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Christel Humme
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Frage von Julian T. •

Frage an Christel Humme von Julian T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Humme,

ich habe mit Sorge und Empörung mitverfolgt, wie auf Bestreben von Roland Koch der Vertrag des Chefredakteurs des ZDF Nikolaus Brender, entgegen des Vorschlags des Intendanten dieses Senders und vermutlich wegen zu unbequemer Berichterstattung, nicht verlängert wurde.

35 prominente Staatsrechtler sind der Meinung, dass dieser Vorgang gegen die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit verstößt.

Wie sehen Sie diesen Vorgang? Wo sehen sie die Rolle der Oppositionsparteien mit ihrer Kontrollfunktion bei dieser Entscheidung? Würden Sie persönlich als Bundestagsabgeordnete eine Normenklage im Bundestag beim Bundesverfassungsgericht unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen, Julian Toewe

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Toewe,

vielen Dank für Ihre Mail.
Sie kritisieren - völlig zu Recht - die Entscheidung des ZDF-Verwaltungsrates vom 27. November 2009, den Vertrag des ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender entgegen eines Vorschlages des ZDF-Intendanten nicht zu verlängern.

Ich teile Ihre Auffassung, dass es sich hierbei um einen gravierenden Vorgang handelt, der einen schweren Schaden für den unabhängigen Journalismus und die Rundfunkfreiheit bedeutet. Nach weitgehend übereinstimmender Einschätzung in den Medien hat die unionsorientierte Seite des Verwaltungsrates, organisiert vom Ministerpräsidenten Roland Koch, die erforderliche qualifizierte Mehrheit aus rein parteipolitischen Gründen verweigert.

Die SPD in Bund und in den Ländern hat von Anfang an deutlich gemacht, dass der Vorgang Konsequenzen haben muss und wir hierüber sorgfältig beraten werden, auch mit den Betroffenen aus den Ländern und dem ZDF. Dabei kommen aus Sicht der SPD sowohl rechtliche Schritte als auch Änderungen im ZDF-Staatsvertrag in Betracht.

Mit ihrer Initiative vom 04. Dezember 2009 haben Kurt Beck und vier weitere SPD-Länderchefs konkrete Änderungsvorschläge zum ZDF-Staatsvertrag vorgelegt. Diese Vorschläge werden von der SPD und mir persönlich unterstützt und auch in den Medien sowie seitens zahlreicher Staats- und Verfassungsrechtler begrüßt. Sie finden diese Änderungsvorschläge im Internet unter http://www.rlp.de/no_cache/aktuelles/presse/einzelansicht/archive/2009/december/article/ministerpraesident-kurt-beck-zdf-staatsvertrag-aendern-1/.

Vom Verfahren her ist es - nicht zuletzt auch mit Blick auf das ZDF und die dort tätigen Journalistinnen und Journalisten - richtig, zunächst den Weg einer Änderung des Staatsvertrages zu gehen, bevor über einen möglichen Gang nach Karlsruhe entschieden wird. Wenn alle Länder mitziehen, kann eine Vertragsänderung deutlich schneller zum Ziel und zu Rechtssicherheit führen, als ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das dann auch erst noch umgesetzt werden muss.

Um den politischen Veränderungswillen der SPD zu unterstreichen und für den Fall, dass die politische Initiative von Ministerpräsident Kurt Beck auf der Sitzung der Rundfunkkommission der Länder im Februar von der CDU zurückgewiesen wird, werden Vorarbeiten für ein Normenkontrollverfahren bereits jetzt eingeleitet. Sollte sich die Union also einer substanziellen Änderung des ZDF-Staatsvertrages verschließen, wird die SPD-Bundestagsfraktion die Initiative ergreifen, um den ZDF-Staatsvertrag im Wege der abstrakten Normenkontrolle auf seine Vereinbarkeit mit Art 5 Abs. 1 Satz 2 GG vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen.

Ziel aller Beteiligten muss es sein, zukünftig in vergleichbaren Fällen eine sachlich nicht begründete Entscheidung gegenüber einem inhaltlich nicht zu beanstandenden Personalvorschlag des ZDF-Intendanten auszuschließen und die Unabhängigkeit des ZDF auf eine rechtlich solide Grundlage zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre Christel Humme