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Christel Happach-Kasan
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Frage von Angelika G. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Angelika G. bezüglich Frauen

Rente

Sehr geehrte Frau Dr. Happach-Kasan,

diese Frage richte ich an Sie, da ich hoffe, dass sich Frauen auch für Frauen einsetzen.
Nach meinem Rentenberatungstermin kürzlich habe ich feststellen müssen, dass es fatal ist, Kinder im heutigen System zu gebären und groß zu ziehen. Dies wirkt sich nachhaltig negativ auf die Rente der Mütter aus.
Als geschiedene alleinerziehende Mutter mußte ich diese leidige Erfahrung selbst machen, dass ich zwar drei neue Beitragszahler unter großen Entbehrungen und Belastungen für die Rente großgezogen habe, ich aber diejenige bin, die am wenigsten davon profitiert, da dies in der Rentenformel fast keinerlei Beachtung findet. Hier wird nur Beitragshöhe und Beitragszeitraum berücksichtigt gemäß männertypischer Erwerbsbiografie.
Zudem sind meine Hochschulzeiten aufgrund der gesetzlichen Änderungen rückwirkend gestrichen, so dass ich jetzt darum kämpfe, nicht in die Altersarmut zu fallen - es fehlen einfach die Zeiten aufgrund der Familienarbeit.
Wann endlich wird der Familienarbeit (den Müttern) auch in der Rente der Stellenwert zuerkannt, der ihr gebührt und dies auch retrospektiv, so wie die Politiker es mit den Hochschulzeiten auch entschieden haben? Warum zählen alleinerziehende Mütter in dieser Gesellschaft noch immer zu den Kollateralschäden ?

Mit freundlichen Grüßen
A.Gerhardt

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Gerhardt,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zur Berücksichtigung der Situation von alleinerziehenden Müttern bei der Rentenberechnung.

Ich bedaure, dass Ihr Rentenberatungstermin so unerfreulich verlaufen ist und bei Ihnen der Eindruck entstanden ist, dass der Familienarbeit in Deutschland nicht der ihm gebührende Stellenwert zugemessen würde.

Ihre Kritik richtet sich vor allem gegen die Standarisierung des Berechnungsverfahrens von Rentenansprüchen. Es ist immer heikel, erbrachte Leistungen und gelebte Biografien von Menschen, die alle als individuelle Personen erkannt werden sollten, in Zahlen zusammenzufassen und so zu verallgemeinern. Allerdings ist eine gewisse Standardisierung erforderlich, um dem Renteneinzahler später zum Renteneintrittsalter einen rechtfertigbaren monatlichen Betrag überweisen zu können. Eine totale Einzelfallgerechtigkeit ist nicht möglich.

Die finanzielle Entlastung von Familien mit Kindern und die Würdigung der Familienarbeit ist ein wesentliches Anliegen liberaler Politik. Wir sehen dies als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe an. Deshalb sind wir der Auffassung, dass die finanzielle Entlastung nicht allein über die Sozialversicherungen erfolgen sollte sondern auch über Steuern zu finanzieren ist. So hat die Bundesregierung zum 1. Januar 2010 den Freibetrag für Kinder auf 7.008 angehoben und durch die weitere Anhebung des Kindergelds auf mindestens 184 Euro Familien um insgesamt 4,6 Mrd. Euro entlastet.

Mit Einzahlung Ihrer Rentenbeiträge erhalten Sie das Recht auf eine spätere Rente, deren Betrag sich nach Ihrer persönlichen Beitragshöhe, der Dauer Ihrer Beitragszahlung und der allgemeinen Lohnentwicklung zusammensetzt. Dabei geht der Gesetzgeber nicht von einheitlichen Erwerbsbiografien aus, sondern erkennt eine längere Ausbildungszeit, freiwillige Dienste und auch die investierte Zeit in die Kindererziehung an. Die Kindererziehung wird mit Extra-Entgeltpunkten berücksichtigt: Für alle bis 1992 vom Rentenzahler geborenen Kinder erhalten die Erziehungsberechtigten einen EP, für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, drei EPe. Bei Müttern verläuft die Übertragung der EPe-Gutschrift automatisch, Männer müssen sie beantragen und auch rechtfertigen. Die Idee dahinter ist, dass die Familienarbeit genau so bewertet wird wie ein Jahr bzw. drei Jahre Arbeit mit durchschnittlichem Einkommen. Ähnlich verläuft es mit der Kinderberücksichtigungszeit, die ermöglicht, dass den Eltern zwischen dem dritten und zehnten Geburtstag eines Kindes weitere Ausgleichsleistungen zugestanden werden.

Dieses Vorgehen wertschätzt die Tätigkeit der Erziehenden als Arbeit und berücksichtigt außerdem, dass Menschen, die Familienarbeit leisten, nicht zeitgleich voll einem Beruf nachgehen können. Um die finanzielle Unterstützung von alleinerziehenden Müttern kümmern sich andere staatliche Institutionen. Das deutsche Rentensystem kann lediglich berücksichtigen, dass eine Frau oder ein Mann wegen der Kindererziehung nicht in vollem Maße erwerbstätig ist und deswegen für eine gewisse Zeit weniger Einkommen zur Verfügung hat, das sie oder er in die Rentenkasse einzahlen kann.

Was die gesellschaftliche Anerkennung der Familienarbeit angeht, stehen Sie mit Ihrer Meinung nicht allein: Die Ergebnisse der "Vorwerk Familienstudie 2010" bspw. zeigen, dass nur 19 Prozent der Befragten finden, dass die Leistungen für die Familie und im Haushalt genügend gewürdigt werden; 2008 waren es noch 24 Prozent. Hier besteht nach wie vor großer Handlungsbedarf für uns alle.

Weitere Vorhaben zur Stärkung der Alleinerziehenden in Deutschland befinden sich derzeit noch in der Ausgestaltung. Der Grundgedanke ist, dass Mütter und Väter, die Kinder erziehen, einen hoch einzuschätzenden Beitrag zur Gesellschaft leisten, der eine besondere Anerkennung verdient. Die wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen erschweren alleinerziehenden Müttern und Vätern, ihrer Rolle gerecht zu werden. In diesem Falle ist es die Aufgabe des Staats, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. So prüft die Koalition, in wie weit es möglich ist, den bisherigen steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in einen Abzug von der Steuerschuld umzuwandeln. Uns allen ist bewusst, dass die Gefahr einer steigenden Altersarmut besteht. Die Alterssicherung steht in dieser Legislaturperiode im Zeichen der Familienpolitik, wodurch auch Erziehungsleistungen in der Alterssicherung noch besser berücksichtigt werden.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan