Frage an Cem Özdemir von Michael E. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Özdemir,
von 298 Plenartagen der letzten Legislaturperiode im Europäischen Parlament waren Sie nur zu 66,78% anwesend (199 Tage). Sie nehmen damit den 734. Platz von 777 erfassten Abgeordneten ein, kein Parlamentarier der Grünen war weniger anwesend ( http://www.votewatch.eu/ ) Halten Sie sich mit einer solchen Bilanz als geeigneten Kandidat für den Deutschen Bundestag? Was erklären Sie einem normalen Arbeitnehmer, dem wegen geringerer Fehlzeiten gekündigt wird?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Elser,
da Herr Özdemir gegenwärtig wegen des Bundestagswahlkampfes unterwegs ist, bitte ich um Verständnis, wenn sein Team in der Kreisgeschäftsstelle der Grünen in Stuttgart Ihre Frage beantwortet.
Laut Berechnung des Europäischen Parlamentes selbst betrug Herrn Özdemirs Anwesenheitsquote in den monatlichen Plenarsitzungen angeblich 64%. Es handelt sich dabei vor allem um die Plenarsitzungen in Straßburg, die parlamentarische Arbeit in Brüssel und auch in den Ausschüssen ist hier nicht enthalten. Bei der Interpretation dieser Zahl muss berücksichtigt werden, dass darunter auch Abwesenheiten fallen, die direkt mit der Ausübung seines Mandat zusammenhängen. Wir möchten betonen, dass Herr Özdemir selbstverständlich auch während solcher "Fehlzeiten" seinen Verpflichtungen als gewählter Abgeordneter nachgekommen ist. Um Ihnen ein Beispiel zu nennen: Herr Özdemir war im Rahmen seiner Mitgliedschaft im CIA-Sonderausschuss des Europäischen Parlaments, dessen stellvertretender Vorsitzender er war, beim Europarat in Paris. Am selben Tag fand eine Plenarsitzung statt, an der er folglich nicht teilnehmen konnte, für die er in der Liste des Parlaments aber als abwesend geführt wird. Im Übrigen wird er auch für die Tage als abwesend geführt, an denen er zwar im Parlament war, es aber versäumt hat, sich in die Liste einzutragen. Und schließlich ist die Elternzeit bei Geburt seiner Tochter bei Berechnung dieser Anwesenheitsquote auch nicht berücksichtigt.
Sie können übrigens nicht nur seine Anwesenheitsquote bei Plenarsitzungen, sondern auch seine parlamentarischen Tätigkeiten auf der Profilseite des Europäischen Parlaments nachlesen:
http://www.europarl.europa.eu/members/archive/alphaOrder/view.do?language=DE&id=28235
Herr Özdemir war nicht nur außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion, sondern unter anderem auch Berichterstatter des Europäischen Parlaments für die Zentralasienstratgie der Europäische Union - eine intensive Aufgabe, die sich kaum in Präsenzquoten ausdrücken lässt. Auch hat er im Laufe der zu Ende gegangenen Legislatur die Position des stellvertretenden Vorsitzenden für den Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments zu den CIA-Flügen über Europa inne gehabt. Auch diese - neben seinen regulären Ausschüssen - zusätzliche Tätigkeit findet sich in der von Ihnen genannten Statistik nicht wieder. Auch seine Anträge, schriftlichen Erklärungen und Wortmeldungen im Plenum können Sie bei oben angegebenem Link einsehen.
Bezugnehmend auf die Website votewatch.eu, die Sie in Ihrer Frage anführen: Sie haben dort übrigens auch die Möglichkeit, die anderen Tätigkeiten eines Parlamentariers einzusehen: z.B. Entschließungsanträge, schriftliche Anfragen, eingereichte Berichte oder Meldungen im Plenum. Nehmen wir beispielsweise die Zahl der eingereichten Entschließungsanträge: Hier steht Herr Özdemir laut votewatch an 38. Stelle von 619 erfassten Abgeordneten.
Ich kann Ihnen versichern, dass Herr Özdemir sehr wohl als Kandidat und Abgeordneter im Deutschen Bundestag geeignet. Im Übrigen erlaube ich mir den Hinweis, dass er von seinen jeweiligen Fraktionen nicht zum innenpolitischen (Bundestag) und außenpolitischen Sprecher (Europäisches Parlament) bestimmt worden wäre, wenn er seine Tätigkeit und den Auftrag der Wählerinnen und Wähler nicht ernst nehmen würde.
Mit freundlichen Grüßen
Team Cem Özdemir