Frage an Christel Happach-Kasan von Eduard A. bezüglich Verbraucherschutz
Sie haben am 25.1.08 - Bundestagsdebatte - Abstimmung Gentechnikgesetz laut Plenarprotokoll folgende Meinung geäußert:
„Es ist schon bemerkenswert, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Gentechnikgegner sich einen rechtskräftig verurteilten Landwirt aus Kanada ins Land holen, damit er mit unwahren Geschichten die Menschen gegen die Gentechnik mobilisiert. Landwirte, die ihm widersprechen wollen, werden daran gehindert. Damit erweisen sich einige Gentechnikgegner als Mitglieder einer Sekte. Und genau diese Sekte bedient die Große Koalition mit dem vorliegenden Gesetzentwurf.“
Sie scheinen Percy Schmeisers Fall nicht zu kennen und dass er keineswegs rechtskräftig verurteilt wurde.
Der Oberste Gerichtshof Kanadas hatte die Rechtmäßigkeit des Patentschutzes auf Transgene Monsantos anerkannt, gleichzeitig die Frage der Rechtmäßigkeit der Patentierbarkeit von Lebensformen an das Kanadische Parlament zur Neubewertung überwiesen. Nach damals geltender Rechtslage ist der Inhaber des Patents auf ein bestimmtes Gen auch der Besitzer der jeweiligen Ernte. Da Schmeiser nachwies, dass er weder gentechnisch verändertes Saatgut von Monsanto verwendete, und keinerlei Vorteile aus der Verunreinigung seiner Ernte ziehen konnte, wurde er von Schadenersatzforderungen Monsantos freigesprochen. 2005 fand Schmeiser erneut Monsanto-Rapspflanzen auf seinen Feldern. Auf das bestehende Urteil bezugnehmend, dass der Besitzer einer Pflanze für die Schäden, die durch Kontamination verursacht wurden haftbar gemacht werden müsse, ließ Schmeiser die Pflanzen entfernen und schickte Monsanto die Rechnung. Da Monsanto nicht bereit war, die Rechnung über 660$ zu zahlen, zog Schmeiser vor Gericht. Monsanto hat am 19.03.08 alle Forderungen Schmeisers akzeptiert, die Verantwortung für die Kontamination auf Schmeisers Feldern eingeräumt, den Schaden bezahlt und akzeptiert, dass Schmeiser die Öffentlichkeit informiert.
Werden Sie Ihre Aussage revidieren und sich entschuldigen?
www.percy-schmeiser-on-tour.org
Sehr geehrter Herr Aman,
der Landwirt Percy Schmeiser ist im Streit mit der Firma Monsanto vom Obersten kanadischen Gerichtshof rechtskräftig verurteilt worden. Er hatte deshalb Prozess- und Anwaltskosten in Höhe von 400 000 Dollar zu zahlen.
In dem Urteil heißt es: "Hauptstreitpunkt ist die Frage, ob (Schmeiser) das Patentgesetz aus dem Jahr 1985 gebrochen hat. Wir sind der Überzeugung, er hat das Gesetz gebrochen." (1)
Percy Schmeiser hat in dem Verfahren mehrere Unwahrheiten gesagt, dies werde ich ausführen.
Durch die Vergabe des Alternativen Nobelpreises an einen rechtskräftig verurteilten Landwirt, der es darüber hinaus mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, wird dieser bis dahin angesehene Preis entwertet. Ich habe dies in einem Offenen Brief an Herrn von Uexküll kritisiert. (2)
Nach der Klärung der Frage des schuldhaften Verhaltens des angeklagten Landwirts Schmeiser wurde über die dem Konzern zustehende Schadensersatzforderung entschieden. Dies ergab einen für Herrn Schmeiser günstigen Vergleich, denn das Gericht entschied, dass er Monsanto keinen Schadensersatz zu leisten habe. Dieses zweite Urteil ist darin begründet, dass der Landwirt Schmeiser keinen Vorteil daraus gezogen hat, dass er einen herbizidtoleranten Raps angebaut hat.
Dieses Urteil ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass er in der Hauptsache schuldig gesprochen wurde. Auch in Deutschland wird bei einem Rechtsstreit unterschieden nach erstens der Frage der Schuld und zweitens der Bemessung der Höhe des Schadenersatzes.
Zur Erläuterung der Begründung der Schuld von Schmeiser:
Landwirt Schmeiser bewirtschaftet in der Kanadischen Provinz Saskatchewan einen Ackerbaubetrieb mit etwa 650 Hektar. Wie seine Nachbarn baut er auch Raps an. 1997 wurde festgestellt, dass er eine Sorte angebaut hatte, für die er nach kanadischem Recht hätte Lizenzgebühren an die Firma Monsanto zahlen müssen, die er jedoch nicht gezahlt hatte. Pro Hektar wären 15 Dollar Lizenzgebühren zu zahlen gewesen (1). Auf dem untersuchten Feld von 417 Hektar Größe wurde ein Anteil von 95 - 98 % der Monsanto-Sorte ermittelt. Dies ist mit Einkreuzen oder sonstigen unfreiwilligen Einträgen nicht zu erklären. Die Monsanto-Sorte ist herbizidtolerant und Landwirt Schmeiser hat selbst angegeben, das Herbizid gespritzt zu haben, wodurch er die herbizidtoleranten Pflanzen auslesen konnte. Der Oberste Gerichtshof von Kanada stellte in seinem Urteil fest, dass Landwirt Schmeiser wissentlich die Monsanto-Sorte angebaut hat. Die erforderlichen Lizenzgebühren hat er jedoch nicht bezahlt.
Einige Fakten zum Thema Raps:
Leuchtend gelbe Rapsfelder gehören im Mai in weiten Teilen Deutschlands zum Landschaftsbild. Das war früher nicht so. Raps war in den fünfziger Jahren in Deutschland und anderen Ländern eine völlig unbedeutende Ackerfrucht, wurde auf wenigen Tausend Hektar angebaut, das Öl für industrielle Zwecke verwendet. Das Rapsöl der fünfziger Jahre war bitter, der Rapsschrot giftig, Raps als Nahrungsmittel und Tierfutter also völlig ungeeignet.
Das ist inzwischen anders.
Rapsöl gewonnen aus dem Samen von modernen Rapspflanzen ist nicht zu vergleichen mit dem Öl, das aus Rapssamen der fünfziger Jahre gewonnen wurde. Es ist den Züchtern gelungen, Sorten zu züchten, die weitgehend frei sind von Erucasäure sowie Glucosinolaten, die das Öl bitter und den Rapskuchen giftig gemacht haben.
Das Rapsöl aus den modernen Raps-Sorten ist ein hervorragendes Speiseöl mit sehr guten ernährungsphysiologischen Eigenschaften. Der Rapsschrot, das ist das, was übrig bleibt, wenn das Öl aus den Rapssamen gepresst wurde, ist ein sehr gutes Tierfutter. Rapsschrot hat einen Anteil am Rapssamen von etwa 55 - 60 %.
Schmeiser während des Prozesses: "Seit 53 Jahren bin ich Farmer, und seit 50 Jahren habe ich mich damit beschäftigt, eine natürliche Sorte Canola weiterzuentwickeln. In West-Kanada war ich dafür bekannt, dass ich Saatgut zurückbehielt und Saatgut entwickelte." (3)
(I´ve been farming for 53 years, and 50 years of those I spent in developing a natural breeding of canola. I was known in Western Canada as a seed saver and a seed developer.)
Das ist erkennbar die Unwahrheit: Canola (Canadian oil, low acid) ist auf Deutsch Doppelnullraps (Raps, dem die beiden Ölsäuren fehlen). Doppelnullraps wurde erst in den 80iger Jahren gezüchtet. Es gibt keine "natürliche" Sorte Canola. Canola/Doppelnullraps ist Ergebnis der Arbeit von Pflanzenzüchtern, nicht von Landwirten, die Nachbau betrieben haben. Schmeisers Aussage ist zu vergleichen mit der eines Hobbygärtners, der behauptet seine Edelrose im Vorgarten in wenigen Jahrzehnten aus einer Wildrose entwickelt zu haben.
Nach den Reden von Herrn Schmeiser auf seiner Tour durch Deutschland bin ich aus verschiedenen Bundesländern von Landwirten angerufen worden, sie haben mir Berichte über die Veranstaltungen geschickt und waren empört über die Demagogie, über falsche Darstellungen und dass sie keine Chance erhalten hatten, seine Äußerungen richtig zu stellen.
Gentechnisch veränderte Pflanzen unterliegen dem Patentrecht und dem Sortenrecht, herkömmlich gezüchtete Sorten nur dem Sortenrecht. Das Patentrecht wie auch das Sortenrecht schützen geistiges Eigentum vor der unberechtigten Verwertung.
Der Schutz geistigen Eigentums ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich Menschen und Unternehmen in der Entwicklung neuer Produkte engagieren. Wir sehen es als selbstverständlich an, dass die Autorenrechte von Schriftstellern gewahrt werden. Genauso selbstverständlich muss es sein, Patent- und Sortenrechte zu wahren.
Der Nachbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ist in Deutschland möglich, es müssen nach deutschem Recht wie bei herkömmlich gezüchteten Pflanzen Nachbaugebühren entrichtet werden.
Es gibt inzwischen zwei weitere Gerichtsverfahren des Landwirts Schmeiser:
In einem späteren Verfahren hat Landwirt Schmeiser für die Beseitigung herbizidtoleranter Rapspflanzen, wie Sie es schreiben, gegenüber Monsanto einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 660 Euro durchsetzen können. Es gibt ein weiteres Verfahren: Ein Nachbar soll ihn angeklagt haben, weil er durch den Bau von Wassergräben Überschwemmungen verursacht hat. Die Wasserbehörde hat ihn aufgefordert, die Gräben wieder zu füllen.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es Landwirt Schmeiser mit den Rechten anderer nicht so genau nimmt. Eine Auszeichnung durch den Alternativen Nobelpreis hat er in meinen Augen nicht verdient. Ich halte einen rechtskräftig verurteilten Menschen einer solchen Auszeichnung nicht für würdig. Möglicherweise muss ich allerdings meine Auffassung überdenken, dass der Alternative Nobelpreis eine Auszeichnung ist.
Ich freue mich, dass Sie sich noch annähernd vier Monate nach meinem Beitrag im Plenum des Deutschen Bundestages mit meiner dort gehaltene Rede befasst haben.
Ich bitte Sie, sich ganz unabhängig von der Frage der Gentechnik damit zu beschäftigen, ob es eine wirklich gute Entscheidung ist, einen in einem anderen demokratischen Rechtsstaat rechtskräftig verurteilten Menschen, der das Gesetz wissentlich gebrochen hat, auszuzeichnen. Damit wird in Europa die Missachtung der Rechtsprechung von Kanada dokumentiert. Ich empfinde dies als beschämend.
Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan
(1) Urteil des Obersten kanadischen Gerichtshofs unter
http://scc.lexum.umontreal.ca/en/2004/2004scc34/2004scc34.html
In der Einführung heißt es:
„1. This case concerns a large scale, commercial farming operation that grew canola containing a patented cell and gene without obtaining licence or permission. The main issue is whether it thereby breached the Patent Act, R.S.C. 1985, c. P-4. We believe that it did.
2. In reaching this conclusion, we emphasize from the outset that we are not concerned here with the innocent discovery by farmers of “blow-by” patented plants on their land or in their cultivated fields. Nor are we concerned with the scope of the respondents’ patent or the wisdom and social utility of the genetic modification of genes and cells — a practice authorized by Parliament under the Patent Act and its regulations.
3. Our sole concern is with the application of established principles of patent law to the essentially undisputed facts of this case.“ Entscheidend ist die Aussage: “The main issue is whether it thereby breached the Patent Act, R.S.C. 1985, c. P-4. We believe that it did.”
(2) Offener Brief an Herrn von Uexküll unter www.happach-kasan.de
(3) Aussagen von Herrn Schmeiser zu Raps: www.mindfully.org