Frage an Christel Humme von Friederike S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Humme,
mein Mann ist seit 3 Jahren arbeitslos. Das Arbeitsamt hat ihm bis jetzt so gut wie nichts anbieten können und mit fast 50 Jahren scheitert man mit allen Bewerbungen. Wie können Sie und Ihre Partei es ermöglichen, dass die Menschen, die arbeiten wollen auch Arbeit finden und man ihnen eine Chance gibt?
Sehr geehrte Frau Schmidt,
herzlichen Dank für Ihre E-Mail. Ihre Fragen nach den Möglichkeiten
meiner Partei, wieder für mehr Beschäftigung in Deutschland zu sorgen,
beantworte ich sehr gern.
Neue Arbeitsplätze zu schaffen und die bestehenden zu erhalten, ist und
bleibt das Gebot der Stunde. Jeder Mensch, der arbeiten möchte, soll
einen Arbeitsplatz bekommen. Das ist unsere feste Überzeugung. Denn
Arbeit bedeutet nicht nur die Sicherung des Lebensunterhalts. Arbeit zu
haben bedeutet auch Teilhabe und Selbstverwirklichung.
Die Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen. Das kann nur die
Wirtschaft. Aber wir Politikerinnen und Politiker können
Rahmenbedingungen setzen, die Wachstum und die Schaffung neuer
Arbeitsplätze ermöglichen. Das haben wir getan – und das wollen wir
fortsetzen:
• Wir sind Exportweltmeister, aber wir bleiben es nur, wenn wir
Hochleistungsland bleiben. Deshalb fördern wir die Forschung und
Entwicklung von Hochleistungsprodukten stark. Denn Innovationen sind der
entscheidende Jobmotor.
• Die Schaffung neuer Arbeitsplätze ist vorrangig die Aufgabe der
Unternehmen. Wir sorgen dafür, dass sie wettbewerbsfähiger sind, was
Steuern und Abgaben angeht. Wir haben mit unserer Gesetzgebung die
Lohnnebenkosten (Renten- und Krankenversicherung) sowie die steuerliche
Belastung der Unternehmen gesenkt.
• Die kommunalen Investitionen müssen wieder steigen. Das sichert und
schafft Arbeitsplätze vor Ort. Die Entwicklung der
Gewerbesteuereinnahmen ist sehr positiv. Außerdem haben wir Kommunen
massiv entlastet, indem der Großteil der ehemaligen
SozialhilfeempfängerInnen jetzt Arbeitslosengeld II vom Bund bezieht.
Wo wir durch Förderung selbst für mehr Arbeitsplätze sorgen können,
wollen wir dies tun. Beispielsweise gewinnt der Bereich der
haushaltsnahen Dienstleistungen immer mehr an Bedeutung. Wir wollen
diese Entwicklung fördern und prüfen, wie wir für zusätzliche Impulse
sorgen können. Auch der Bereich der energetischen Gebäudesanierung, bei
dem alle Möglichkeiten der Energieeinsparung ermittelt und genutzt
werden, wird weiter hoch gefördert. So beginnen wir z.B. ein Programm
der der Sanierung der öffentlichen Gebäude und reduzieren damit unter
anderem den CO2-Ausstoß. Das schafft Arbeitsplätze und hilft der Umwelt.
Mit unserer großen Arbeitsmarktreform ist es gelungen, für viele
Menschen neue Wege aus der Arbeitslosigkeit in Beschäftigung zu eröffnen.
Leider gehört Ihr Mann noch nicht dazu. Sicherlich, weil die Umsetzung
auch hier bei uns im Ennepe-Ruhr-Kreis noch mehr Zeit braucht, um
reibungslos zu funktionieren und Wirkung zu zeigen. Ich bin jedoch
überzeugt: Der begonnene grundlegende Umbau der Bundesanstalt für Arbeit
(BA) zu einem modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt war der richtige
Schritt. Er wird Ende des Jahres abgeschlossen sein. Die BA wird dann
den Arbeitssuchenden die bestmögliche Dienstleistung zur Verfügung
stellen. Arbeitssuchende und offene Stellen werden künftig sehr viel
schneller zusammengebracht.
• Schon heute erleben Ich-AGs und Minijobs einen Boom. Wir wollen sie
als Einstieg in existenzsichernde Beschäftigung gestalten und steuern.
• Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe (Hartz IV)
haben wir eine Grundsicherung für alle arbeitsfähigen
Langzeitarbeitlosen eingeführt. Dadurch ist die Zahl der Arbeitslosen
zwar statistisch um einige Hunderttausend gestiegen. Aber wir haben so
über eine Million erwerbsfähige Sozialhilfempfängerinnen und
Sozialhilfeempfänger aus der Sozialhilfe herausgeholt. Sie erhalten
jetzt endlich das gleiche umfassende Angebot an Förderung und
Jobvermittlung wie alle anderen Arbeitssuchenden. Sie sind jetzt
kranken- und pflegeversichert und haben die Möglichkeit, eine
Alterssicherung mit 5 Euro monatlich aufzubauen.
• Wir wollen, dass keine Jugendliche und kein Jugendlicher sein
Arbeitsleben mit Arbeitslosigkeit beginnen muss. Deswegen haben wir
dafür gesorgt, dass die Arbeitsvermittler besonders viel Zeit und Mühe
auf Jugendliche verwenden. Ein Vermittler wird sich künftig um nur noch
75 jugendliche Erwerbslose kümmern müssen, statt wie bisher um 400.
Dafür reformieren wir. Unser Ziel bleibt: kein junger Mensch unter 25
Jahren soll länger als 3 Monate ohne Arbeit, Ausbildung oder
weiterführende Beschäftigung bleiben.
Nicht nur die jüngeren, auch die älteren Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer haben wir im Blick. Sie schreiben, Ihr Mann hätte mit knapp
50 Jahren kaum noch Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Leider ist das heute
noch weitgehend so, doch auch das wollen wir ändern.
41% der Betriebe in Deutschland beschäftigen keine Menschen mehr, die
älter als 50 Jahre sind. Diese Personalpolitik ist nicht
zukunftstauglich. Denn aufgrund des demographischen Wandels gibt es
immer weniger Junge. Unternehmerinnen und Unternehmen können es sich
nicht leisten, auf das Erfahrungswissen und die Talente der Älteren zu
verzichten.
Weitblickende Unternehmen setzen deshalb bewusst auf ihre älteren
MitarbeiterInnen – mit großem wirtschaftlichen Erfolg. Denn auf Dauer
erzielen altersgemischte Teams die besten Arbeitsergebnisse.
„Integrieren statt entlassen“ muss das Motto lauten!
Wir sozialdemokratische Politikerinnen und Politiker schaffen hierfür
verstärkt die entsprechenden Rahmenbedingungen. Wir kennen die besondere
Situation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Daher hat das
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit auf Initiative der
SPD-Bundestagsfraktion zugesagt, diesen Personenkreis besonders zu
fördern und gezielte Wiedereingliederungsmaßnahmen zu entwickeln.
Regionale Beschäftigungspakte
So wurde eine Ausschreibung für regionale Beschäftigungspakte
verabschiedet, die mit 250 Mio. € vom Bundesministerium für Wirtschaft
und Arbeit gefördert wird. Ziel dieser Pakte soll sein, konkrete
Programme zu fördern, die gerade die Gruppe der Arbeitnehmer über 50
Jahren in den Arbeitsmarkt eingliedert:
Beschäftigungspakt mit der Wirtschaft
Ein Pakt zwischen Politik, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden soll
die Beschäftigungschancen Älterer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
verbessern. Erste Gespräche wurden hier schon geführt. Klar ist:
Unternehmen müssen ihren Teil dazu beitragen, mehr Arbeitsplätze zu
schaffen. Hier stehen sie in der gesellschaftlichen Verantwortung.
Konkret unterstützt unsere Arbeitsmarktpolitik die Einstellung älterer
Arbeitnehmer durch folgende Maßnahmen:
• Arbeitgeber, die einen über 55-jährigen Arbeitslosen erstmalig
beschäftigen, werden von ihrem Beitrag zur Arbeitslosenversicherung
befreit.
• Arbeitslose, die älter als 50 Jahre sind und eine Beschäftigung
aufnehmen, bei der sie weniger als zuvor verdienen, können für eine
bestimmte Zeit eine Aufstockung ihres Gehaltes um 50 % des
Differenzbetrages zum vorherigen Einkommen erhalten.
• Für über 50-jährige Arbeitnehmer in einem Betrieb mit weniger als 100
Beschäftigten übernimmt die Arbeitsagentur die Kosten der Weiterbildung.
• Arbeitnehmer, die älter als 52 Jahre sind, können generell befristet
beschäftigt werden.
Beschäftigungspakt mit den Ländern – 50.000 Zusatzjobs für Ältere
Zwar hat die Wiedereingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt Vorrang
gegenüber allen Fördermaßnahmen. Allerdings ist es für die Zielgruppe
der Älteren gerade in strukturschwachen Regionen notwendig,
Arbeitslosigkeit durch eine öffentlich geförderte Beschäftigung sozial
abzufedern und eine Perspektive bis zum Übergang in die Rente zu
eröffnen. Für über 58-Jährige werden in Zusammenarbeit mit den Ländern
insgesamt 50.000 Zusatzjobs in gesellschaftlich sinnvollen
Beschäftigungsfeldern eingerichtet.
Beschäftigungspakt mit den Regionen – Förderung innovativer Projekte und
Vorbilder mit 250 Mio. €
Durch Einbeziehung der Wirtschaft, Gewerkschaften sowie aller regionalen
Akteure werden auch lokale Erfahrungen und Potentiale genutzt. Durch die
Bereitstellung von lokalen bzw. regionalen Budgets sollen neue Wege zur
Eingliederung älterer Langzeitarbeitsloser eröffnet werden. Hierzu
sollen in einem bundesweiten Wettbewerb die 50 besten Konzepte mit
jeweils 5 Mio. € – insgesamt also mit 250 Mio. € – gefördert werden.
Wenn eine Region gute Ideen zur Beschäftigung Älterer entwickelt, soll
sie belohnt werden. Mit unseren Beschäftigungspakten für Ältere werden
wir 50 überzeugende Eingliederungskonzepte für ältere
Langzeitarbeitslose mit jeweils bis zu 5 Millionen Euro fördern.
Wir arbeiten gemeinsam mit den Tarifpartnern und Wissenschaftlern daran,
die Bedingungen für längere Erwerbstätigkeit zu verbessern. Dabei geht
es uns nicht um eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters.
Wir wollen aber, dass die älteren ArbeitnehmerInnen die Chance haben,
bis zum Alter von 65 Jahren zu arbeiten, ohne vorher mit
Rentenabschlägen aufs Abstellgleis geschoben zu werden.
Eine der Voraussetzungen hierfür ist das Lebenslange Lernen. Es muss
selbstverständlich werden, damit jede und jeder mit dem
Wissensfortschritt mithalten und sich kontinuierlich Weiterbilden kann.
Hier sind auch die Arbeitgeber gefordert, die notwendigen Mittel und
Lernzeiten zur Verfügung zu stellen.
Wer lange im Erwerbsleben bleiben will, muss gesund bleiben. Mit unserem
Präventionsgesetz wollen wir die Gesundheit der Menschen nachhaltig
verbessern. Gesundheitserhaltende Maßnahmen dürfen nicht erst bei den
Älteren ansetzen, sondern müssen quasi vom ersten Tag an ergriffen
werden. Dazu brauchen wir altersgerechte Arbeitsplätze, ein
ganzheitliches Gesundheitsmanagement und einen starken Arbeitsschutz.
Sehr geehrte Frau Schmidt, ich hoffe, ich konnte Ihnen in meiner Antwort
einen verständlichen Überblick über die Akzente unserer
sozialdemokratischen Arbeitsmarktpolitik geben. Mehr noch wünsche ich
natürlich Ihrem Mann einen baldigen Wiedereinstieg in das Berufsleben
und Ihnen beiden alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Christel Humme