Frage an Christian Ahrendt von Frank S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Ahrendt,
momentan erhalten die Haushalte Deutschlands ein Schreiben von ARD/ZDF/Deutschlandradio, das die Neuregelung des "Rundfunkbeitrags" betrifft. Sind Sie wirklich der Meinung, dass ein Haushalt, in dem keine rundfunkempfangenen Medien vorhanden sind, trotzdem zahlen sollten?
Bislang zahle ich keinen Beitrag, ich besitze kein taugliches Gerät, da mir die Medienlandschaft zuwider ist - diese Frage verfasse ich aus einem Internetcafe. Nun soll ich ab 2013 17,98 Euro (eine merkwürige Summe, oder?) bezahlen - für nichts. Klar, man kann sagen, dass die Öffentlichen die politische Meinungsbildung fördern usw. Audi baut aber auch ohne mich Autos, wenn ich keins kaufe, muss ich es nicht bezahlen.
Sie gehören dem Ausschuss "Recht" an, sind Sie der Meinung, dass diese Regelung rechtens ist? Ist sehe ein, dass es hier Vereinfachungen für Haushalte mit vielen Menschen gibt - und das finde ich auch gut, aber mit meinem Rechtsverständnis lässt sich dies nicht vereinbaren.
Beste Grüße
Frank Schilden
Sehr geehrter Herr Schilden,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum neuen Gebührenmodell der Rundfunkfinanzierung. Auch wenn das Thema Rundfunk laut Grundgesetz zur Ländersache ist, möchte ich gerne als rechtspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion dazu Stellung nehmen.
Grundsätzlich sind auch wir Liberalen mit dem ab 1. Januar 2013 in Kraft tretenden Modell der Haushalts- und Betriebsstättenabgabe nicht glücklich, wenn auch die Gründe an manchen Stellen von ihrer Argumentation abweichen mögen. Gerne möchte ich Ihnen daher meine Kritikpunkte und den Verbesserungsvorschlag der FDP-Bundestagsfraktion näher erläutern.
Ich befürworte es, dass jeder Bürger in Deutschland die Möglichkeit haben sollte, sich unabhängig und ausgewogen über unsere öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten informieren zu können oder sich einfach auch „nur“ unterhalten zu lassen. Zum Schutze des Guts der freien Meinungsbildung aller Menschen unterstütze ich daher das Prinzip, dass die Rundfunkanstalten staatsfern, unabhängig, aber auch solidarisch von den Bürgerinnen und Bürgern getragen werden, um potentiell jedem diesen Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten zu ermöglichen.
Um das Gebührenmodell zu vereinfachen, ist der in der Reform eingeschlagene Weg, den Beitrag nicht mehr an das Endgerät zu binden, zwar scheinbar ein Schritt in die richtige Richtung, geht der FDP-Bundestagsfraktion jedoch noch nicht weit genug.
Die neue an den Haushalt und an die Betriebsstätte gebundene Abgabe birgt noch immer verfassungsrechtliche Risiken und gerade auch für einzelne Berufsgruppen eine hohe Abgabenbelastung.
Wir Liberalen finden es nicht gerecht, dass die Gruppe von Bürgern, die bereits ihre Rundfunkgebühren zahlen einer Vielzahl von Nutzern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüberstehen, die sich der Abgabe entziehen. Diese ungleiche Belastung wird unter Berücksichtigung des Gleichheitssatz des Art.3 Grundgesetz in der Konsequenz dazu führen, dass auch der neuen Regelung droht, für verfassungswidrig erklärt zu werden, da sie dieses sogenannte „strukturelle Erhebungsdefizit“ nicht verbessert.
Daneben erscheint der FDP-Bundestagsfraktion die Ausdehnung der Abgabe auf die Betriebsstätten aus wirtschaftspolitischen Gründen abwegig. Warum sollte ein Arbeitgeber mit Rundfunkgebühren für seine Arbeitnehmer belastet werden, wenn diese bereits ihre Abgabe über den Haushalt entrichten? Dies führt zu einer nicht gerechtfertigten Erhöhung der Arbeitsplatzkosten insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, ganz zu schweigen von Unternehmen mit mehreren Kraftfahrzeugen, die durch die Beitragspflicht für Kfz-Fahrzeuge, die unserer Meinung nach wieder stark an eine gerätegekoppelte Abgabe erinnert, ebenfalls mehrfach zahlen müssten.
Die Liberalen sprechen sich aus diesen Gründen bereits seit Jahren für eine gerechtere, da personenbezogene Medienabgabe aus. Diese einmal erhobene Abgabe richtet sich dann an alle einkommensteuerpflichtigen Personen, unabhängig davon ob angestellt oder selbstständig. Ohne bürokratischen Mehraufwand könnte diese Gebühr ähnlich der Kirchensteuer treuhänderisch über die Finanzämter erhoben werden und würde aus der somit überflüssig gewordenen kostenerzeugenden Gebühreneinzugszentrale keine bundesweite Datensammelstelle machen.
Da es sich bei der von uns favorisierten Medienabgabe um eine niedrigere Gebühr als die aktuelle und die kommende Haushalts- und Betriebsstättenabgabe handeln würde, erfährt sie aus unserer Erfahrung deutlich mehr Zuspruch aus der Bevölkerung und stellt meiner Meinung nach eine adäquate und vor allem gerechtete Alternative dar und vielleicht auch ihrem Rechtsverständnis näher kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Ahrendt