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Christel Happach-Kasan
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Frage von Kaj M. •

Frage an Christel Happach-Kasan von Kaj M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Happach-Kasan,

Sie sind eine leidenschaftliche Vertreterin der Grünen Gentechnik, daher wende ich mich an Sie mit meinen Fragen zum Thema zu denen ich jeweils eine Quellenangabe unten angefügt habe.

-Gibt es ein Konzept für die Rückführung von technischen Genen aus der Natur, wenn sich herausstellt, dass sie zu dominant sind, wie es bspw. in Argentinien und Kanada seit Jahren beobachtet wird?

Man rechnet momentan mit ca. 16 Jahren gentechnikfreiem Anbau, um eine Region wieder konventionell betreiben zu können. Soviel ich weiß, muss derjenige für den Schaden aufkommen, der das Material ausgebracht hat. Möglicherweise kann ein einzelner Landwirt einen Schaden in dieser Höhe aber garnicht tragen, wenn er mehrere umliegende Ländereien kontaminiert hat. Daher meine nächste Frage:

- Gibt es einen Plan für die Versicherung eines solchen etwaigen Schadens, der entstehen würde, wenn landwirtschaftliche Flächen über 16 Jahre lang nicht für den Nahrungsmittelanbau betrieben werden können?

Quellen:
Stand der Dinge in Sachen Gentechnik allgemein:
http://umweltinstitut.org/gentechnik/irrtumer/gentech-pflanzen-erfullen-erwartungen-nicht-177.html

Information zur Technologie:
http://www.umwelt.sachsen.de/de/wu/Landwirtschaft/lfl/inhalt/download/Vortrag_Schmidt.pdf
http://www.transgen.de/pdf/diskurs/reader.pdf

Ausbreitung von gentechnisch verändertem Saatgut:
http://www.safe2use.com/ca-ipm/01-06-22c.htm
http://www.greenpeace.de/themen/gentechnik/anbau_genpflanzen/artikel/10_jahre_anbau_von_gen_pflanzen_eine_bilanz/#abschnittGenpflanzenBreitenSichUnkontrolliertAusUndGefaehrdenDieKonventionelleUndBiologischeLandwirtschaft

Rückführung eines Gentechfeldes in ein konventionelles Feld dauert 16 Jahre:
http://www.blauen-institut.ch/pg_blu/pm/pma/pm03/pm0812.html

Mit freundlichen Grüßen,

Kaj Mertens-Stickel

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Mertens-Stickel,
vielen Dank für Ihre beiden Fragen.

Ich engagiere mich in verschiedenen Fragen der ländlichen Räume und des Natur- und Umweltschutzes. Die Grüne Gentechnik ist für mich ein Thema unter mehreren. In ähnlicher Weise bin ich in folgenden weiteren Themen engagiert: Ländlicher Raum, Wald, Fischerei, Biodiversität, Pflanzenschutz, Gartenbau. Bei allen Fragen, mit denen ich mich beschäftige, ist es mein Anliegen, politische Positionen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten, die wissenschaftlich begründet und der Nachhaltigkeit verpflichtet sind.

Von den von Ihnen genannten Internetseiten sind die beiden, die Sie unter dem Stichwort „Informationen zur Technologie“ aufführen, sehr sorgfältig gearbeitete Seiten, die verlässlich über die Grüne Gentechnik informieren.

Die Internetseiten des Umweltinstituts München und von Greenpeace sind für eine objektive Information über die Gentechnik nicht geeignet. Das Umweltinstitut München ist ein Verein, der unter anderem einen Agraringenieur beschäftigt, keinen Biologen. Beide Internetseiten verstehen sich als Kampagnenseiten gegen die Nutzung der Gentechnik, ihr Ziel ist nicht die Information. Die beiden weiteren genannten Seiten sind mir nicht bekannt.
Mir war zunächst nicht klar, was Sie mit dem Begriff „technische Gene“ meinen. Ich habe gegoogelt und unter dem Stichwort ganz oben eine Geburtsanzeige gefunden sowie die Aussage, dass es technische Gene nicht gebe und Frauen und Männer prinzipiell in gleicher Weise für technische Aufgaben qualifiziert seien.

Auf Grund der von Ihnen genannten Internetseiten vermute ich nun, dass Sie natürliche Gene meinen, die mit gentechnischen Methoden in Pflanzengenome eingefügt werden. Auf der Internetseite des Umweltministeriums in Sachsen wird dies sehr gut beschrieben.

1. Bt-Mais
Natürliche Gene mit für die Züchtung interessanten Eigenschaften werden in der Pflanzenzüchtung zur gentechnischen Verbesserung von Pflanzensorten genutzt. Ein Beispiel ist das Gen des Bakterium Bazillus thuringiensis, mit dem das Bakterium einen Wirkstoff produziert, der für verschiedene Insektenarten giftig ist. Pflanzen, die mit gentechnischen Methoden dieses Gen erhalten haben, sind dann ebenfalls für die entsprechenden Insektenarten giftig.

Gene vagabundieren nicht frei herum. Nur eingebunden in das Genom eines Organismus, z. B. einer Pflanze oder eines Bakteriums, bleiben Gene zumindest über einen gewissen Zeitraum erhalten und funktionstüchtig. Da das Bakterium Bazillus thuringiensis nahezu überall in den Böden vorkommt, nicht nur in Thüringen, wo es erstmalig entdeckt wurde, ist dieses Gen, das den für Insekten giftigen Wirkstoff produziert, auch überall vorhanden, wo das Bakterium präsent ist.

Zu Frage 1:
Es ist völlig unmöglich und auch absolut unsinnig, alle Organismen, das heißt insbesondere alle Bakterien zu vernichten, die das Gen enthalten, das in Kopie in Bt-Pflanzen eingeführt wurde.

Beim Anbau von gentechnisch verändertem Bt-Mais in Deutschland bleibt das Gen auf Maispflanzen beschränkt, denn Mais hat in Deutschland keine in der Natur vorkommenden Kreuzungspartner. Mais kreuzt nicht in die Natur aus.
Auf Grund der klimatischen Gegebenheiten in Deutschland, Frost im Winter, überdauern Maiskörner in der Natur den Winter nicht. Die Verordnung über die gute fachliche Praxis bestimmt, dass im Jahr nach dem Anbau von Bt-Mais nur Bt-Mais oder eine andere Kulturpflanze angebaut werden darf. Im zweiten Jahr hat der Landwirt dann wieder alle Optionen.

Der Maiszünsler ist die einzige bei uns auf Mais lebende Insektenart. Unter anderem deshalb war die von der Bundesregierung für das Verbot von MON810 herangezogene Arbeit, in der Marienkäferlarven mit Blattläusen, die mit Maispollen bestäubt waren, im Labor zwangsgefüttert worden waren, nicht geeignet, eine Wirkung des Anbaus der Maissorte auf Nichtzielorganismen zu beweisen. Es gibt keine Blattläuse, die an Mais saugen. Daher kommen Marienkäferlarven, die Blattläuse fressen, auch nicht auf Mais vor. Französische Wissenschaftler haben die Bundesregierung zu Recht wegen dieser Entscheidung kritisiert. Allerdings müsste sich diese Kritik auch an die Adresse der eigenen Regierung richten, die ebenfalls ein rein politisch motiviertes Verbot ausgesprochen hat.

2. Herbizidtoleranter Raps in Kanada
In Kanada wird auf 95% der Rapsanbaufläche herbizidtoleranter Raps angebaut. Kanada hat den Ertrag von 4,5 Mio. t in 1996 auf 9,1 Mio. t in 2006 steigern können. In Kanada werden sowohl herbizidtolerante gv-Sorten wie auch herbizidtolerante herkömmlich gezüchtete Sorten angebaut. Die Rapssorten besitzen unterschiedliche Herbizidtoleranzen: Nach Angaben aus 2005: Etwa 50 % haben eine Glyphosat-Toleranz, etwa 35 % eine Glufosinat –Toleranz, etwa 15% eine Imidazolinon-Toleranz (Clearfield) und etwa 5% eine Bromoxynil-Toleranz. Die beiden zuletzt genannten Sortengruppen wurden herkömmlich gezüchtet. In Kanada gibt es seit 1981 Anstrengungen – zunächst mit herkömmlichen Zuchtverfahren – herbizidtolerante Sorten zu züchten. Inzwischen haben sich die gv-Sorten weitgehend durchgesetzt. Es gibt in Kanada keine Kennzeichnungsvorschriften, gv- und Nicht-gv-Raps werden gemeinsam vermarktet.

Raps verliert bei der Ernte bis zu 10% seiner Samenkörner auf dem Feld. Es gehört zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, dass das Entstehen von Durchwuchsraps im darauf folgenden Jahr verhindert wird. Dafür gibt es verschiedene Methoden: 1. Bodenbearbeitung direkt nach der Rapsernte, 2. die Bekämpfung von gekeimtem Raps z. B. mit Hilfe von Herbiziden, 3. die Wahl einer geeigneten Fruchtfolge.

In Norddeutschland wird Raps vielfach in der Fruchtfolge Raps, Weizen, Gerste angebaut. In den Weizen- und Gerstenfeldern ist in aller Regel kein Raps-Durchwuchs zu finden. Das heißt, die gute fachliche Praxis in der Landwirtschaft verhindert den Durchwuchs wirksam.

Für die landwirtschaftliche Praxis ist es somit ohne Bedeutung, dass noch nach 15 Jahren Raps noch keimfähig sein kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass jedes Samenkorn keimfähig ist. In Kanada wird aus gv-Raps Speiseöl hergestellt, der dortige gv-Raps ist als Nahrungsmittel geeignet und zugelassen.

In Deutschland wurde die Auskreuzung von Raps in Sareptasenf nachgewiesen. Die Eigenschaft Herbizidtoleranz verschafft Unkräutern keine Vorteile, da außerhalb von Feldern keine Herbizide angewandt werden. Dies kann aus Gründen des Artenschutzes auch niemand wollen. In Kanada wurden bisher keine herbizidtoleranten (gegenüber Glyphosat bzw. Glufosinat) Wildkräuter gefunden.

Im Übrigen können Sie bei uns in Deutschland sehen, dass Raps, der in einigen Jahren auf einer Fläche von über einer Million Hektar angebaut worden ist, gleichwohl nicht in der Natur dominiert. Er kann sich gegenüber den in der Natur vorkommenden Pflanzen nicht durchsetzen. Das zeigt: Kulturpflanzen sind auf die Pflege durch den Landwirt angewiesen.

Probleme haben wir in der Natur mit der ungewollten Verbreitung von züchterisch nicht bearbeiteten Pflanzen. Es gibt zahlreiche Beispiele: Die beifußblättrige Ambrosie hat sich insbesondere in Süddeutschland über Vogelfutter verbreitet. Die Verbreitung ist ein ernstes Problem, weil viele Menschen allergisch auf die Pflanzen reagieren. Aber auch einheimische Pflanzen können Probleme bereiten. Das Jakobskreuzkraut breitet sich in den letzten Jahren auf extensiv bewirtschafteten Flächen aus. Es enthält das für Mensch und Tier giftig wirkende Pyrrolizidin-Alkaloid.

3. Herbizidtolerante Sojabohnen
In Argentinien wird inzwischen auf 98% der Sojaanbaufläche gv-Soja angebaut, in den USA zu 92%, in Brasilien zu 64%. Die wesentlichen Sojaanbauländer haben in der Vergangenheit von Jahr zu Jahr den Anbau von gv-Soja gesteigert. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass in diesen Ländern der Anbau von gv-Soja gesteigert wurde, obwohl er Probleme bereitet.

Landwirte aus den USA haben berichtet, dass der Anbau von gv-Soja einen Kostenvorteil von etwa 40 US $ pro Hektar bietet.

Zu Frage 2:
Auf einer Fläche, auf der gv-Pflanzen angebaut wurden, können anschließend problemlos herkömmlich gezüchtete Pflanzen entsprechend den Regeln der Fruchtfolge angebaut werden. Durchwuchs lässt sich durch entsprechende Bodenbearbeitung verhindern. Wie lange Samen im Boden überdauern, ist kulturartspezifisch.

Es entsteht ein finanzieller Schaden, wenn ein Landwirt seine Ernte als „gentechnisch verändert“ kennzeichnen muss und dies zu einem geringeren Erlös führt, sofern dies auf das Auskreuzen von gv-Pflanzen von einer benachbarten Fläche zurückzuführen ist. Der im vergangenen Jahr erstellte Gentechnik-Bericht der Bundesregierung führt aus, dass dieser Fall bisher in Deutschland noch nicht eingetreten ist.

Mit freundlichen Grüßen
Christel Happach-Kasan