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Christel Humme
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Frage von Maren K. •

Frage an Christel Humme von Maren K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Humme!
Mit großer Enttäuschung habe ich die mit Frau Falk veröffentlichte Presseerklärung zum Thema "Contergan" zur Kenntnis genommen.
Sie monieren, die Forderungen der Betroffenen würden auf einen Sonderstatus hinauslaufen. Der Staat hat mit dem Stiftungsesetz die Verantwortung für uns von Grünenthal übernommen. bestätigt durch das Bundesverfassungsgericht: „Wenn der Gesetzgeber diesen Schadensbereich aus dem privat autonomen Regelungsbereich herausgenommen + die Lösung der sicherlich schwierigen Aufgaben zu einer staatlichen Angelegenheit gemacht hat, obliegt es ihm, auch in Zukunft darüber zu wachen, daß die Leistungen der Stiftung – sei es in Form von Rentenerhöhungen oder in sonstiger Weise – der übernommenen Verantwortung gerecht werden.“ (BVerfGE 42, 263, Seite 15). Sie konstatieren, dass vom Bund keine Leistungen mehr kommen - keine Gleichbehandlung von Contergangeschädigten in Europa? Die Vermutung drängt sich auf, dass "Gleichbehandlung" dann bemüht wird, wenn es den Staat nichts kosten soll!
Großzügig verweisen Sie auf die Sozialleistungen, die von den meisten Conterganopfern bereits in Anspruch genommen werden müssen - zu oft abgelehnt + vor den Sozialgerichten eingeklagt.
Ein behinderter Mensch, der 20 Jahre in einer WfbM gearbeitet hat, erhält bei Arbeitsunfähigkeit ein volle Rente. Wir arbeiten Teilzeit oder müssen in Frührente gehen- mit gravierenden Abschlägen in der Altersversorgung!

Vor einigen Wochen wurde auf die Arbeit an einem fraktionsübergreifenden Antrag zur deutlichen Verbesserung der Situation der Conterganopfer angekündigt: Wie weit ist dieser Antrag gediehen? Denn eine deutliche Verbesserung ist die Skizzierung in Ihrer PE nicht!
Ist die Presseerklärung das Ergebnis oder nur Ihre persönliche Meinung und die von Frau Falk? Oder die des Familienausschusses?

In der Hoffnung auf eine Antwort jenseits der bekannten Floskeln -die Antworten der Politiker sind verblüffend ähnlich!-
verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Maren Kühlen

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Kühlen,

vielen Dank für Ihre Mail. Es tut mir leid, dass Sie über die bisherigen Verhandlungsergebnisse enttäuscht sind. Gemeinsam mit Frau Falk, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Unions-Bundestagsfraktion, bin ich seit Beginn des Jahres in regelmäßigem Austausch mit den entsprechenden Fachleuten aus dem Familienministerium, Repräsentanten der Contergangeschädigten sowie der Geschäftsführung der Firma Wirtz/Grünenthal. In der Arbeitsgruppe Familie ist meine Fraktionskollegin Marlene Rupprecht als zuständige Berichterstatterin mit dem Thema befasst.

Im Zuge unserer gemeinsamen Verhandlungen konnten wir deutliche Verbesserungen für die Opfer von Contergan erreichen: Die monatlichen finanziellen Unterstützungen wurden ab dem 1. Juli 2008 verdoppelt. Der Höchstsatz der bislang sogenannten Rente von 545 Euro monatlich wurde auf 1.090 Euro angehoben. Das sind 6.540 Euro jährlich mehr für die am schwersten Geschädigten. Dieser Betrag wird nicht auf andere Zahlungen, wie z.B. Erwerbsminderungsrenten, SGB II-Zahlungen oder Sozialgeld angerechnet.

Unabhängig von diesen Unterstützungen aus der Conterganstiftung stehen den Geschädigten zusätzlich die Ansprüche auf Leistungen aus den Sozialversicherungen wie Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherung bzw. die Eingliederungshilfen nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch zu.

Sie haben Recht, wenn Sie in Ihrer Mail darauf hinweisen, dass Gewährung von Sozialleistungen von Contergangeschädigten teils mühsam und teils nur mit gerichtlicher Hilfe möglich war. Daher möchten wir bei den anstehenden gesetzlichen Änderungen ein spezielles Augenmerk darauf richten, wie Gesundheits- und Pflegleistungen von Contergangeschädigten leichter und flexibler in Anspruch genommen werden können.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten bringen einen Antrag zur angemessenen und zukunftsorientierten Unterstützung der Contergangeschädigten in den Deutschen Bundestag ein, in dem es um ein ganzheitliches Konzept zur Begleitung der Spätschäden geht ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/112/1611223.pdf ). Für den Antrag der Koalitionsfraktionen sowie der FDP werben wir selbstverständlich im zuständigen Familienausschuss ebenso wie bei der Verabschiedung im Deutschen Bundestag um eine breite Unterstützung durch alle Fraktionen.

Außerdem werden wir einen Entwurf zur Änderung des Conterganstiftungsgesetzes in den Bundestag einbringen. Das Bundeskabinett hat dazu am 3. Dezember bereits eine Formulierungshilfe verabschiedet. Durch den Fraktionsentwurf können wir die Fristen verkürzen und so die geplanten Verbesserungen so schnell wie möglich auf den Weg bringen. Wichtigste Maßnahmen darin sind Sonderzahlungen an die Conterganopfer aus dem Stiftungsvermögen. Das Stiftungsvermögen umfasst rund 100 Mio. Euro und enthält auch die Zuwendung von 50 Mio. Euro der Firma Grünenthal. Die Sonderzahlungen sollen ab 2009 bis 3.000 Euro (je nach Schweregrad der Schädigung) pro Jahr betragen. Eine solche jährlich lebenslange Zahlung garantiert eine verlässliche Grundlage für die Betroffenen -- Jahr für Jahr, ein Leben lang.

Wir sind gerade am Beginn der parlamentarischen Beratungen. Daher bitte ich Sie um Verständnis, dass ich nun zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens keine detaillierteren Auskünfte machen kann. Nur eines ist klar: Die Lebenssituation der Contergangeschädigten liegt uns sehr am Herzen. Wir haben vieles erreicht und wir werden uns weiterhin im Rahmen des vorhandenen Budgets für Sie einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Christel Humme

stellvertretende Vorsitzende der
SPD-Bundestagsfraktion