahl. Der Wähler ist hierbei an die von den Parteien vorgeschlagenen Listen und die in ihnen festgelegte Reihenfolge der Bewerber gebunden. Sie fragen sich daher - auf den ersten Blick berechtigt, ob durch die Bestimmung der Listenplätze die Unmittelbarkeit der Wahl verletzt sei. Diese Frage hat auch schon das Bundesverfassungsgericht mehrfach beschäftigt. Ein Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz wurde jedoch nicht festgestellt. Trotz einiger kritischer Stimmen aus der Literatur bin ich auch der Meinung, dass eine Listenwahl zulässig ist, sofern die Wähler das letzte und entscheidende Wort haben.

Dem Wähler wird die Möglichkeit, eine bestimmte Einzelperson zu wählen, insoweit beschränkt, als seine Zweitstimme nicht einer bestimmten Person auf der Liste zugerechnet wird, vielmehr entscheidet sich der Wähler hierbei zwischen Kandidatenlisten der Parteien. Die Unmittelbarkeit der Wahl ist also formal zu verstehen und wird hierbei nicht aufgehoben, denn dieser Grundsatz hindert nicht, dass die Wahl eines Bewerbers von der Mitwahl weiterer Bewerber abhängig gemacht wird, was bei der Listenwahl typischerweise geschieht. Zwischen Wähler und Wahlbewerber tritt keineswegs eine weitere Instanz auf. Die Wahl von auf einer Liste im Voraus festgelegten Kandidaten ist als unmittelbare Wahl von Abgeordneten anzusehen. Ihre Sorge, die Erstellung der Landesliste verstieße gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit, ist daher unbegründet. Schließlich bewerben sich die Kandidaten um die Listenplätze und können nicht nach Belieben von der Partei bestimmt werden. Nicht der Parteivorstand, sondern die Landesvertreterversammlung wählt die Kandidaten aus. Dabei ist es nicht unüblich, dass sich um einen Listenplatz mehrere Kandidaten bewerben.

Zuletzt möchte ich darauf hinweisen, dass ein Kandidat, der nicht auf der Landesliste steht, unter bestimmten Voraussetzungen als Direktkandidat gewählt werden kann. Andere Möglichkeiten, Ihren Wunschkandidaten zu wählen, bestehen leider nicht. Zu diesem Thema möchte ich Ihnen eine Entscheidung des Bundesverfassungsgericht mit weiteren Verweisen empfehlen: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20080114_2bvr197507.html

Mit freundlichen, liberalen Grüßen

Ihr Christian Ahrendt