Frage an Christian Ahrendt von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ahrendt,
unter der URL http://www.golem.de/1005/75236.html wird berichtet, dass sie im Rechtsausschuss des Bundestages maßgeblich zur Vertagung einer Subsidiaritätsrüge der Grünen hinsichtlich der Pläne der EU-Kommission zum Thema Internetzensur beigetragen haben.
Bisher hatte ich den Eindruck, die FDP träte mit Nachdruck für das Subsidiaritätsprinzip im Allgemeinen und gegen Internetzensur im Besonderen ein.
Könnten Sie bitte erklären, wieso Sie dem Antrag nicht zustimmen konnten?
Sehr geehrter Herr Spengler,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Gern möchte ich Ihnen erklären, weshalb ich für die FDP-Bundestagsfraktion in der Sitzung des Rechtsausschusses am 19. Mai 2010 beantragt habe, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN zu vertagen.
Zunächst möchte ich jedoch klarstellen, dass die Vertagung unsere Haltung gegenüber den Internetsperren unberührt lässt. Wir teilen ausdrücklich die Auffassung, dass das Löschen von Missbrauchsdarstellungen von Kindern im Internet wesentlich effektiver als Internetsperren ist. Internetsperren lehnen wir ab, weil sie leicht zu umgehen und daher sinnlos sind.
Bei der verfassungsrechtlichen Prüfung des Zugangserschwerungsgesetzes durch den Präsidenten hat sich die neue Bundesregierung unter Beteiligung der FDP klar positioniert. Beteiligt waren das Bundesjustizministerium, Bundesinnenministerium und das Bundeskanzleramt. Aus der bekannt gewordenen schriftlichen Stellungnahme ergibt sich unmissverständlich, dass die gegenwärtige Bundesregierung eine Gesetzesinitiative zur Löschung kinderpornographischer Inhalte im Internet beabsichtige.
Die in der Richtlinie vorgesehenen Netzsperren lehnen wir folgerichtig genauso ab. Schließlich haben wir nichts anderes mit unserem Koalitionspartner im Koalitionsvertrag vereinbart.
Zur Erhebung der Subsidiaritätsrüge gilt folgendes: Die Frist für die Erhebung einer Subsidiaritätsrüge ist nur dann sinnvoll, wenn sich mehr als ein Drittel aller nationalen Parlamente in der Europäischen Union bis zum Ablauf dieser Frist inhaltlich auf dieselbe Rüge verständigen. Dies war aber hier nicht ersichtlich. Insofern handelt es sich auch nicht um eine Ausschlussfrist. Der Bundestag kann sich also auch noch nach Ablauf der Frist äußern. Die Justizministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger hat sich bereits in einem Brief an die zuständige EU-Kommissarin Malmström gewandt und erklärt, dass Netzsperren kein wirksames Mittel zur Bekämpfung der Missbrauchsdarstellungen seien.
Indes ist es rechtlich umstritten, ob die Subsidiaritätsrüge erhoben werden kann, um die fehlende Rechtsgrundlage anzugreifen. Das wäre aber vorliegend der Fall gewesen. Diese Frage bedarf noch der Klärung. Mir ist durchaus bewusst, dass der Antrag im Rechtsausschuss in der Außenwirkung Verwirrung ausgelöst hat, doch möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass ich gemeinsam mit der FDP-Bundestagsfraktion unsere Linie weiter verfolgen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Ahrendt