Frage an Christel Humme von Thomas S. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Fr. Humme,
die Nähe des Feminismus zum linken und marxistisch-sozialistischen Spektrum ist dokumentiert :
„… Als neues Credo wurden Sätze von Friedrich Engels vom „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ (1884) ins Feld des Geschlechterkampfes geführt, um zu beweisen, daß „der Umsturz des Mutterrechts die weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts“ bewirkt habe und die Frau durch den Mann „entwürdigt, geknechtet, Sklavin seiner Lust und bloßes Werkzeug der Kinderzeugung“ geworden sei.“
(Quelle : Befreiungsbewegung für Männer, Gruner/Kuhla, 2009, S. 68, Beitrag von Karin Jäckel).
Die neueste Präferenzenforschung wie Susan Pinker, Catherin Hakim u.v.a.m wie auch das Kibbuz-Experiment belegen, daß die Menschen aufgrund ihrer Präferenzen Gleichstellung nicht in dem erwarteten Maße annehmen, wie z.B. auch wissenschaftliche Analysen zur Lohnschere zwischen Männern und Frauen verifizieren. Aus Susan Pinker, „Das Geschlechterparadox“ : „Wenn man die Berufsorientierungspräferenzen betrachtet, finden sich die größten Unterschiede in den Ländern, die die größte Auswahl und Freiheit an Möglichkeiten bieten wie Deutschland, Schweiz, … (Marcia Barinaga, „Surprises across the Cultural Divide“, Science 263, 1994).
Möglicherweise ist die Politik dem altfeministischen Gleichheitsaxioms aufgelaufen, der gender-Unterschiede als rein soziales Konstrukt betrachtet. In der neuesten Literatur wird die Gefahr gesehen, daß über die eigentlich gute und tugendhafte Absicht, Männer und Frauen gleichzustellen, eine feministisch lobbyisierte sozialistisch anmutende Gleichstellungsbürokratie installiert wird (Stichworte : Weltfrauentag Peking, gender-mainstreaming, Gleichstellungsgesetze), der Männern und Frauen Lebensweisen vorgibt. Ich denke z.B. auch an den erschreckenden Begriff „positive Diskriminierung“. Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese drohende Fehlentwicklung zu verhindern?
Freundliche Grüße,
Thomas Schmidt
Sehr geehrter Herr Schmidt,
vielen Dank für Ihren Eintrag bei Abgeordnetenwatch.
Feminismus bedeutet auch, sich für die Verbesserung der Lebenschancen von Frauen einzusetzen. Die SPD und auch die Frauenbewegung stammen beide aus der Freiheitsbewegung des 19. Jahrhunderts und haben beide die Gleichstellung von Frauen und Männern zum Ziel. So wurde auch das Frauenwahlrecht von Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten erstritten.
Mit dem 60. Geburtstag der Bundesrepublik im Mai haben wir das Grundgesetz als Grundlage für ein friedliches Zusammenleben unserer Gesellschaft gewürdigt. So sind gemäß Artikel 3 des Grundgesetzes alle Menschen vor dem Gesetz gleich. Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten treten dafür ein, dass Frauen und Männer sowohl gleiche Rechte als auch gleiche Chancen haben – und das im täglichen Leben. Wir wollen eine Gesellschaft, in der Frauen und Männer frei, gleich und solidarisch miteinander leben können. Da aber die rechtliche Gleichstellung nicht immer gleich eine tatsächliche Gleichstellung bedeutet, brauchen wir da wo es nötig ist, eine besondere Förderung von Frauen.
Gender Mainstreaming will die Gleichstellung http://de.wikipedia.org/wiki/Gleichstellung_%28Geschlecht%29 der Geschlechter auf allen gesellschaftlichen Ebenen durchsetzen. Das ist ein anerkanntes Ziel sowohl bei uns in Deutschland als auch in der Europäischen Union.
Die Berichte der Bundesregierung zur Gleichstellung von Frauen und Männern zeigen aber leider, dass wir auch 15 Jahre nach Einführung des Gleichstellungsgebots im Grundgesetz in Deutschland immer noch traditionelle Rollenzuweisungen haben, die beispielsweise gleiche Chancen für Frauen im Erwerbsleben verhindern.
Es ist doch ein Skandal, das Frauen immer noch ganze 23 % weniger verdienen als Männer. Frauen arbeiten in Deutschland häufiger für Niedriglöhne als Männer. Und Frauen sind häufiger als Männer in Teilzeitbeschäftigungen und geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen anzutreffen. Auch dass viele Frauen in ihrer Lebensplanung sowohl berufliche Karriere als auch den Wunsch nach einer Familie integrieren und verknüpfen wollen, wird noch von zu vielen Arbeitgebern als Nachteil gewertet.
Wir brauchen für solche Fälle verbindliche gesetzliche Regeln, um Gerechtigkeit bei der Bezahlung zu erreichen. Das ist ein Teil der Maßnahmen, die die SPD-Bundestagsfraktion in ihrem 10-Punkte-Plan “Jetzt sind Frauen dran: Gleiche Chancen im Beruf verwirklichen“ verabschiedet hat. Das Papier ist auf unserer Homepage zu finden: http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,46490,00.html
Gleichstellung zwischen Frauen und Männern bleibt für uns auch in Zukunft ein Kernthema unserer Politik.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion
Christel Humme