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Christel Humme
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Frage von Torsten W. •

Frage an Christel Humme von Torsten W. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Humme,

ich wende mich das erste mal an einen Politiker,da mich die Debatte um dieses Thema mittlerweile sehr erregt und ich darin eine entscheidende Weichenstellung der Erziehung unserer Kinder entdecke.

Zunächst möchte ich festhalten,dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung glaubt,dass es hierbei um Kindergartenkinder geht,wie mir etliche Diskussionen im Bekanntenkreis beweisen.
Gestern wurde sogar auf WDR 5 die Vokabel Kindergarten mit Kindertagesstätte vertauscht.
Wann stellt Ihre Partei endlich klar, dass wir hier von Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren sprechen?
Das wird meiner Meinung bewusst bei jeder Diskussion verschwiegen.
Auf Vergleiche mit nicht genutzten Kultureinrichtungen ihrer hochrangigen Parteimitglieder möchte ich erst gar nicht eingehen.Äpfel und Birnen kennen wir ja alle.

Ich finde,das Betreuungsgeld ist ein kleiner Zuschuss um seine Kinder so aufzuziehen, wie es lange in Deutschland üblich war.Eine überwältigende Mehrheit wurde in den ersten 3 Lebensjahren von ihren Müttern betreut.
Erst in den letzten Jahren wurde es einem grossen Teil der Bevölkerung unmöglich mit einem Gehalt seine Kinder Zuhause zu erziehen.Die 150€ sind also ein immer noch viel zu kleiner Zuschuss jedem die Wahl zu lassen wo sein Kind die ersten 3 Jahre verbringt.

Den Staat wo es üblich war,Kinder so früh abzuschieben kennen wir ja alle.

Ein Problem,dass ich übrigens auch wie viele andere sehe, ist natürlich dass manche Kinder besser in einer Kita aufgehoben wären.
Das ist allerdings ein soziales oder ethnisches Problem,dass auf anderem Wege gelöst werden sollte.
Ich bin nicht bereit,deshalb auf meine erwünschte Betreuungsform zu verzichten.

Meine Frau haben sie durch dieses Thema als ansonsten langjährige SPD Wählerin verloren.

Über eine Stellungnahme würde ich mich sehr freuen!

Mit freundlichen Grüßen,

Torsten Wenz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wenz, herzlichen Dank für Ihre Mail.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten stehen für eine geschlechtergerechte Gesellschaft und Chancengleichheit für alle Kinder. Daher hat meine Fraktion gegen die Einführung eines Betreuungsgeldes gestimmt und ihre Position in dem Antrag "Kita-Ausbau statt Betreuungsgeld" deutlich gemacht (BT-Drucksache 17/9572) http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/095/1709572.pdf

Die SPD setzt sich in der Familien- und Gleichstellungspolitik dafür ein, dass Eltern die richtigen Rahmenbedingungen dafür vorfinden, damit sie ihre individuellen Wünsche, wie sie als Paar Erziehungs- und Erwerbsarbeit miteinander vereinbaren wollen, tatsächlich auch erfüllen können. Dazu gehört selbstverständlich auch Ihr Wunsch, Ihr Kind drei Jahre lang zu Hause zu erziehen. Für diejenigen allerdings, die nach einem Jahr Elternzeit Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen und dafür eine Kita für ihre Kinder in Anspruch nehmen müssen, ist eine tatsächliche Wahlfreiheit heute leider noch nicht gegeben.

Die familienpolitischen Leistungen orientieren sich zur Zeit noch stark an einem Familienmodell, dass davon ausgeht, dass ein Partner (in der Regel die Frau) zu Hause bleibt, die Kinder erzieht und eventuell noch „etwas dazuverdient“. Der andere Partner (meist der Mann) sorgt als Familienernährer für das Haupteinkommen der Familie. Diese traditionelle Rollenverteilung wird allerdings heutzutage von über 80% der jungen Frauen und Männer als nicht mehr erstrebenswert abgelehnt. Dennoch lässt sich der Staat die Förderung dieses Modells, das ganz offensichtlich an der Lebenswirklichkeit der meisten jüngeren Eltern vorbeigeht, hohe Summen kosten.
Die Ehe wird besonders dann gefördert, wenn einer viel, der andere gar nichts oder nur sehr wenig verdient. Dieses so genannte Ehegattensplitting kostet die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 30 Milliarden Euro jährlich! Darüber hinaus werden die kostenfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung und die Witwenrente als so genannte versicherungsfremde Leistungen ebenfalls über die Steuern finanziert. Jährlich werden zudem 4,5 Milliarden Euro für das Elterngeld zur Verfügung gestellt. Nimmt man das Kindergeld und den Kinderzuschlag dazu, dann erreichen die familienpolitischen Leistungen des Staates eine stattliche Summe von 187 Milliarden Euro, die der Steuerzahler Jahr für Jahr aufbringen muss.

Im Vergleich dazu nimmt sich ein Betrag von einmalig 4,6 Milliarden Euro und jährlich 700 Millionen Euro für die Förderung der dringend erwarteten Betreuungsplätze für Unter Dreijährige geradezu verschwindend gering aus.
Jetzt sollen zu den 187 Mrd Euro jährlich zusätzlich für das gleichstellungs- und bildungspolitisch hochproblematische Betreuungsgeld weitere 1,5 Mrd Euro aus dem Staatshaushalt gezahlt werden. Wohl wissend, dass damit die tatsächliche Wahlfreiheit weiter eingeschränkt wird. Denn diese Mittel stehen für den nötigen Kita-Ausbau für Unter Dreijährige nun nicht mehr zur Verfügung.

Für gute Bildungs- und Betreuungsangebote brauchen wir Investitionen in Qualität und Quantität. Denn selbstverständlich geht es nicht darum, Kinder so früh wie möglich irgendwohin „abzuschieben“. Alle Kinder haben das Recht, von klein auf unabhängig von ihrer Herkunft- individuell und bestmöglich gefördert zu werden und in regelmäßigen Kontakt mit Gleichaltrigen zu kommen. Daher macht sich die SPD für beste Bildung und Betreuung in Ergänzung zum jeweiligen Elternhaus stark.

Ich hoffe ich konnte Ihnen mit diesen Zeilen die Zielrichtung unserer Familienpolitik erläutern und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.

Mit herzlichen Grüßen nach Witten

Christel Humme