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Christel Humme
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Frage von Markus V. •

Frage an Christel Humme von Markus V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Humme

ich empfinde
Ihre Antwort an Herrn Malorny und
Ihr Abstimmungsverhalten als gegensaetzlich.

Sie schrieben:
"Für mich ist es ein besonderes Anliegen, Gewalt und Missbrauch von (Klein)kindern und Jugendlichen zu verhindern und Wege zu finden, Darstellung dieses Missbrauchs zu unterbinden bzw. deutlich zu erschweren."

Das Gegenteil ist (wie Herr Malorny ja schon deutlich herausgestellt hat) ja der Fall. Weder wird Gewalt oder der Missbrauch an sich verhindert, noch wird die Darstellung des Missbrauches dadurch unterbunden.

In dem folgenden Absatz erwaehnen Sie, dass der Gesetzentwurf "in zahlreichen Punkten" ueberarbeitet werden muss. Das ist absolut unzureichend geschehen. Warum haben Sie trotzdem fuer diesen Entwurf gestimmt?

Sie schrieben:
"Für uns ist dabei klar: Im Kampf gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder brauchen wir eine Gesamtstrategie, zu der unter anderem eine effektive Strafverfolgung im In- und Ausland, Aufklärung und Prävention sowie Opferschutz gehören."

Dazu habe ich folgende Frage: auf den Sperrlisten verschiedener Laender der EU stehen einige Server mit Kinderpornographischem Inhalt die seit mindestens 1 Jahr in Deutschland aktiv sein muessen. (Quelle: Wikileaks). Weshalb werden diese Server nicht endgueltig abgeschaltet und die Schuldigen ermittelt? (Die Technik ist seit Jahren bekannt und wird bei vielen Straftaten unter anderem dem Diebstahl von geistigem Eigentum auch erfolgreich angewendet)

mit freundlichem gruss

Markus Voelker

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Sehr geehrter Herr Voelker,

herzlichen Dank für Ihre Mail.

Als Fachfrau für Jugend- und Familienpolitik spielt für mich bei der Diskussion um die Bekämpfung von Kinderpornographie die Unterbindung des Handels und des Verkaufs dieser Erzeugnisse in einer Gesamtstrategie eine besondere Rolle. Dabei darf auch das Internet kein rechtsfreier Raum sein, in dem zulässig ist, was in der „realen Welt“ verboten ist und unter Strafe steht. Klar ist auch, dass dieses Spezialgesetz kein „Allheilmittel“ gegen sexueller Missbrauch und Gewalt ist. Wenn nun der Zugang zu Kinderpornographie auch im Internet deutlich erschwert werden kann, sehe ich darin jedoch einen richtigen Schritt.

Gleichzeitig habe ich die zahlreichen kritischen Stimmen und die Online-Petition an den Deutschen Bundestag wahrgenommen, die einen Einstieg in staatliche Zensur und ausufernde staatliche Kontrolle befürchten und dies in mein Abstimmungsverhalten mit einbezogen. Zwischen diesen beiden Positionen galt es, eine Entscheidung zu treffen.

Für mich war trotz meiner Bedenken eine Zustimmung zu dem Gesetz möglich, da unser Verhandlungsführer Martin Dörmann gegenüber einem schlechten Gesetzesentwurf aus dem Wirtschaftsministerium deutliche Verbesserungen und Klarstellungen erreichen konnte. Vier zentrale Punkte spielten für meine Entscheidung eine besondere Rolle. Ich möchte aus einer persönlichen Erklärung zitieren, die ich zusammen mit Fraktionskollegen bei der Abstimmung zu Protokoll gegeben habe.

„1. Verankerung des Subsidiaritätsprinzips: Löschen vor Sperren
Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur, so weit zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internet-Seiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

2. Kontrolle der BKA-Liste und Rechtsschutzmöglichkeiten Betroffener
Beim Datenschutzbeauftragten des Bundes wird ein unabhängiges Gremium bestellt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Das Gremium kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren, soweit die Voraussetzungen für eine Sperrung nicht vorliegen. Es wird verankert, dass gegen die Aufnahme in die Sperrliste der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Anders als es der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit heute erklärt hat, wird mit diesem Gremium keine Kontrollbehörde geschaffen, die die Unabhängigkeit seiner Behörde in Frage stellt. Vielmehr soll die Unabhängigkeit der Institution des Beauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit die Unabhängigkeit des Gremiums zur Prüfung der Sperrliste beim BKA stärken und zur Wahrung der Informationsfreiheit beitragen.

3. Datenschutz
Das Gesetz dient ausschließlich der Prävention. Verkehrs- und Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer/innen einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen könnten. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen.

4. Spezialgesetzliche Regelung mit Befristung
Zur eindeutigen Klarstellung, dass nur eine Sperrung von Internet-Seiten mit Kinderpornografie ermöglicht wird, nicht jedoch von anderen Inhalten, werden die wesentlichen Regelungen in einem neuen Zugangserschwerungsgesetz statt im Telemediengesetz verankert. Zudem tritt das Gesetz automatisch zum 31. Dezember 2012 außer Kraft, so dass in jedem Falle die vorgesehene Evaluation auszuwerten ist, auf deren Basis endgültig entschieden werden kann. Zusätzlich haben wir eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.

Mit diesen Änderungen werden auch die wesentlichen Forderungen des Bundesrates, der Sachverständigenanhörung und der Netz-Community Rechnung getragen. Dennoch bleiben natürlich grundsätzliche Bedenken gegen den Aufbau einer entsprechenden Sperrinfrastruktur bestehen, die – bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen im Deutschen Bundestag – auch zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornografischer Inhalte genutzt werden könnte".

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
SPD-Bundestagsabgeordnete für den nördlichen Ennepe-Ruhr-Kreis
Christel Humme

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SPD

Im Anhang finden Sie meine persönliche Erklärung im Wortlaut.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Humme