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Christel Happach-Kasan
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Frage von Jörn S. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Jörn S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Happach-Kasan,

wie heute der Geesthachter Zeitung zu entnehmen war, ist das Projekt "Umgehungsstraße Geesthacht" vorerst zurückgestellt, was wohl im Klartext >>auf unbestimmte Zeit verschoben<< oder auch >> wird nie gebaut<< bedeuten wird.

Zwar bin ich kein Betroffener vom Lärm, dem Stau und den Emissionen, welche an der Ortsdurchfahrt B5 Geesthacht entstehen, frage mich als Berater für Unternehmen jedoch, welch wirtschaftlicher Unfug hier betrieben wird.
Im Norden von Geesthacht wurde gerade erst sehr erfolgreich die Vermarktung des Gewerbegebietes Mercatorstraße begonnen, die Wirtschaftsförderung des Kreises bewirbt die Region auf Grund guter Infrastruktur und in Lübeck und Berlin sitzen die Blockierer einer ganzheitlichen und erfolgreichen regionalen Wirtschaftspolitik. Dieses ist keinem Bürger/ Wähler zu vermitteln. Der wirtschaftliche Schaden und der Imageverlust dieser Region dürfte sehr hoch sein (auch finanziell) und dieses in einer Stadt, welche auf Grund der Steuereinnahmenrückgänge (KKW Krümmel) jede Gewerbeansiedlung dringend braucht.

Frau Abgeordnete,
sowohl im Land als auch im Bund regiert die Partei, welcher sie angehören in Koalition mit der CDU. Leider scheinen sowohl die FDP als auch die CDU den Mittelstand aufgegeben zu haben, anders kann ich diese Entscheidungen nicht deuten.

Was unternehmen Sie konkret, damit diese Entscheidung rückgängig gemacht wird?

Über eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

Frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Jörn Saß

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Saß,

vielen Dank für Ihre Frage zur Ortsumgehung Geesthacht. Inzwischen hat sich einiges getan. Gerade die Ortsumgehung Geesthacht ist ein Beispiel dafür, dass für die zügige Realisierung eines Vorhabens eine entscheidende Voraussetzung die Einigkeit vor Ort ist. Dies war in Geesthacht nicht immer gegeben.

Die Ortsumgehung Geesthacht ist im derzeitig gültigen Bundesverkehrswegeplan verankert. Dieser Plan dient dazu, die wünschenswerten Maßnahmen des Verkehrswegeausbaus nach Wichtigkeit zu ordnen, um die begrenzten Mittel des Bundeshaushalts zunächst dort einzusetzen, wo sie den größten Nutzen bringen. Besonders wichtige Projekte werden in den „vorrangigen Bedarf“ eingestuft. Maßgeblich für die Einstufung in diese Bedarfsstufe ist ein besonders gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die Berechnungen nach dem derzeit gültigen Verfahren haben für Geesthacht einen sehr guten Wirtschaftlichkeitswert ergeben.

Der Bundesverkehrswegeplan ist seit Jahrzehnten unterfinanziert. Dies bedeutet: Man plant weit mehr Maßnahmen, als aus dem Bundeshaushalt finanziert werden können. Neidlos muss ich anerkennen, dass zuweilen die überparteiliche Zusammenarbeit für Projekte in der Region in Süddeutschland besser funktioniert als bei uns im Norden. Außerdem haben frühere Landesregierungen Schleswig-Holsteins es nicht nur unterlassen, um Infrastrukturmittel aus Berlin zu kämpfen, sondern teilweise wurden nicht einmal die vorhandenen Mittel ausgeschöpft.

Ich habe die Verkehrssituation in Geesthacht seit ich in unterschiedlichen Mandaten Politik in Schleswig-Holstein mache, als unbefriedigend angesehen. Deswegen habe ich 2002 als Landtagsabgeordnete bei der Landesregierung nachgefragt, um auf die Situation der Stadt aufmerksam zu machen und so eine Beschleunigung zu erreichen. Ein Jahr später wurde der Bedarf wieder als vordringlich eingestuft: http://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl15/drucks/2100/drucksache-15-2135.pdf

Für meine Auffassung habe ich stets die Unterstützung von Kreis- und Landes-FDP gehabt, wie die inzwischen schon fast historischen Wahlprogramme aus diesen Jahren belegen. Zu dieser Zeit gab es in Geesthacht nicht immer Einigkeit über das Projekt. Die Positionen der Fraktionen im Kommunalparlament unterlagen aber einem Wandel. Zwischenzeitlich fordern FDP, CDU und SPD, also eine breite Mehrheit in der Ratsversammlung, die Umgehung.

Die CDU-FDP-Landesregierung gibt der Ortsumgehung Geesthacht die zweithöchste Priorität, wie die nachfolgende Karte zeigt: http://www.schleswig-holstein.de/MWV/DE/Verkehr/Strassenbau/BauOrtsumgehungen/pdfGrafikOrtsumgehungen__blob=publicationFile.pdf

Weiter heißt es dort:

„Die Linienfindung im Rahmen der Voruntersuchung und die Erarbeitung des detaillierten Bauentwurfes sollen insgesamt Anfang 2012 abgeschlossen sein, so dass das Planfeststellungsverfahren im Sommer 2012 starten kann.“

Wie lange sich das ganze Verfahren schon hinzieht (46 Jahre!), verdeutlicht eine tabellarische Aufstellung, die ich der „Bergedorfer Zeitung“ aus dem Jahr 2009 entnommen habe:

1966: Die Elbbrücke (Bundesstraße 404) wird eröffnet und an die Bundesstraße 5 angeschlossen. Der Plan sieht vor, die B 5 als Umgehung bis Grünhof zu führen.
1975: Die Ortsumgehung hat im Bundesverkehrswegeplan die Dringlichkeitsstufe 1 a.
1986: Die Ratsversammlung lehnt den Bau der Ortsumgehung kurz vor dem Planfeststellungsbeschluss ab.
1987: Die Autobahn 25 ist bis Geesthacht fertig, der Verkehr in der Region nimmt stark zu.
1989: Grenzöffnung. Die Innenstadt erstickt im Ost-West-Verkehr.
1991: Sinneswandel: Die SPD stimmt zusammen mit der CDU nun doch für den Bau einer Umgehung.
1992: Die Behörden lehnen trotz des gestiegenen Verkehrs ein beschleunigtes Planungsverfahren ab.
1998: Die Ratsversammlung lehnt einen Antrag der CDU ab, die Stadt solle die Planungskosten für die Straße übernehmen.
2003: Erstmals taucht die Umgehung wieder unter "vordringlicher Bedarf" im Bundesverkehrswegeplan auf.
2004: Die Umweltverträglichkeitsstudie beginnt mit Untersuchungen der Natur entlang der geplanten Trasse.
2007: Im Januar werden die ersten Pläne präsentiert.
2008: Linienbestimmung der Strecke mit ausführlichen Diskussionen zum Verlauf.
2009: Der Verlauf der Trasse soll im Frühjahr bekannt gegeben werden.
2012: Planfeststellungsbeschluss. Der tatsächliche Baubeginn hängt von der Finanzierung durch den Bund ab.
2016: Geplante Freigabe für den Verkehr, erhoffte Entlastung der Geesthachter Ortsdurchfahrt.

Aus dem Verkehrsministerium in Kiel verlautet, dass man sich mit einem Rückstand von etwa 6 Monaten im Rahmen eines komplexen Großprojekts bewegt.

Diese Aufstellung macht deutlich, dass nicht immer Kiel oder Berlin Ursache von Verzögerungen beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur waren. Im Sommer 2011 versuchten allerdings die Grünen in der Ratsversammlung Geesthacht, das Projekt zu torpedieren: Sie erklärten in einem Schreiben an den Landesverkehrsminister die Umgehung schlicht für überflüssig, weil Geesthacht zwischenzeitlich wenigstens innerörtlich eine andere Führung des LKW-Verkehrs durchgesetzt hat. Der Alternativvorschlag ist ein Ausweis politischer Naivität, oder aber gar nicht ernst gemeint: Ein S-Bahnanschluss nach Hamburg. Vor dem Hintergrund derzeitiger Ausbauplanungen wäre ein solches Projekt vielleicht nach 2030 realistisch, kann als nicht einmal mittelfristig die Situation bessern.

Die christlich-liberale Landesregierung hat die Ortsumgehung im Februar für den Finanzrahmen 2013 bis 2015 beim Bundesverkehrsminister gemeldet und das im Februar der Stadt Geesthacht mitgeteilt. Damit sind nicht nur die planerischen Voraussetzungen, sondern auch die Bereitstellung der Mittel auf den Weg gebracht. Über die Finanzierung kann abschließend erst entschieden werden, wenn Baurecht herrscht.

Die Ortsumgehung Geesthacht ist auf einem guten Weg. Die „endlose Geschichte“ verdeutlicht aber auch, dass Chancen konsequent genutzt werden müssen, weil sie sich nicht beliebig oft bieten. Einigkeit in der Region und unter den verschiedenen Fraktionen in der Ratsversammlung erhöht die Aussichten auf Realisierung eines solchen Projekts.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan