Frage an Carsten Träger von Wolfgang A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Träger,
wenn ich richtig informiert bin, hat der Bundestag mit Ihrer Stimme und der gesamten SPD einem Gesetz zugestimmt, das die sog. Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt. Dies scheint ja für die vorhergehende Zeit (also vor der Gesetzgebung) nicht gegeben gewesen zu sein. Meine Frage an Sie: Was hat sich in der Zeit, seit sich so viele Flüchtlinge aus der Türkei auf dem Weg zu uns machten, in den gen. Staaten geändert, dass man sie jetzt plötzlich zu einem sicheren Staat erklären kann. Gibt es seit dem letzten Jahr in den Staaten keine staatliche Verfolgung mehr von Homosexuellen, von Andersgläubigen, von politisch Andersdenkenden (also Oppositionellen)? Das wäre ja ein recht erfreuliches Ergebnis. Dann könnte ich verstehen, dass Sozialdemokraten diesem Gesetz zustimmen können. Im anderen Fall fiele es mir schwer.
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Albrecht
Sehr geehrter Herr Albrecht,
Ich respektiere jede Kollegin und jeden Kollegen, die / der hier aus Gewissensgründen anders entschieden hat, ich war allerdings der Meinung, dass es bei den geringen Anerkennungsquoten der Menschen aus den sogenannten Maghreb-Staaten der Sache am besten gedient ist, schnell Rechtssicherheit für beide Seiten herzustellen. Menschen aus Marokko, Algerien oder Tunesien warten derzeit im Schnitt weit über ein Jahr, bis über ihren Asylantrag entschieden ist - und werden dann meist abgelehnt: Die Anerkennungsquote für tunesische Antragsteller liegt bei gerade einmal 0,2 Prozent, bei algerischen Asylbewerbern bei 1,7 und bei marokkanischen bei 3,7 Prozent. Die Einordnung dieser drei Länder als sichere Herkunftsstaaten ermöglicht es, dass Asylbewerber, die nur eine geringe Chance auf Anerkennung haben, künftig rascher eine Entscheidung erhalten und damit schneller wissen, ob sie in unserem Land eine Perspektive haben. Das Recht auf eine individuelle Prüfung im Asylverfahren wird von dieser Beschleunigung nicht berührt. So kann natürlich immer noch jede antragstellende Person einen individuellen Verfolgungsgrund anführen, wir haben lediglich die juristische Vermutung beendet, dass jeder aus diesen Staaten über einen Asylgrund verfügt.
Nichts desto trotz müssen wir die Lage der sexuellen Minderheiten, der Frauen und der oppositionellen Kräfte in diesen Staaten weiterhin in unserem Fokus behalten und wenn nötig hier auch außenpolitisch tätig werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Carsten Träger